Sorge um Schulunterricht nach Ferien - keine Abi-Prüfungen?

Wegen Corona haben manche Schüler seit Wochen ihre Schule nicht mehr
von innen gesehen. Wie es nach den Osterferien weitergeht, ist noch
offen. Und was ist mit den Abiturprüfungen in Pandemiezeiten?

Berlin (dpa) - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
fordert, die Abiturprüfungen in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie
notfalls ausfallen zu lassen. Dafür erntete sie aber umgehend
Widerspruch. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek blickt wegen der
Pandemie mit großer Sorge auf den weiteren Schulbetrieb. «Es wird
überall eine Gratwanderung sein und sehr vom regionalen
Infektionsverlauf gerade auch unter den Kindern und Jugendlichen
abhängen», sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

GEW-Chefin Marlis Tepe sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
(RND/Montag) zum Thema Abi-Prüfungen: «Sollte das Infektionsgeschehen

so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen
Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagier
en
und von Prüfungen absehen». Dann könnten etwa die Leistungen aus dem

Unterricht zur Grundlage der Notengebung gemacht werden. Sollten
Prüfungen pandemiebedingt ausfallen, müssten die Abiture trotzdem von
den Bundesländern gegenseitig anerkannt werden.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs
Ressortchefin Britta Ernst (SPD), äußerte sich zurückhaltend zur
GEW-Forderung. Alle arbeiteten mit Hochdruck an sicheren Bedingungen
für die Durchführung der Prüfungen. «Niemand sollte die Jugendliche
n,
die jetzt vor dem Abschluss stehen, zusätzlich zur normalen
Prüfungsnervosität verunsichern.» Der Bundesvorsitzende des Verbandes

Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, meinte, die Schüler hätten sich
trotz Pandemie sehr intensiv auf die Prüfungen vorbereitet. «Das muss
wertgeschätzt werden.» Er plädierte dafür, allenfalls die
Verschiebung von Prüfungen zu erwägen, die Aufgabenpools zu erweitern
und die Prüfungsräume coronasicher zu gestalten.

Der Deutsche Lehrerverband wandte sich klar gegen einen Ausfall von
Abiturprüfungen. Verbandschef Heinz-Peter Meidinger sagte der
«Rheinischen Post» (Dienstag): «Bereits im letzten Jahr für das
letztjährige Abitur hatte die GEW diese Forderung erhoben, und es war
im Nachhinein gesehen absolut richtig, dass die Bundesländer dieser
damals Forderung nicht gefolgt sind.» Viele Bundesländer
hätten dieses Jahr schon auf die steigenden Inzidenzen reagiert und
die Abiturprüfungen auf Termine im Mai und Juni verschoben. Auch der
Deutsche Philologenverband sprach sich in den Zeitungen der Funke
Mediengruppe für reguläre Abiturprüfungen aus.

Nach dpa-Informationen aus Kultusministerkreisen werden die
Ressortchefs am Donnerstag über die Lage beraten. Die Osterferien
enden in vielen Bundesländern am kommenden Wochenende, mancherorts
aber auch etwas früher oder später. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet
hatte kürzlich erklärte, er wolle eine bundesweit einheitliche
Regelung erreichen, wie es für die Schulen in der Corona-Pandemie
nach den Osterferien weitergeht. «Es kann einen Konsens der
Kultusministerkonferenz geben, den wir alle verbindlich umsetzen.»
Die Ministerpräsidenten beraten nach den bisherigen Planungen am 12.
April wieder über die Corona-Lage und mögliche Maßnahmen.

Nach wochenlangen Schließungen hatten im Februar zunächst die meisten
Grundschulen schrittweise wieder ihren Betrieb aufgenommen, danach
waren auch einige ältere Jahrgänge im sogenannten Wechselbetrieb
zurückgekehrt. Manche Schüler haben aber seit Mitte Dezember ihre
Schule nicht mehr von innen gesehen. Wegen der erneut steigenden
Corona-Zahlen droht sich die Rückkehr in die Klassen weiter zu
verzögern. Debattiert wird zudem über eine Testpflicht für Kinder als

Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht, wie manche
Länder sie schon beschlossen haben. Der Städtetag Nordrhein-Westfalen
bezweifelte etwa, dass genügend Corona-Tests zur Verfügung stehen,
falls die Schulen nach den Osterferien wieder geöffnet werden.

Der Chef des Städte- und Gemeindebunds wünscht sich bei der
Pandemiebekämpfung grundsätzlich mehr Einheitlichkeit zwischen den
Bundesländern trotz regional angepasster Maßnahmen. Die Menschen
könnten die unterschiedlichen Regelungen sonst kaum nachvollziehen,
sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke
Mediengruppe (Montag). Ein Bundesgesetz für einheitliche Maßnahmen,
wie es Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgeschlagen hat,
käme aus Landsbergs Sicht wegen des «erfahrungsgemäß» mehrwöchi
gen
Gesetzgebungsverfahrens aber für die dritte Welle wohl zu spät.

Seehofer hatte der «Welt am Sonntag» gesagt, dass so ein Gesetz in
kürzester Zeit beschlossen werden könnte. Auch ein Regierungssprecher
hatte von Überlegungen zu einheitlichen Vorgaben zur Eindämmung der
dritten Corona-Welle gesprochen - falls das Vorgehen der Länder nicht
ausreiche. Landsberg meinte: «Bund und Länder könnten sich auch
kurzfristig auf strengere gemeinsame Regeln verständigen. Das würde
allerdings voraussetzen, dass sich dann auch alle wirklich an die
getroffenen Vereinbarungen halten». Das Infektionsgeschehen sei
dramatisch. «Die Notbremse muss jetzt konsequent umgesetzt werden.»

Unterdessen will das Saarland nach monatelangem Lockdown von Dienstag
an Öffnungsschritte gehen: Unter anderem Theater, Kinos,
Fitnessstudios und die Außengastronomie sollen wieder aufsperren -
Voraussetzung für Gäste und Nutzer ist ein negativer Schnelltest, der
nicht älter als 24 Stunden sein darf. Im Freien dürfen maximal zehn
Personen zusammenkommen, wenn sie negativ getestet worden sind.