Testen für mehr Freiheiten: Saarland startet Modellprojekt

In Zeiten steigender Corona-Zahlen fährt das Saarland das öffentliche
Leben ein Stück weit wieder hoch. In einem landesweiten Modellprojekt
öffnen etliche Einrichtungen wieder: für negativ Getestete.

Saarbrücken (dpa) - Trotz steigender Infektionszahlen beginnt das
Saarland am Dienstag mit einem Ausstieg aus dem Corona-Lockdown. Eine
ganze Reihe von Einrichtungen und Häusern darf wieder öffnen, neben
der Außengastronomie zählen auch Kinos, Theater, Konzerthäuser,
Fitnessstudios und Tennishallen dazu. Wer das Angebot nutzen möchte,
braucht in der Regel einen negativen Corona-Schnelltest, der nicht
älter als 24 Stunden sein darf. Zudem dürfen sich im Freien bis zu
zehn Personen treffen, auch am Biertisch, wenn sie negativ getestet
worden sind.

Damit geht erstmals ein ganzes Bundesland als Corona-Modellprojekt an
den Start. Mit dem «Saarland-Modell» will die Landesregierung den
Bürgern wieder mehr Freiheiten ermöglichen. «Es muss uns nach einem
Jahr Pandemie mehr einfallen als nur zu schließen und zu
beschränken», hatte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU)
gesagt. Und: «Mit dem Saarland-Modell soll keine Corona-Infektion
unentdeckt bleiben.» Denn je mehr getestet werde, desto mehr werde
aufgedeckt.

«Experimente» gebe es keine: Die Öffnungen sind nach dem Beschluss
der Regierung in dieser Form nur erlaubt, solange die
Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000
Einwohnern binnen einer Woche, stabil unter 100 liegt. Steigt die
Inzidenz an drei Tagen über 100, greift ein Ampelsystem - mit einer
dann ausgeweiteten Testpflicht (gelb) unter anderem für den
Einzelhandel. Wenn eine Überlastung des Gesundheitswesen droht, soll
die Notbremse (rot) gezogen werden: Die Öffnungen werden kassiert, es
folgt ein Lockdown.

Nun aber leuchtet die Ampel erst einmal grün: In Cafés und
Restaurants dürfen auf den Terrassen bis zu fünf Personen aus zwei
Haushalten Platz nehmen, wenn sie ihre Daten angeben und vorher einen
Termin gebucht haben. Ein Test ist hierfür nicht nötig. Wenn mehr
Personen zusammen sitzen, brauchen sie alle einen negativen Test.
Beim Sport ist Kontaktsport wie Fußball nun wieder erlaubt - mit
Testzettel.

Am Ostermontag wurde eine Inzidenz von 91,3 gemeldet. Vor zwei Wochen
(23.3.) lag sie noch bei 65,6. Dass das Saarland das Projekt in einer
Zeit steigender Infektionszahlen startet, war bundesweit bei Politik
und Wissenschaft auch auf Kritik gestoßen. Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) bezeichnete die Ankündigung als «sehr gewagt». Da die
Infektionszahlen nicht stabil seien, sei es «nicht der Zeitpunkt,
jetzt so was ins Auge zu fassen.»

Das Saarland sieht sich beim Impfen und Testen auch im bundesweiten
Vergleich sehr gut aufgestellt. Bei den Erstimpfungen steht das
kleinste deutsche Flächenland mit knapp einer Million Einwohnern mit
seiner Quote seit Tagen an oder mit an der Spitze. In einem
Impfzentrum der Bundeswehr im saarländischen Lebach wird seit Sonntag
sogar rund um die Uhr geimpft. Zudem hat das Saarland über die
vergangenen Wochen reichlich Teststationen aufgebaut - mittlerweile
sind es knapp 400.

Für die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) ist

das Saarland-Modell «ein klares, verlässliches System», das auf die
Verantwortung der Bürger setze. «Mit Vorsicht schaffen wir mehr
Freiheiten. Ob sie halten, liegt an uns allen», sagte sie.

Wenn alles gut läuft, kann es laut Hans weitere Öffnungsschritte nach
dem 18. April geben - in der Gastronomie, beim Ehrenamt und in den
Schulen. Und wenn alle Schüler ab dem 19. April zurück in den
Präsenzunterricht kommen, soll es eine Testpflicht an weiterführenden
Schulen geben - heißt: Schüler müssen sich zweimal pro Woche in der
Schule testen lassen. So der Plan.