Umfrage: Große Mehrheit zweifelt an Merkels Impfversprechen

Kanzlerin Merkel hat es versprochen: Bis zum Ende des Sommers soll
jeder, der will, ein Angebot zur Impfung gegen Corona bekommen. Doch
angesichts der Probleme beim Impfstart glauben viele nicht daran.

Berlin (dpa) - Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat vollständig
gegen Corona geimpften Menschen Hoffnung auf mehr Freiheiten gemacht
- viele glauben aber nicht an eine Impfung bis zum Ende des Sommers.
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag
der Deutschen Presse-Agentur erwartet nur knapp ein Viertel (23
Prozent), dass das Ziel eingehalten wird, bis zum 21. September jedem
Impfwilligen eine Corona-Impfung anzubieten. 62 Prozent rechnen
dagegen nicht damit. 15 Prozent machten keine Angaben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mehrfach angekündigt, bis zum
21. September allen impfwilligen Erwachsenen in Deutschland ein
entsprechendes Angebot machen zu wollen. Das Vertrauen in dieses
Versprechen ist gesunken: In einer vergleichbaren YouGov-Umfrage
Anfang Februar hatten noch 26 Prozent daran geglaubt, dass das Ziel
erreicht wird. 57 Prozent hatten schon damals kein Vertrauen in das
Versprechen. Die Corona-Impfungen sind in Deutschland im Vergleich zu
Ländern wie Großbritannien oder den USA schleppend angelaufen. Nach
Ostern sollen sie auch in bundesweit 35 000 Hausarztpraxen starten
und dort allmählich hochgefahren werden. Später sollen auch
Fachärzte, Privatärzte und Betriebsärzte mitimpfen.

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums vom Samstag sind gut
zwölf Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft worden - mehr
als zehn Millionen Bürgerinnen und Bürger. 4,3 Millionen Menschen
haben demnach bereits die zweite Impfung erhalten. Minister Spahn
hatte am Sonntag gesagt: «Wer vollständig geimpft wurde, kann beim
Reisen oder beim Einkaufen wie jemand behandelt werden, der ein
negatives Testergebnis hat.» Spahn bezog sich auf eine Auswertung
neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse durch das Robert
Koch-Institut (RKI), die auch an die Bundesländer geschickt wurde.

Unterdessen wünscht sich der Chef des Städte- und Gemeindebunds bei
der Pandemiebekämpfung mehr Einheitlichkeit zwischen den
Bundesländern trotz regional angepasster Maßnahmen. Die Menschen
könnten die unterschiedlichen Regelungen sonst kaum nachvollziehen,
sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke
Mediengruppe (Montag). Ein Bundesgesetz für einheitliche Maßnahmen,
wie es Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgeschlagen hat,
käme aus Landsbergs Sicht wegen des «erfahrungsgemäß» mehrwöchi
gen
Gesetzgebungsverfahrens aber für die dritte Welle wohl zu spät.
«Zudem hat sich der Föderalismus in der Pandemie bewährt.
Unterschiedliche Regelungen in unterschiedlichen Regionen sind dann
gerechtfertigt, wenn die Inzidenzzahlen dieses Vorgehen zulassen.»

Seehofer hatte der «Welt am Sonntag» gesagt, dass so ein Gesetz in
kürzester Zeit beschlossen werden könnte. Auch ein Regierungssprecher
hatte von Überlegungen zu einheitlichen Vorgaben zur Eindämmung der
dritten Corona-Welle gesprochen - falls das Vorgehen der Länder nicht
ausreiche. Landsberg meinte: «Bund und Länder könnten sich auch
kurzfristig auf strengere gemeinsame Regeln verständigen. Das würde
allerdings voraussetzen, dass sich dann auch alle wirklich an die
getroffenen Vereinbarungen halten». Das Infektionsgeschehen sei
dramatisch. «Die Notbremse muss jetzt konsequent umgesetzt werden.»

Die FDP stellte sich hinter den Unionsvorstoß zu einheitlichen
Corona-Regeln per Bundesgesetz - und hielt CDU/CSU vor, damit
Vorschläge der Liberalen aufgegriffen zu haben. Der stellvertretende
Vorsitzende der FDP im Bundestag, Stephan Thomae, sagte der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin: «Die FDP-Fraktion hatte entsprechende
Gesetzesvorschläge in den Bundestag eingebracht.» Dass nun «immer
mehr Stimmen aus der Union diese Notwendigkeit begreifen, ist eine
späte Einsicht. Aber besser spät als nie».