Kassenärztliche Vereinigung: Impfkampagne in Praxen läuft gut an

Die Hausärzte wollen die Corona-Impfungen jetzt entscheidend
voranbringen. Ihre Interessenvertretung sieht einen gut Start der
Kampagne, drückt aufs Tempo und setzt ehrgeizige Ziele.

Berlin (dpa/bb) - Die Corona-Impfkampagne in den Berliner Arztpraxen
ist nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gut
angelaufen. Bis Mittwochabend seien dort bereits mehr als 9000
Patienten geimpft worden, sagte der Vorstandsvorsitzende der KV
Berlin, Burkhard Ruppert, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

«Das ist auf jeden Fall ein guter Anfang», meinte er und verwies
gleichzeitig darauf, dass das Bild noch unvollständig sei. Nach und
nach starteten nach dem Auftakt am Dienstag immer mehr Hausärzte mit
den Impfangeboten. Er gehe davon aus, dass in absehbarer Zeit 3000
Arztpraxen in Berlin mitmachen, darunter neben Haus- auch Fachärzte.

Ruppert rechnet damit, dass im Zuge der Kampagne in den Arztpraxen
bis Ende Juni oder Anfang Juli alle Berlinerinnen und Berliner, die
das wollen, eine Erstimpfung gegen Corona erhalten haben.
Voraussetzung sei allerdings, dass sich die Impfstoffmengen
tatsächlich wie von Politik und Herstellern versprochen im Verlauf
des Quartals vervielfachen.

In den Berliner Arztpraxen könnten bis zu 300 000 Dosen pro Woche
verimpft werden. In der Anfangsphase der Kampagne seien 50 000
Impfungen pro Woche geplant, weil pro Praxis für diesen Zeitraum
zunächst nur durchschnittlich 20 Dosen zur Verfügung stehen.

«Es geht uns um Geschwindigkeit», versicherte Ruppert, der am
Donnerstag dem Impfstart in einer Praxis in Charlottenburg beiwohnte.
«Wir müssen den Wettlauf mit den Virus-Mutationen gewinnen.»

In der Praxis des Hausarztes Kai Schorn bekamen die ersten seiner
Patienten eine Impfung mit dem Vakzin des Herstellers Biontech. Den
Anfang machte Nicole Brusselaers, die an einer schweren Krankheit
leidet und sich riesig freute. «Ich könnte weinen vor Glück», sagte

die 70-Jährige der dpa. «Nach der Zweitimpfung hoffe ich, nach
eineinhalb Jahren meine Familie in Belgien einmal wiederzusehen.»

Schorn erläuterte, er lade seine Patienten auf Basis der bundesweit
einheitlich festgelegten Reihenfolge (Priorisierung) ein, zunächst
vor allem schwerstkranke Menschen mit oft chronischen Leiden. «In
dieser Woche habe ich erst mal 18 Dosen bestellt, um zu schauen, wie
die Abläufe in der Praxis funktionieren», schilderte er. Für kommende

Wochen seien 24 Impfungen vorgesehen, maximal halte er gemeinsam mit
seinem Kollegen in der Praxis bis zu 200 Impfungen pro Woche für
machbar, sobald ausreichend Impfstoff verfügbar sei.

KV-Chef Ruppert bekräftigte seine Forderung, auf die Priorisierung
beim Impfen zugunsten der Schnelligkeit zu verzichten, wenn mehr
Impfstoff da sei. Er halte es zudem für richtig, das Vakzin des
Herstellers Astrazeneca auch an Menschen unter 60 zu verimpfen, wenn
das medizinisch sinnvoll sei. «Hier wünsche ich mir ein klares Signal
der Politik», sagte Ruppert. «Wir brauchen diesen Impfstoff.»

Die Ständige Impfkommission empfiehlt den fraglichen Impfstoff wegen
seltener Nebenwirkungen seit einigen Tagen nur noch für Menschen über
60, Bund und Länder waren dem gefolgt. Nach individueller
Risikoabwägung und Beratung durch ihren Hausarzt können sich auch
unter 60-Jährige weiter mit dem Vakzin impfen lassen. Momentan
betrifft das vor allem Menschen mit schweren oder chronischen
Krankheiten, unter 60-Jährige generell sind laut Priorisierung noch
nicht mit dem Impfen dran.

Die KV Berlin beobachtet im Hinblick auf das Vakzin nach dem Hin und
Her der letzten Wochen Zurückhaltung bei vielen Menschen, auch
Ärzten. Das sei der Hauptgrund, warum im Rahmen eines seit mehreren
Wochen laufenden Modellversuchs in 200 Berliner Arztpraxen bisher nur
13 000 von 42 000 zur Verfügung stehenden Dosen Astrazeneca-Impfstoff
an den Mann oder die Frau gebracht worden seien.