Hoffen auf «normalen» Sommer - Wie läuft der Tourismus-Neustart?
Der Tourismus kommt nur langsam wieder in Gang. Eine IHK-Umfrage
unter knapp 800 Betrieben im Land zeichnet ein düsteres Bild von der
Lage. Die Tourismus-Kommunen und der Wirtschaftsminister setzen für
einen Neustart nicht nur auf kurzfristige Maßnahmen.
Hannover (dpa/lni) - Nach monatelanger Schließung des Gastgewerbes
soll Niedersachsens Tourismus nach dem Willen von Kommunen und dem
Land gestärkt aus der Corona-Pandemie hervorgehen. Städte und
Gemeinden berieten mit Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) bei
einem virtuellen Tourismusdialog am Donnerstag über einen Fahrplan,
wie ein nachhaltiger Neustart für die Branche aussehen könnte.
Auf der einen Seite plädierten Land und Kommunen dafür, mittelfristig
Potenziale bei Nachhaltigkeit und Digitalisierung bei der Vermarktung
der niedersächsischen Tourismus-Regionen stärker zu nutzen. Auf der
anderen Seite drängten touristisch geprägte Kommunen auch auf mehr
Planbarkeit bei kurzfristigen Maßnahmen und auf finanzielle Hilfen.
Vor allem die Wiederbelegungssperre und die Testpflicht bereite der
Hotellerie und Gastronomie Sorge, sagte der Präsident des
Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips. Der
Verband hatte zu der virtuellen Veranstaltung eingeladen. «Wir
merken, dass die Testpflicht den Leuten nicht gefällt», sagte Trips.
«Ob es notwendig ist, alle zwei Tage einen Test zu machen, da sind
wir glaube ich bald darüber hinweg», sagte der NSTG-Präsident mit
Blick auf sinkende Inzidenzen im Land.
Minister Althusmann betonte, die Testungen schafften auch ein Stück
Sicherheit und könnten dazu beitragen, die Inzidenz im Sommer unter
zehn zu drücken - dann sei es möglich, einen weitgehend «normalen»
Sommer zu erleben. «Ich halte es nach wie vor für sinnvoll, dass wir
das Testen nicht aus dem Blick verlieren», sagte Althusmann.
Vertreter von Kommunen nahmen den Tourismusdialog zum Anlass, die
Lage der Tourismusbetriebe bei sich vor Ort zu schildern. «Der
Inlandstourismus boomt, aber unsere Touristiker stehen vor dem
Zusammenbrechen, weil sie die Leute gar nicht aufnehmen dürfen»,
sagte die Samtgemeindebürgermeisterin von Amelinghausen, Claudia
Kalisch (Grüne). Die Branche brauche Hilfe, bevor sie zusammenbreche.
Spiekeroogs Bürgermeister Matthias Piszczan (CDU) sagte: «Ich hoffe
mal, dass wir mit einem kleinen blauen Auge durchkommen. Aber ich
denke, dass viele in den nächsten Monaten das Segel streichen müssen,
weil uns schlicht und ergreifend die finanziellen Mittel ausgehen.»
Auch eine Branchenumfrage der niedersächsischen Industrie- und
Handelskammer (IHK) zeichnete am Donnerstag ein düsteres Bild vom
Tourismus im Land. In der Saisonumfrage berichteten viele der
teilnehmenden Betriebe von extrem schwachen Monaten und äußerten ihre
Sorgen auch beim Blick nach vorn. Weit über 90 Prozent nannten eine
schlechte Geschäftslage, die künftige Entwicklung schätzten - je nach
Teilbranche - um die 60 Prozent als ungünstiger ein. 38 Prozent
erwarten einen Job-Rückgang, wie aus der Umfrage zwischen Anfang
April und Anfang Mai unter knapp 800 Betrieben im Land hervorging.
Die IHK Niedersachsen mahnte daher, mit der nächsten
Corona-Verordnung möglichst einen belastbaren Öffnungsplan mit
konkreten Zieldaten vorzulegen - vorausgesetzt die Pandemie-Situation
entspannt sich weiter. «Wir brauchen eine mit Terminen unterlegte
Ausstiegsstrategie aus dem Lockdown und weitere Schritte», sagte Arno
Ulrichs von der IHK Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur. Das
sei wichtig, um etwa die Innengastronomie vorbereiten und den Bedarf
an knappen Saisonarbeitskräften abschätzen zu können.
Wirtschaftsminister Althusmann sagte, Tourismus und Gastronomie seien
«am stärksten» von den staatlichen Pandemie-Maßnahmen getroffen
worden. Er warb aber auch um Verständnis, dass das Land eine Abwägung
zwischen Gesundheits- und Wirtschaftsschutz treffen müsse. Insgesamt
sei Niedersachsen «vernünftig» durch die Krise gekommen. Geholfen
hätten der Branche 120 Millionen Euro aus Bundes- und Landeshilfen.
Althusmann plädierte dafür, künftig nicht nur auf die
Übernachtungszahlen zu schauen, die «atemberaubend» eingebrochen
seien. «Das entscheidende Element wird aber sein, ob wir den
qualitativen, nachhaltigen Tourismus in den nächsten Jahren gezielt
unterstützen.»
Um den Tourismus in Niedersachsen künftig grundsätzlich zu stärken,
schlug NSTG-Präsident Trips vor, unabhängig von der Corona-Pandemie
eine Gesamtstrategie für den Tourismus zu entwickeln. Nachhaltigkeit
und Digitalisierung seien als «Megatrends» nach der Corona-Pandemie
schon jetzt identifizierbar. Das Land könne etwa bei der Vermarktung
helfen, sagte Trips. «Die Pandemie zeigt, dass wir jetzt die Chance
nutzen können, zusammen mit nachhaltigem Tourismus die Menschen im
Inland zu binden, in unseren Tourismuszielen attraktive Angebote zu
machen - und ich glaube, wir müssen das auch nach vorne stellen.»
Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes hängen 300 000
Arbeitsplätze in Niedersachsen am Tourismus - mit 12 Milliarden Euro
trug er zuletzt zur Wertschöpfung des Landes bei.
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