Biden bescheinigt USA «unglaubliche Fortschritte» beim Impfen

Von Trippelschritten kann beim Impfen in den USA keine Rede sein.
US-Präsident Biden versorgt die Amerikaner weiter mit guten
Nachrichten, mahnt aber zugleich Vorsicht und Geduld in der Pandemie
an. In Kalifornien denkt man schon an die Zeit danach.

Washington (dpa) - Impfen ohne «verwirrende Einschränkungen»: In den

USA sollen alle Erwachsenen schon in weniger als zwei Wochen einen
Termin für eine Corona-Impfung vereinbaren können. «Wir machen
unglaubliche Fortschritte», sagte US-Präsident Joe Biden am Dienstag
(Ortszeit) im Weißen Haus. «Vom 19. April an ist jeder Erwachsene in
jedem Staat, jeder Erwachsene in diesem Land berechtigt, sich in die
Schlange zu stellen, um eine Corona-Impfung zu bekommen.» Vom
Impferfolg der Amerikaner sollen auch andere Länder profitieren, wie
Biden deutlich machte. Das dürfte aber erst in einigen Monaten soweit
sein. Einen verpflichtenden Impfpass auf Bundesebene schloss das
Weiße Haus indes aus.

Mit der baldigen landesweiten Aufhebung der Staffelung der
Impfberechtigten sendet Biden ein weiteres Zeichen an die
Bevölkerung, dass die USA in der Pandemie auf dem richtigen Weg sind.
Die guten Neuigkeiten verknüpfte er aber wie gewohnt mit einer
Warnung. Das Virus breite sich weiter aus, weil zu viele Menschen der
Annahme seien, dass man die Ziellinie schon erreicht habe.

«Lassen Sie mich todernst mit Ihnen sein: Wir sind nicht an der
Ziellinie», sagte Biden. Neue Varianten des Coronavirus verbreiteten
sich schnell, die Zahl der Neuinfektionen gehe wieder nach oben und
auch die Zahl der Neuaufnahmen in Krankenhäusern sei nicht mehr
rückläufig. Auch wenn immer mehr Impfungen verfügbar und mehr
Menschen geimpft seien, brauche es Zeit, bis der komplette Schutz
eintrete.

Die USA sind - gemessen an absoluten Zahlen der Infektionen und Toten
- das am schwersten von der Corona-Pandemie betroffene Land. Mehr als
30,8 Millionen Ansteckungen mit dem Coronavirus wurden nachgewiesen,
mehr als 556 000 damit verbundene Todesfälle sind bekannt. Am
Dienstag meldeten die Behörden nach Angaben der
Johns-Hopkins-Universität 61 006 Neuinfektionen und 896 Tote.

Biden hat die Impfkampagne seit seinem Amtsantritt am 20. Januar
erheblich beschleunigt. Nach Angaben des Weißen Hauses wurden seither
mehr als 150 Millionen Impfdosen verabreicht. Insgesamt - also
inklusive der Wochen vor Bidens Start - waren es landesweit nach
Angaben der Gesundheitsbehörde CDC mehr als 168 Millionen.

Ursprünglich hatte Biden die Bundesstaaten angewiesen, Impfstoffe bis
spätestens 1. Mai für alle Erwachsenen freigeben zu lassen. Mehrere
Bundesstaaten haben die Staffelung nach Impfgruppen bereits
aufgehoben oder dafür einen Termin unabhängig von der Ankündigung des

Weißen Hauses bekanntgegeben. New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo sagte
am Dienstag: «Heute hat jede Person im Bundesstaat New York, die
älter als 16 Jahre ist, Anspruch auf den Impfstoff. Es gibt keine
Entschuldigung, nicht online zu gehen und heute einen Anruf (für
einen Termin) zu tätigen.»

Der Großteil der Amerikaner werde bis Ende Mai voraussichtlich
mindestens einmal geimpft sein, sagte Biden. Er hoffe, vor dem Ende
des Sommers ankündigen zu können, dass die USA über mehr Impfstoff
verfügten als nötig, um anderen, armen Ländern zu helfen. Solange die

Impfung nicht überall auf der Welt verfügbar und das Virus noch nicht
in allen Ländern besiegt sei, «sind wir nicht komplett sicher», sagte

Biden.

Die US-Regierung hat es zur Priorität erklärt, zunächst die eigene
Bevölkerung zu impfen. Gegen Biden wurde daher schon der Vorwurf
laut, die «America First»-Doktrin von seinem Vorgänger Donald Trump

fortzusetzen und es insbesondere armen Ländern zu erschweren, an
Impfstoffe zu kommen.

Kalifornien stellte seinen Bürgern am Dienstag in Aussicht, dass
Mitte Juni die meisten Corona-Beschränkungen aufgehoben werden
könnten. Als Voraussetzung für eine komplette Wiedereröffnung der
Wirtschaft nannte Gouverneur Gavin Newsom, dass genügend Impfstoff
für alle Kalifornier ab 16 Jahren, die geimpft werden wollen,
vorhanden sein und die Zahl der Neuaufnahmen in Krankenhäusern stabil
und niedrig sein müsse.

«Wir können jetzt mit der Planung für unser Leben nach der Pandemie
beginnen», erklärte Newsom. «Wir werden wachsam bleiben müssen und

die Maßnahmen, die uns hierher gebracht haben - Masken tragen und
sich impfen lassen - beibehalten, aber das Licht am Ende des Tunnels
war noch nie heller.»

Die Einführung eines verpflichtenden Impfpasses auf Bundesebene
lehnte das Weiße Haus ab. «Lassen Sie mich das ganz klar sagen: Die
Regierung wird weder jetzt noch in der Zukunft ein System
unterstützen, das von Amerikanern verlangt, einen Nachweis bei sich
zu führen», betonte Sprecherin Jen Psaki. Es werde auch keine
Impfdatenbank auf Bundesebene geben. Man wolle damit den Datenschutz
und andere Rechte der Amerikaner gewährleisten.

Von der Privatwirtschaft würden solche Optionen aber derzeit in
Betracht gezogen, um Veranstaltungen mit großen Menschenmengen auf
sichere Weise wieder zu ermöglichen. «Dort ist die Idee entstanden,
und wir rechnen damit, dass sie dort zu Ende geführt wird», sagte
Psaki weiter.