Lieber zu als mit Testpflicht offen: «Es rechnet sich einfach nicht» Von Christof Rührmair, dpa

In Bayern dürfen seit vergangener Woche Geschäfte auch bei einer
Inzidenz über 100 Kunden empfangen, die einen negativen Corona-Test
vorlegen. Doch was eine Lockerung sein sollte, bereitet vielen
Händlern Probleme.

Weilheim/München/Zirndorf (dpa/lby) - In den allermeisten bayerischen
Landkreisen dürfen weite Teile des Einzelhandels inzwischen nur noch
für Kunden mit Termin und negativem Corona-Test öffnen. Die erst vor
kurzem eingeführte Regel gilt bei einer Inzidenz zwischen 100 und 200
und ist eigentlich als Lockerung gedacht. Doch sie macht bei weitem
nicht alle Händler glücklich: So zu öffnen koste oft mehr als es
bringe, klagen sie. Einige Unternehmen ziehen inzwischen die
Konsequenz und verzichten auf die Öffnung.

Die Kaufhäuser der Rid-Gruppe von Florian Lipp in Weilheim, Penzberg
und Bad Tölz gehören dazu. «Unser Unternehmen gibt es jetzt seit mehr

als 180 Jahren, aber das ist etwas Neues, dass man einen Laden, den
man öffnen könnte, nicht aufmacht», sagt Lipp. Er tue das mit große
m
Bedauern, doch irgendwann sei die Grenze überschritten.

Die Corona-Maßnahmen seien belastend, doch er habe alles mitgemacht,
betont Lipp. Auch die Kunden seien im wesentlichen mitgegangen. «Aber
jetzt brauchen sie auch noch einen Test - und das gehen die Kunden
nicht mehr mit.» Lipp kann das durchaus verstehen: «So ein Test ist
unangenehm», zudem dauere er und man brauche einen Termin. Das sei
eine zu große Hürde vor dem Einkauf.

Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern, erwartet,
dass Lipps Beispiel Schule machen wird. «Ich glaube, dass bald immer
mehr Händler, die mit Termin und Test eigentlich öffnen könnten,
schließen.» Denn das, was sich so an Umsatz erzielen lasse, «deckt
nicht im Mindesten die Kosten dafür, die Läden zu öffnen.»

Auch Magnus Versen, der Geschäftsführer des Kaufhauses am Ostbahnhof

in München, hat sich gegen eine Öffnung mit Termin und Test
entschieden. «Es rechnet sich einfach nicht», sagt er. Insbesondere
für Sortimentsbereiche, die es auch in großen Supermärkten oder in
Drogerien gebe, sei es problematisch. Niemand lasse sich für einen
Besuch im Kaufhaus testen, wenn er die gleichen Produkte ein Stück
weiter einfach so kaufen könne.

Stattdessen hat sich Versen - wie auch Lipp - dafür entschieden,
Click & Collect anzubieten, also die Abholung bestellter Ware. Damit
lasse sich zwar etwas weniger Umsatz machen, als mit Öffnungen mit
Tests - allerdings mit sehr viel geringerem Aufwand.

Eberhard Wigner, Eigentümer eines Erlebnis-Kaufhauses in Zirndorf bei
Nürnberg, hat sein Geschäft am Wochenende wieder mit Tests und
Terminen geöffnet. Die Tage davor hatte er auf diese Möglichkeit
verzichtet, doch am Wochenende hofft er auf Umsätze aus dem
Gastronomieteil. Wie es danach weitergeht, will er erst nach
den Erfahrungen des Wochenendes entscheiden, große Hoffnung hat er
aber nicht.

Die Menschen seien vom Test verunsichert, sagt Wigner. «Es ist
beschämend, wenn ich das vom Kunden verlangen muss - und ihm dann
noch zuschauen muss, wie er sich in der Nase bohrt», sagt er. Und
selbst wenn der Kunde einen Test mache und komme, erwarte er dann
umso mehr eine vernünftige Beratung - und die sei unter den aktuellen
Umständen nicht zu leisten.

Alle drei Unternehmer nehmen das Corona-Virus ernst, sehen den Handel
mit den aktuellen Regeln aber zu hart eingeschränkt. Sie würden sich

wünschen, auf die Testpflicht verzichten und mit Masken und strengen
Hygienemaßnahmen öffnen zu können.

Die vom Bund geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes würde das
Thema allerdings in die andere Richtung ändern: Ab einer Inzidenz von
100 sollen die Läden dann schließen. Doch Ohlmann zufolge sagen viele
bayerische Händler mit Blick darauf inzwischen: «Dann brauchen wir
gottlob nicht mehr unter diesen Umständen zu öffnen. Dann hat sich
das Thema erledigt.»