Mutmaßlicher Test-Betrug: Keine Ermittlungen gegen weitere Firmen

Wird der mutmaßliche Abrechnungsbetrug mit Corona-Bürgertests durch
die Bochumer Firma MediCan ein «größeres Verfahren»? Die Ermittler

halten sich weiterhin ziemlich bedeckt. Zwei Manager sind in Haft.
Gegen andere Firmen wird bislang nicht ermittelt.

Bochum (dpa/lnw) - Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Fall
des mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs bei Corona-Schnelltests
beschränken sich bislang auf ein einziges in Bochum ansässiges
Unternehmen. «Bei der Staatsanwaltschaft Bochum gibt es derzeit keine
Ermittlungen gegen weitere Firmen», sagte Staatsanwalt Timo Dörffer
am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Ihm sei nicht
bekannt, ob es ähnliche Verfahren bei anderen Staatsanwaltschaften
gebe. Nach dpa-Informationen handelt es sich um das Unternehmen
MediCan GmbH mit Sitz in Bochum-Wattenscheid. Die Firma war am Montag
für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen telefonisch und per E-Mail
erneut nicht zu erreichen.

Die Abteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft
Bochum ermittelt seit Ende Mai wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen
Betruges gegen zwei Verantwortliche der Firma. Sie befinden sich seit
Freitag in Untersuchungshaft. Ende Mai waren Geschäftsräume und
Privatwohnungen im Ruhrgebiet durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt
worden. Anlass der Ermittlungen waren Recherchen von WDR, NDR und
«Süddeutscher Zeitung» (SZ). Der Rechercheverbund hatte am 27. Mai
erstmals berichtet, dass Reporter an MediCan-Testzentren wesentlich
weniger Kunden gezählt hatten, als abgerechnet worden seien.

«Es könnte ein größeres Verfahren werden», sagte der Staatsanwalt

weiter. Die Ermittlungen dauerten an und würden «unter Hochdruck»
laufen. Nähere Einzelheiten etwa zur mutmaßlichen Schadenshöhe oder
zur Identität der beiden Inhaftierten machte die Behörde weiterhin
nicht.

Auch den beiden Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in
Nordrhein-Westfalen wurden bislang keine neuen Fälle bekannt. «Uns
sind bislang keine weiteren Unregelmäßigkeiten größeren Ausmaßes
bei
Teststellenbetreibern bekannt geworden», sagte die Sprecherin der KV
Westfalen-Lippe, Heike Achtermann, der dpa. Bochum liegt im
Zuständigkeitsbereich der KVWL. Auch der KV Nordrhein ist nach
Angaben eines Sprechers «kein Fall nachweislichen Abrechnungsbetrugs
durch einen Teststellenbetreiber bekannt».

Unterdessen hat die Stadt Bochum der Firma ab Dienstag die
Abrechnungsgenehmigung für die letzte in Bochum verbliebene
Teststelle entzogen. Wie die Stadt mitteilte, hatten sich zuvor
«Fragen in Bezug auf den ordnungsgemäßen Betrieb» ergeben. Eine
mehrtägige Frist zur Stellungnahme habe der Betreiber verstreichen
lassen, ohne sich zu äußern. Die Stadt entzog dem Betreiber daher mit
Ablauf des Montags die sogenannte Teststellennummer für den Betrieb.
«Ohne diese Nummer ist eine Abrechnung der Testungen mit der
Kassenärztlichen Vereinigung nicht mehr möglich», hieß es.

Das Unternehmen warb am Montagnachmittag auf seiner Internetseite nur
noch für sein Testzentrum am Unternehmenssitz in Bochum. Die Buchung
eines Testtermins war online nicht möglich. Zwei weiteren Teststellen
in Bochum hatte die Stadt bereits zu einem früheren Zeitpunkt die
Abrechnungsgenehmigung entzogen. Nach früheren Angaben der SZ hatte
das Unternehmen zeitweise 54 Testzentren in 36 Städten Deutschlands
betrieben.

Bei der Betreiberfirma sind die gemeldeten Zahlen an Tests seit der
Enthüllung der mutmaßlichen Praktiken «deutlich eingebrochen», wie
es
in einem Bericht des Gesundheitsministeriums an den Landtag heißt.
«Dies deutet durchaus auf ein tatsächlich illegales Vorgehen hin», so

das Ministerium. Die Landesregierung beruft sich auf Zahlen der
Kommunen, «die gerade die in den Medien erwähnten
Teststellenbetreiber direkt genauer untersucht haben». Ein ähnliches
Absinken der Testzahlen habe es bei den landesweiten Testzahlen nicht
gegeben - «so dass derzeit nicht davon auszugehen ist, dass eine
große Anzahl von Teststellen bei den Zahlen vor der
Medienberichterstattung in großem Umfang manipuliert hat (und dann
durch die Medienberichterstattung «kalte Füße bekommen» hatte)».