Weniger Bedarf nach Corona-Tests - was wird aus den Testzentren? Von Vanessa Reiber, dpa

Seit Monaten gehören Corona-Teststellen in Ladenlokalen, Zelten oder
mobilen Bauten zum Alltag. Nun sinken die Infektionszahlen und die
Betreiber bekommen für die Test weniger Geld - kommt es zu einer
Schließungswelle?

Stuttgart (dpa/lsw) - Zuerst geht es den Ein- und Ausgangsschildern
an den Kragen, dann tragen die Arbeiter die Absperrgitter aus der
Corona-Teststelle am Stuttgarter Schlossplatz. Seit April wurden in
dem großen weißen Zelt nach Angaben des Betreibers 98 500
Nasenabstriche gemacht. Hunderte Innenstadtbesucher wurden jeden Tag
durchgeschleust, Wattestäbchen wurden so tief in Nasen gebohrt, dass
die Augen tränten. Besonders an Feiertagen und am Wochenende standen
in der Landeshauptstadt viele für den kostenlosen, vom Bund bezahlten
Schnelltest an. Wer ins Restaurant oder in den Biergarten wollte,
brauchte den Negativbescheid. Nun wird abgebaut am Schlossplatz.

Mit den zuletzt sinkenden Infektionszahlen und immer mehr Geimpften
geht die Nachfrage nach den Schnelltests zurück. Das Landratsamt in
Karlsruhe etwa berichtet von einer deutlich rückläufigen Tendenz. Aus
Freiburg heißt es, dass sich täglich ein bis zwei Teststellen melden,
die den Betrieb einstellen wollen.

Eine Rolle dürfte dabei auch die neue Corona-Verordnung des Landes
spielen: Wenn die Zahl der Ansteckungen pro 100 000 Einwohner binnen
einer Woche unter 35 liegt, entfällt der sogenannte 3G-Nachweis für
Genesene, Geimpfte oder Getestete unter anderem in der Gastronomie -
der Kaffee im Café kann also spontan und ohne Test getrunken werden.
Zuletzt lagen alle 44 Land- und Stadtkreise im Südwesten bei der
Sieben-Tage-Inzidenz unter der Schwelle von 35.

Die Stuttgarterinnen und Stuttgarter haben ihren Schlossplatz nun
zurück - das bedeutet nach Angaben der Stadt aber keine Lücke in der
Testinfrastruktur. «Bislang besteht weiterhin eine Überkapazität an
Testmöglichkeiten», hieß es. Kleinere Stellen würden den aktuellen

Bedarf decken. Mitte Juni zählte die Stadt mehr als 320 Teststellen.
Seitdem machten 60 Teststellen in der Landeshauptstadt zu. Damit sind
nun täglich auch rund 39 000 Tests weniger möglich.

Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hält die Schnelltests weiter
für notwendig. «Noch befinden wir uns mitten in der Pandemie. Wir
setzen deshalb darauf, dass der Bund die Bürgertests noch so lange
finanziert, wie wir sie brauchen», sagte Lucha am Donnerstag zur
Deutschen Presse-Agentur. Die Tests seien ein wichtiger Baustein in
der Öffnungsstrategie des Landes.

Nicht nur in Stuttgart machen Testzentren dicht - auch die
Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) meldet dieser
Tage viele Schließungen bei den zentralen Abstrichstellen. So haben
unter anderem die Zentrale Abklärungsstelle COVID-19 Karlsruhe, die
Abstrichstelle Bad Säckingen (Landkreis Waldshut) und der Standort
Offenburg (Ortenaukreis) am Mittwoch zugemacht. Sollten im Herbst die
Infektionszahlen wieder steigen, kann die KVBW nach eigener Angabe
innerhalb kurzer Zeit wieder Zentren hochfahren.

Wie stark die Nachfrage landesweit sinkt, lässt sich nach Angaben des
Sozialministeriums nicht beziffern. Insgesamt seien rund 7700 Stellen
bei der Kassenärztlichen Vereinigung registriert. Wann sie nicht mehr
benötigt werden, sei aktuell nicht absehbar. «Auch bei den aktuell
niedrigen Infektionszahlen werden vor allem mit Blick auf die
Reiserückkehrer im Sommer und die sich ausbreitende Delta-Variante
Testkapazitäten weiter benötigt», sagte ein Ministeriumssprecher.

Das Ministerium rechne mit einer natürlichen Marktregulierung. Grund:
Die Nachfrage nach den Test gehe zurück und die neue Testverordnung
des Bundes bedeute weniger Geld für die Teststellen. Bisher lagen die
Vergütungen für Test und Sachkosten bei bis zu 18 Euro pro Test.
Wegen der gesunkenen Kosten für die Testsets zahlt der Bund nun
weniger: Für Sachkosten sollen ab 1. Juli pauschal 3,50 Euro gezahlt
werden, für die Abnahme der Tests gibt es höchstens 8 Euro.

Für die Betreiber gibt es eine weitere Hürde: Wer bislang
Corona-Tests anbieten wollte, musste das beim Gesundheitsamt melden
und bestimmte Hygieneauflagen einhalten. Wenn das Amt dem Antrag
nicht widersprach, konnten Betreiber Tests anbieten und abrechnen.

Ab dem 20. Juli müssen Teststellen, die keine Arztpraxen, Apotheken,
medizinische Labore oder Hilfsorganisationen sind, die Zulassung neu
beantragen und direkt von den Gesundheitsämtern den Auftrag erhalten.
Wegen der strengeren Zulassungskriterien rechnet das Ministerium
damit, dass nicht alle Teststellen einen solchen Antrag beim
Gesundheitsamt stellen. Auch in Karlsruhe geht man davon aus, dass
viele der kommerziellen Testzentren keinen Antrag stellen werden.

Einen Rückgang der Nachfrage nach Tests bemerkt auch der
Landesapothekerverband. Die geringere Vergütung sowie die Pflicht, ab
dem 1. August das Testzertifikat über die Corona-Warn-App anbieten zu
müssen, seien Hindernisse, wie der Verband mitteilte. Einige
Apotheken würden deswegen bald keine Tests mehr anbieten.

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