Gemeinsames Essen für geimpfte Senioren: Parteien prüfen Vergleich

An sich könnten nun alle zufrieden sein: Der VGH erlaubt das
gemeinsame Essen von geimpften Bewohnern in einem Seniorenzentrum.
Das Amt prüft die Öffnung. Der Anwalt des Heims sieht aber einen
Haken.

Steinen/Mannheim (dpa/lsw) - Dürfen gegen Corona geimpfte Bewohner
eines Seniorenzentrums in Südbaden wieder zusammen essen? Der
Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hätte nichts mehr
dagegen. Demnach könnte der Betrieb der Cafeteria als
Gemeinschaftsraum für geimpfte oder genesene Bewohner und Mitarbeiter
erlaubt werden. In einem Vergleichsvorschlag begründet der VGH dies
mit einer Neueinschätzung des Robert Koch-Instituts, wonach Geimpfte
kaum noch ansteckend seien. Bis Montag können sich das Landratsamt
Lörrach und das Heim in Steinen (Kreis Lörrach) zum Vergleich äußer
n.

Der Leiter des Heims, Wolfram Uhl, bereitet derweil schon mal alles
für eine Wiedereröffnung vor: «Wir hoffen sehr, dass die Senioren
schon die nächsten Tage wieder zusammen sitzen, essen und spielen
können», sagte er am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Von den
Bewohnern der 56 Einzelhaushalte in dem Zentrum für Betreutes Wohnen
seien fast alle geimpft.

Der Streit um die Kantinen-Öffnung hat schon mehrere Gerichte
beschäftigt. Nach dem Verwaltungsgericht Freiburg hatte auch der VGH
in Mannheim die Öffnung Mitte März abgelehnt. Dagegen hatte der
Anwalt des Seniorenzentrums, Patrick Heinemann, eine Anhörungsrüge
erhoben und zugleich das Bundesverfassungsgericht angerufen.
Prävention und Infektionsschutz seien wichtig, hätten aber ihre
Grenzen. Die Senioren litten nun schon seit einem Jahr massiv unter
der Isolation durch die Corona-Maßnahmen. Heinemann vertritt das Heim
sowie einen 79 Jahre alten Bewohner.

Das Landratsamt Lörrach will eine Öffnung der Cafeteria prüfen. Auch

der Anwalt des Zentrums will über den Vergleich nachdenken, äußerte
am Mittwoch aber Zweifel an dessen Wirksamkeit. «Der Vergleich ist
der Versuch, eine Fehlentscheidung zu reparieren», sagte er der dpa.
Man könne keinen Vergleich schließen, wenn es bereits eine
rechtskräftige Entscheidung gebe. Der VGH-Beschluss vom 18. März sei
unanfechtbar gewesen (Az. 1 S 774/21).

Nach Auffassung des VGH kann jedoch ein Beschluss in einem offenen
Anhörungsrügeverfahren durch einen Vergleich abgeändert werden, wenn

neue Tatsachen vorliegen. Nach der neuen Einschätzung des Robert
Koch-Instituts sei das Risiko einer Virusausscheidung nach
vollständiger Impfung stark reduziert, so dass «Geimpfte bei der
Epidemiologie der Erkrankung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle
mehr spielten». Daher dürften nach vorläufiger Einschätzung
überwiegende Gründe dafür sprechen, dass aufgrund der geänderten
Erkenntnislage ein Anspruch auf die Ausnahmegenehmigung nun zu
bejahen sei, so der VGH.