Erleichterungen für Geimpfte - Testpflicht soll weitgehend entfallen

Noch ist es eher Zukunftsmusik - aber mit dem Fortschritt der
Corona-Impfungen könnte es bald für viele konkret mehr Freiheiten
geben. Hürden vor einer Reise oder einem Einkaufsbummel könnten
entfallen.

Berlin (dpa) - Wer den vollen Corona-Impfschutz hat, soll künftig
voraussichtlich im Alltag und bei Reisen weitgehend auf Corona-Tests
verzichten können. Personen mit vollständigem Impfschutz könnten so
behandelt werden wie Menschen, die über ein tagesaktuell negatives
Testergebnis verfügten, heißt es in einer der Deutschen
Presse-Agentur vorliegenden Empfehlung des
Bundesgesundheitsministeriums. Das Ministerium stellte die
Empfehlungen am Mittwoch den Gesundheitsministerinnen und -ministern
der Länder vor. Das Thema solle bei der Ministerpräsidentenkonferenz
in der kommenden Woche auf der Tagesordnung stehen, hieß es.

Derzeit sind erst 5,6 Prozent der Menschen in Deutschland voll
geimpft. 13 Prozent haben nach Angaben vom Mittwoch mindestens eine
Erstimpfung. 15,4 Millionen Impfdosen wurden bislang verabreicht. Im
zweiten Quartal sollen insgesamt 70 Millionen Dosen in Deutschland
ausgeliefert werden.

Den Empfehlungen zufolge soll bei Flugreisen aus dem Ausland
alternativ zum derzeit verlangten negativen Testergebnis auch ein
Nachweis vorgelegt werden können, dass man mindestens 14 Tage vorher
die Gabe der zweiten Impfdosis mit einem in der EU zugelassenen
Impfstoff erhalten hat. Auch bei Reisen aus Risiko- oder
Hochinzidenzgebieten soll die Testpflicht der Empfehlung gemäß für
entsprechend Geimpfte entfallen. Bei der Einreise aus
Virusvariantengebieten soll es hingegen bei der Testpflicht bleiben,
da bei manchen Varianten der Impfschutz kleiner ist.

Landesregelungen zum Öffnen einzelner Bereiche des öffentlichen
Lebens in Regionen mit niedrigen Inzidenzen sollten alternativ zum
geforderten tagesaktuellen negativen Test auch den Nachweis einer
Zweitimpfung vorsehen, heißt es in den Empfehlungen weiter.

Wer vollen Impfschutz hat, solle zudem von Quarantänemaßnahmen
ausgenommen werden, so lange man keine Krankheitssymptome hat. Das
Robert Koch-Institut werde seine Quarantäne-Empfehlungen bis zum Ende
der Woche anpassen. Ausnahmen von der Quarantänepflicht soll es der
Vorlage zufolge nicht für geimpfte Patientinnen und Patienten in
Kliniken und nicht für Bewohnerinnen und Bewohner von
Pflegeeinrichtungen geben, «um Restrisiken einer Weitergabe von
Infektionen in diesen sensiblen Bereichen zu minimieren».

In beiden Fällen - negativ getestet oder vollständig geimpft - sei
von einem «deutlich reduzierten Ansteckungsrisiko» auszugehen. «Die
Impfung oder der tagesaktuelle Test geben zusätzliche, aber keine
hundertprozentige Sicherheit», so die Empfehlung des Bundes an die
Länder. Geimpfte und negativ Getestete müssten daher auch weiter
Abstand halten, Hygiene beachten und Masken tragen.

Eine Sprecherin von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte,
«dass es nicht um Privilegien oder Vorrechte geht, sondern darum,
dass vollständig Geimpfte so behandelt werden wie negativ Getestete».
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) ist ebenfalls für
Erleichterungen für Geimpfte, wenn es vom Infektionsschutz her
unproblematisch ist, wie ein Sprecher bekräftigte. Lambrecht hatte
der «Bild»-Zeitung gesagt: «Wenn jetzt wissenschaftlich belegt wird
,
dass von Geimpften keine höhere Gefahr für andere ausgeht als von
negativ getesteten Personen, entfällt eine wichtige Begründung für
die Einschränkung ihrer Grundrechte.»

Ein Impfeffekt auf das Infektionsgeschehen insgesamt ist noch nicht
in Sicht, wie die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek am Dienstag im
NDR-Podcast zum Coronavirus gesagt hatte. Wichtig sei zudem: Nach der
ersten Impfung gebe es zunächst eine «gefährliche Phase», da sich
Antikörper erst entwickeln müssten, wie Ciesek über Leichtsinn bei
jenen sagte, die glaubten, nach der Impfung sofort geschützt zu sein.