Tschechische Regierung kritisiert Kompromiss im Impfstoff-Streit

Prag (dpa) - Im erbitterten Streit um zusätzliche
Corona-Impfstoffdosen hat der tschechische Regierungschef Andrej
Babis die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft scharf kritisiert. Er
verstehe nicht, wie man eine Kompromisslösung bekanntgeben könne,
ohne dass ein Konsens unter allen Staaten erreicht worden sei, sagte
der 66-Jährige am Freitag der Agentur CTK. «Solidarität gibt es nur
in den Erklärungen für die Medien, bei den Verhandlungen hinter
verschlossenen Türen existiert sie nicht», sagte Babis.

Die EU-Staaten hatten lange über einen Ausgleichsmechanismus für
Länder verhandelt, die bisher weniger Impfstoff erhalten haben.
Deutschland und andere Staaten spenden nun fünf östlichen EU-Partnern
gut 2,8 Millionen Dosen Corona-Impfstoff, damit sie in der
Impfkampagne nicht abgehängt werden. Österreich, Tschechien und
Slowenien machen bei der Solidaritätsaktion nicht mit, erhalten aber
auch selbst keine zusätzlichen Impfstoff-Dosen über den
Bevölkerungsschlüssel hinaus.

Babis äußerte die Ansicht, dass bei den Verhandlungen der Wunsch
überwogen habe, den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz
abzustrafen. Dieser war vehement für weitergehende Korrekturen bei
der Impfstoffverteilung eingetreten. Die Opposition in Prag warf
Babis indes «Versagen» bei den Verhandlungen auf EU-Ebene vor und
sprach von einer «skandalösen Niederlage».

Die dritte Corona-Welle hat Tschechien mit seinen 10,7 Millionen
Einwohnern hart getroffen. Innerhalb von sieben Tagen steckten sich
nach aktuellen Zahlen mehr als 400 Menschen je 100 000 Einwohner an.
In Deutschland liegt der Wert bei 134. Seit Beginn der Pandemie gab
es in Tschechien mehr als 1,5 Millionen bestätigte Infektionen und 26
765 Todesfälle.