Laschet kündigt Impfaktionen für soziale Brennpunkte an

Viele Corona-Infektionen erfolgen in den sozialen Brennpunkten. Das
zeigt die Entwicklung in der Millionenstadt Köln. Die Landesregierung
will darauf mit Schwerpunktaktionen reagieren. Allerdings ist der
Impfstoff noch begrenzt und die Priorisierungen gelten weiter.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin
Laschet (CDU) hat angesichts hoher Corona-Infektionen in einigen
Kölner Stadtteilen Schwerpunktaktionen für sozialen Brennpunkte
angekündigt. «Mich hat besonders das Beispiel aus Köln beeindruckt.
Köln-Chorweiler Inzidenz 500, Köln-Hahnwald Inzidenz 0», sagte
Laschet am Mittwoch im Landtag in Düsseldorf. «Da wo Menschen in
beengteren Wohnverhältnissen leben, ist die Gefahr sich anzustecken
größer als bei jemanden, der in einem großzügig angelegten
Einfamilienhaus wohnt.»

Daraus entstehe eine soziale Frage. «Und deshalb müssen wir jetzt
hier auch einen besonderen Schwerpunkt setzen, dass geimpft werden
muss dort, wo Menschen enger zusammenleben als anderswo», betonte
Laschet. Das sei nicht so einfach umzusetzen, hierzu werde zum
Beispiel die Kompetenz der Impfzentren benötigt. Laschet sprach von
Informationskampagnen, mobilen Teams sowie Erst- und Zweitimpfungen,
die zu mehr Gerechtigkeit in den nächsten Monaten beitragen sollen.

Es gelte dabei auch den Menschen, die vielleicht aus einer anderen
kulturellen Erfahrung Skepsis beim Impfen hätten, die Chancen einer
Impfung zu erklären. «Wenn die ganze Gesellschaft zusammenhalten soll
in dieser Frage, darf es nicht von der Postleitzahl abhängen, wo die
Inzidenzen hoch sind», unterstrich Laschet mit Blick auf die sehr
unterschiedlichen Corona-Infektionsraten in den Kölner Stadtteilen.

Die Millionenstadt Köln will nach eigenen Angaben in Stadtteilen mit
hoher Inzidenz bevorzugt impfen. Dazu bedürfe es allerdings einer
besonderen Genehmigung der Landesregierung, sagte eine Sprecherin der
Stadt am Mittwoch. Denn zurzeit gebe die Impfreihenfolge ein solches
Vorgehen noch nicht her. Außerdem müsse ausreichend Impfstoff zur
Verfügung stehen. In Köln gibt es - wie in anderen Großstädten auch
-
massive Unterschiede: In Vierteln mit ärmerer Bevölkerung infizieren
sich viel mehr Menschen als in Vierteln mit reichen Einwohnern.

Der Krisenstab der Stadt Köln will sich am Freitag mit dem Thema
befassen. Falls der Plan umgesetzt werden darf, muss noch geklärt
werden, ob die Impfungen durch mobile Teams oder in Arztpraxen
erfolgen. Nach Darstellung von Sozialarbeitern ist vor allem auch
eine verstärkte Aufklärung wichtig. Viele Bewohner seien teils
aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nur unzureichend über die
Impf-Notwendigkeit und zur Verfügung stehenden Angebote informiert.

Nach Auskunft des NRW-Gesundheitsministeriums liefen bereits
Gespräche mit der Stadt Köln zu dem Anliegen. Ergebnisse lägen aber
bisher noch nicht vor. In einer Stellungnahme wird auf zunehmende
Impfstoffmengen in den kommenden Wochen und Monaten verwiesen. «Im
Moment sehen wir uns jedoch bei der Impfung der Bevölkerung aufgrund
des begrenzten Impfstoffs noch Einschränkungen gegenüber», heißt es

mit Verweis auf die Priorisierungen bei den Impfungen, die besonders
zu schützende Gruppen und Berufsgruppen mit hohen Risiken umfassen.

Mehrere Ruhrgebietsstädte setzen vorerst zunächst auf verstärkte
Aufklärungsarbeit in stärker betroffenen Stadtteilen statt auf ein
priorisiertes Impfangebot: So gebe es Rückmeldungen aus der syrischen
oder arabischen Community, dass es dort Zurückhaltung beim Thema
Impfen gebe, sagte eine Stadtsprecherin aus Essen auf Anfrage. So
seien dort wie auch in anderen Bevölkerungsgruppen Impfmythen im
Umlauf, etwa die Angst vor einer angeblichen Unfruchtbarkeit. «Hier
bedarf es einer Aufklärungsarbeit, diese wollen wir leisten.» Dabei
werde man durch Ärzte aber auch durch Multiplikatoren wie
Migrantenvereine unterstützt. Wenn wie angekündigt im Juni mehr
Impfstoff zur Verfügung stehe und die Priorisierung aufgehoben werden
könne, gehe es darum, die «Communities zu motivieren, ein Impfangebot
anzunehmen».

Auf gezielte Informationskampagnen in sozial benachteiligen
Stadtvierteln will auch die Stadt Gelsenkirchen in einem ersten
Schritt setzen: «Wir wissen schon seit lange vor der Pandemie, dass
Menschen in Armut sich nicht so um ihre eigene Gesundheit kümmern wie
Menschen aus der gut vernetzten und gebildeten Mittelschicht. Da
müssen wir ansetzen - auch mit einem mehrsprachigen Angebot, das wir
zu den Menschen tragen», sagte ein Sprecher. Die Stadt Duisburg hat
nach Auskunft einer Sprecherin ebenfalls ihre Aufklärungsarbeit in
Hochinzidenz-Stadtteilen verstärkt. So wiesen beispielsweise
inzwischen täglich Fahrzeuge des Ordnungsdienstes per
Lautsprecherdurchsage in Quartieren mit vielen Neuinfektionen in
mehreren Sprachen darauf hin, wie jeder mithelfen könne, eine weitere
Verbreitung des Virus zu vermeiden. Die Resonanz sei bisher gut.

Laut NRW-Gesundheitsministerium zeigt sich grundsätzlich in mehreren
Städten eine Verbindung zwischen Sozialräumen und Inzidenzzahlen. Der
Zusammenhang von sozioökonomischem Status und Gesundheit sei seit
langem bekannt. Menschen mit niedrigem beziehungsweise geringerem
sozioökonomischen Status litten in der Regel häufiger unter
Vorerkrankungen, die mit einem besonderen Risiko für einen schweren
Verlauf einer Infektion verbunden seien. Gleichzeitig seien die
Lebensbedingungen der Menschen ein wesentlicher Faktor.

«Der Einfluss des Faktors «Migrationshintergrund» kann jedenfalls
nicht verallgemeinert werden: Wesentlich ist der sozioökonomische
Status», heißt es in der Stellungnahme. Klar sei aber auch, dass
Menschen, die nicht gut deutsch verstünden, nicht uneingeschränkt von
den zahlreichen Informationsmaßnahmen profitierten. Deshalb gebe es
vielfach auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene mehrsprachige
Informationsmaterialien und Informationsmaßnahmen. Es seien aber noch
mehr Anstrengungen erforderlich, um die Menschen zu erreichen.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite