Schicksalswochen für Tui: Bringt der Sommer die nötige Erholung? Von Jan Petermann, dpa, und Steffen Weyer, dpa-AFX
Für die Touristik geht es dieses Jahr um alles. Der Stillstand aus
der so gut wie ausgefallenen ersten Corona-Saison 2020 soll sich auf
keinen Fall wiederholen. Tui spürte bis Ende März noch die Last der
Krise - nun kommen die entscheidenden Wochen, auch für die Kunden.
Hannover (dpa) - Tui vertraut nach einem harten Corona-Winter auf
eine möglichst rasche Erholung des Tourismus in der Sommersaison. Die
Buchungen der Kunden hätten zuletzt weiter angezogen, hieß es am
Mittwoch bei der Vorlage der Geschäftszahlen. Allerdings sei das
Preisniveau im Schnitt ebenfalls spürbar gestiegen.
Während der ersten beiden Geschäftsquartale 2020/2021 (Oktober bis
März) häufte der weltgrößte Reiseanbieter einen für die Jahreszei
t
typischen Verlust an - dieser war jedoch mit knapp 1,48 Milliarden
Euro mehr als 70 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Die
vergangenen Monate seien noch «wie erwartet durch
Covid-19-Beschränkungen geprägt» gewesen. Angesichts der Impfungen
und schrittweisen Öffnung in mehreren Urlaubsländern gab sich
Vorstandschef Fritz Joussen aber zuversichtlich: «Wir stehen am
Anfang des erwarteten Neustarts.»
Bisher hat Tui für den Sommer 2,6 Millionen Buchungen gezählt. Oft
handele es sich dabei um die Übertragung von Gutscheinen aus 2020.
«Wir sind ein Jahr in der Krise. Es ist wichtig, dass es jetzt wieder
richtig losgeht», so Joussen. Er begründet die verbesserten
Perspektiven auch mit der Einschätzung der Bundesregierung, dass
Sommerurlaub in Europa 2021 möglich werden könne.
Die Durchschnittspreise der bisher gebuchten Reisen liegen den
Angaben zufolge um mehr als ein Fünftel höher als im Sommer 2019.
Dies liege aber nicht an Preiserhöhungen für bestehende Angebote,
sondern vor allem daran, dass sich die Nachfrage in Richtung
höherwertiger Buchungen sowie mehr Pauschalreise-Pakete entwickelt
habe. «Die Leute gönnen sich mehr», sagte Joussen. Die Sparquoten
hatten 2020 in vielen Ländern zugelegt, während sich die Menschen im
Konsum wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit durch die Pandemie
zurückhielten.
Hoffnung macht Tui besonders der medizinische Fortschritt im Kampf
gegen die Pandemie. «Die Impfgeschwindigkeit nimmt stark zu», so der
Tui-Chef. «Mehr als 60 Prozent unserer Kapazitäten für den Sommer
sind in Ländern mit schon jetzt deutlich geringeren Inzidenzzahlen.
Sollte auch die Türkei aufgehen, wären wir bei 80 Prozent.» Die
Kanarischen Inseln - noch Risikogebiet - hätten ebenfalls Potenzial.
Tui lässt seine Ferienangebote derzeit wieder vorsichtig anlaufen.
Anfang Mai weitete der Konzern die Ziele nach dem Mallorca-Neustart
Ende März unter anderem auf Ibiza und die portugiesische Algarve aus.
In Kürze sollen griechische Inseln wie Kreta, Rhodos, Kos oder Korfu
angeflogen und auch das Kreuzfahrt-Geschäft wieder breiter
aufgenommen werden. Der Wettbewerber FTI äußerte sich zuletzt ebenso
optimistisch, «dass sicherer Sommerurlaub 2021 möglich ist».
Am Finanzmarkt zündeten die Aussagen zur aktuellen Lage und zu den
weiteren Aussichten dennoch nicht so recht. Die Tui-Aktie gab am
Mittwochvormittag im Handel zunächst um etwa drei Prozent nach.
Im vergangenen Jahr hatten Tourismus, Luftverkehr und Gastgewerbe mit
drastischen Einbußen wegen der mehrfachen Lockdowns und eines über
weite Strecken abgewürgten Geschäfts zu kämpfen. Bei Tui sackte der
Umsatz über die zurückliegenden sechs Monate im Vergleich zum Winter
2019/2020 um fast 90 Prozent auf 716 Millionen Euro ab. Der mit
Milliarden an Staatshilfen gestützte Konzern aus Hannover ist darauf
angewiesen, dass es in diesem Sommer deutlich besser läuft.
Die Unterstützung aus Steuermitteln bleibt - wie bei Lufthansa -
umstritten, und die Schulden sind weiter hoch. Im Januar zog Tui
zusätzlich eine Kapitalerhöhung durch. Joussen zufolge verlor das
Unternehmen im ersten Jahresviertel gut 300 Millionen Euro pro Monat.
Die verfügbaren Mittel von 1,7 Milliarden Euro seien aber «ein gutes
Polster» - wenn man dies in Bezug zu den inzwischen stark sinkenden
Fixkosten durch den Spar- und Umbaukurs sowie zu den Sommerbuchungen
setze. «In dem Moment, wo das Geschäft startet, werden wir sehr viel
Liquidität in unseren Systemen sehen», erklärte der Tui-Chef.
An langfristigen Verbindlichkeiten standen im Konzern Ende März rund
7,6 Milliarden Euro in der Bilanz, bei den kurzfristigen knapp 4,8
Milliarden. Die «reale Schuldenbelastung» taxierte Joussen auch mit
Blick auf de Staatshilfen - und bei Gegenrechnung von verfügbaren
Mitteln und neu ausgegebenen Emissionen - auf gut 2,8 Milliarden
Euro. Man gehe davon aus, die ersten Fälligkeitstermine im Juli 2022
halten zu können. «Man sieht schon ganz gut: Das kommt zurück.»
Grundsätzlich ändert sich am Geschäftspotenzial der Touristik durch
Corona nichts, so Joussen: «Die Krise hat den Pausenknopf gedrückt.
Aber alle Megatrends werden nach der Krise genauso wieder da sein.»
Die Menschen würden älter, blieben länger gesund. Nun geht es für d
ie
Branche aber erst einmal darum, selbst das Jahr 2021 zu überstehen.
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