Lehrer wehren sich gegen Schüleraufsicht bei Selbsttests Von Birgit Reichert, dpa

Quer aus Rheinland-Pfalz sind Einwendungen von Lehrern gegen die
Beaufsichtigung von Corona-Selbsttests der Schüler bei Schulaufsicht
und Ministerium eingegangen. Lehrer fürchten um ihre Gesundheit.

Trier/Mainz (dpa/lrs) - Dass sich Schüler regelmäßig vor dem
Unterricht auf Corona selbst testen, findet Schulleiter Armin Huber
gut und richtig. Dass sie das unter Anleitung und Aufsicht von
Lehrern tun sollen, aber gar nicht. Daher hat er im Namen seiner
Schule, dem Max-Planck-Gymnasium (MPG) Trier, eine sogenannte
Remonstration - also eine Art beamtenrechtliche Einwendung gegen eine
Weisung des Vorgesetzten - bei der Schulaufsicht eingelegt.

Warum? «Der Gesundheitsschutz der Lehrer ist meines Erachtens nach
bei dieser Form der Selbsttestung nicht garantiert», sagt Huber. «Wir
haben kaum Lehrer, die geimpft sind, wir haben keine
Schutzausrüstung, und wir sollen im Fall eines positiven Tests den
Schüler pädagogisch betreuen.» Verständlich, dass da Lehrer Angst
hätten und nicht bereit dazu seien. Daher bieten derzeit am MPG
geschulte Mitarbeiter der Hilfsorganisation Johanniter-Unfall-Hilfe
Schnelltests an.

Seit den Osterferien können sich auch Schüler in Rheinland-Pfalz zwei
Mal pro Woche kostenfrei mit Schnelltests selbst auf das Coronavirus
testen. Das Land hat die Schulen bereits mit rund sechs Millionen
Testkits beliefert, wie das Bildungsministerium in Mainz mitteilte.
Tausende Testungen sind bereits gelaufen - das Einverständnis der
Eltern für die Tests sei groß. Und: Über alle Schularten hinweg gebe

es «auch sehr viel Zustimmung von Lehrkräften, die die Möglichkeit
der Selbsttests sehr begrüßen».

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als landesweite
Schulaufsicht räumt ein: «Es ist richtig, dass vereinzelt Schulen die
Beaufsichtigung von Selbsttest der Schüler nicht als ihre Aufgabe
wahrnehmen.» Auch anderswo als in Trier hätten vereinzelt Lehrkräfte

dagegen Einwände erhoben. Aus allen drei Aufsichtsbezirken der ADD in
Rheinland-Pfalz lägen Remonstrationen vor. «Die überwiegende Anzahl
der Remonstrationen kommt aus dem Bereich der weiterführenden
Schulen», teilt eine Sprecherin in Trier mit.

Nach Ansicht der Schulbehörde ist für Tests die Hilfe externer
Partner «grundsätzlich nicht erforderlich». «Lehrkräfte haben die

Schülerinnen und Schüler lediglich anzuleiten und sie bei der
Durchführung der Selbsttests zu beaufsichtigen. Lehrkräfte führen
also keine Testungen bei Schülerinnen und Schülern durch», hieß es.

Aufsicht und pädagogische Begleitung stellten «eine schulbezogene
Aufgabe dar», die im Rahmen des Dienstverhältnisses von einer
Lehrkraft geleistet werden könnten.

Fakt ist aber, dass viele Schulen Hilfe von externen Partnern suchen.
«Wir haben so viele Anfragen. Wir können dem Andrang kaum mehr
gerecht werden», sagt die Sprecherin des Johanniter Regionalverband
Trier-Mosel, Regina Lüders. Mitarbeiter der Johanniter seien im Raum
Trier bereits in gut einem halben Dutzend Schulen bei Schnelltests
mit im Boot. Hinzu kämen auch Anfragen von Firmen. «Das überschreitet

das, was wir leisten können.» Sie bedauere, dass viele kleine
Grundschulen, die anfragten, nicht bedient werden könnten.

Nach Angaben des Landesverbandes Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar der
Johanniter-Unfall-Hilfe gehen bei allen Regionalverbänden derzeit
Anfragen zur Unterstützung bei Tests in Schulen ein. Sprecherin
Saskia Schimpf sagte, die Corona-Antigen-Schnelltests, die sie
anböten, seien keine Selbsttests und als Unterstützung im Rahmen der
Teststrategie des Bundes zu sehen.

Die Tests am Trierer Gymnasium MPG liefen gut, sagt Huber. Zwei Mal
die Woche seien die Johanniter als mobiles Testteam nun vor Ort, um
zu testen. Sie trügen Schutzkleidung, die Schüler würden nacheinander

in einen Raum gerufen. Jene Tests im Rahmen des «Testens für alle»
von Externen werden nach Angaben des Ministeriums vom Bund bezahlt.
Die Selbsttests in den Schulen würden durch das Land finanziert - mit
rund 40 Millionen Euro, hieß es.

Nach Einschätzung Schulleiter Huber ist auch denkbar, dass sich
Schüler nach Einweisung in der Schule zu Hause testen. Die Testkits
könnten Ende der Woche verteilt werden. Aber: Laut Dienstherrn dürfe
die Schule die Tests nicht an Schüler geben.

Laut der ADD sollen Selbsttests nicht zu Hause gemacht werden: «In
einem überwachten Setting in der Schule können die Tests sicher und
richtig durchgeführt werden.» Zudem sei gewährleistet, «dass im Fal
le
einer positiven Testung unmittelbar entsprechende Maßnahmen
eingeleitet werden». Und: Testkits seien in größeren Chargen gekommen

und könnten nicht einzeln verpackt verteilt werden.

Ob das Ministerium Verständnis für die Sorgen der Lehrer hat? «Es ist

vollkommen verständlich, dass neue Aufgaben auch erst einmal Fragen
und Ängste aufwerfen. Und das nehmen wir selbstverständlich ernst»,
teilt eine Sprecherin mit. «Wir sehen allerdings auch, dass viele
Schulen schon sehr souverän und gut mit den Selbsttests umgehen. Wie
das Tragen der Maske sind die Selbsttests eine wirkungsvolle
Maßnahme, um den Schulbetrieb noch sicherer zu gestalten.»