Masken-Streit wird zur Belastung für die große Koalition

Auf den letzten Metern bis zur Wahl kocht neuer Corona-Ärger in der
Regierung hoch: Waren Masken, die an soziale Einrichtungen gehen
sollten, unsicher? Harte Vorwürfe der SPD kontert die CDU scharf.

Berlin (dpa) - Der Streit zwischen Union und SPD um angeblich weniger
geprüfte Corona-Schutzmasken wird zusehends zur Belastung für die
schwarz-rote Koalition. CDU-Chef Armin Laschet wies Attacken des
Regierungspartners SPD gegen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am
Montag scharf zurück. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm Spahn
gegen Vorwürfe in Schutz, sein Ressort habe minderwertige Masken
verteilen lassen wollen. Die SPD-Spitze erneuerte dagegen ihre Kritik
und hielt Rücktrittsforderungen gegen den Minister aufrecht. Die
Opposition verlangte von Spahn eine zügige Aufklärung der Vorgänge.
Auf Antrag der Linken soll der Bundestag über das Thema debattieren.

Laschet sagte mit Blick auf Vorwürfe der SPD, dies habe «mit dem, wie
eine Koalition arbeiten sollte, nichts mehr zu tun». Die Tonlage und
die persönlichen Angriffe auf Spahn seien «menschlich und sachlich
nicht akzeptabel». Es sei ihm unerklärlich, «wie man glauben kann,
damit politischen Erfolg zu haben. Das stößt die Menschen ab.» Man
erwarte von einer Regierung gerade in der Pandemie, dass sie Lösungen
schaffe. Dafür brauche es keinen Koalitionsausschuss, das sei eine
Frage der Einsichtsfähigkeit. «Wir werden in diesen Ton nicht
einsteigen», sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident.

SPD-Chefin Saskia Esken sagte, Spahn habe «Medienberichten nach zu
urteilen und der Darstellung aus dem Bundesarbeitsministerium ganz
eindeutig im vergangenen Jahr versucht, Masken, die nicht alle
notwendigen Prüfungen bestanden haben, zu verteilen an Menschen, die
sich gegen diese schlechten Masken nicht wehren können». Wer Menschen
einteile in jene, «die ein Anrecht haben auf korrekte Masken und
welche, die auch mit nicht ganz zu 100 Prozent wirksamen Masken
abgespeist werden, der hat ein Menschenbild, das passt nicht in diese
Regierung.» Wäre es ein SPD-Minister, «wir wüssten was zu tun ist
».

Hintergrund ist ein «Spiegel»-Bericht über den Umgang mit angeblich
minderwertigen, in China bestellten Corona-Masken. Demnach sollten
nach Plänen des Gesundheitsministeriums Masken, die nicht nach hohen
Standards getestet worden seien, an Einrichtungen für Menschen mit
Behinderung oder für Obdachlose gehen. Nach einer Intervention des
Arbeitsministeriums sei davon Abstand genommen worden.

Beide Ressorts gaben am Montag gegensätzliche Darstellungen dazu ab.
Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte, das Gesundheitsressort
habe vorgeschlagen, für den Maskenversand «ein neues Prüfkriterium»

zu entwickeln. «Dem haben wir hart widersprochen.» Dagegen erklärte
ein Sprecher des Gesundheitsministeriums, es sei kein neues Kriterium
entwickelt worden. Die Frage sei gewesen, ob ein bestehendes weiter
angewendet werden sollte. Es seien auch schon 230 Millionen Exemplare
des Typs an die Länder geliefert geworden. Zwischen den Ministerien
habe es Meinungsverschiedenheiten über die Prüfnorm gegeben.

Spahn sagte, die Masken seien nachweislich geprüft worden. Sie hätten
keine EU-Zertifizierung, seien aber beim Infektionsschutz sicher.
Masken seien 2020 auch an Kommunen und Landkreise gegangen - auch
Einrichtungen der Eingliederungs- und der Obdachlosenhilfe sollten
beliefert werden. Aus Sicht seines Ministeriums hätten diese Masken,
«die den Infektionsschutz gewährleisten», dorthin geliefert werden
können. Man habe dann aber FFP2-Masken versandt. «Es war übrigens
eine Idee des Arbeitsministeriums selbst, mit einem Sonderkontingent
an Obdachlose und Eingliederungshilfe Masken zu verteilen.» Spahn
warf der SPD vor, sie nehme in Kauf, Menschen zu verunsichern.

Für die Bundesregierung sagte ihr Sprecher Steffen Seibert, das
Gesundheitsministerium habe sehr klar dargelegt, warum Vorwürfe
unbegründet seien. «Die Darlegung ist schlüssig», sagte er auf die

Frage nach der Einschätzung Merkels. Die Kanzlerin sagte nach
Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen am
Montag in einer Sitzung des CDU-Vorstands, die Vorwürfe seien von
Fakten nicht gedeckt. Die SPD versuche, die Pandemie-Politik in ein
schlechtes Licht zu stellen. «Wir alle unterstützen Jens Spahn.»

Die Linke beantragte eine Aktuelle Stunde im Bundestag, die wohl an
diesem Mittwoch stattfinden könnte. «Statt in der Krise Sicherheit zu
geben, veranstaltet die Koalition ein unwürdiges Theater und schiebt
die Verantwortung hin und her», sagte Fraktionsgeschäftsführer Jan
Korte am Montag der dpa. «Es stehen mehrere Vorwürfe im Raum, von der
Abwertung benachteiligter Bevölkerungsgruppen bis hin zur Verbrennung
von Milliarden Euro Steuergeldern.»

FDP-Generalsekretär Volker Wissing forderte umfassende Aufklärung.
Sollte sich herausstellen, dass Masken verteilt werden sollten, die
qualitativ ungeeignet sind, hätte dies selbstverständlich «massive
Konsequenzen» für den Gesundheitsminister. Er forderte die Regierung
dazu auf, den internen Streit beizulegen und die notwendigen Fakten
dazu öffentlich zu machen. Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink
schickte einen Fragenkatalog an Spahn und forderte eine zügige und
volle Aufklärung auch durch den Minister persönlich.