35 000 Arztpraxen starten nach Ostern mit Corona-Impfungen

Das große Netz der niedergelassenen Ärzte soll den Durchbruch für die

Corona-Impfungen ermöglichen. Gleich zum Auftakt ist der Schub aber
noch nicht so groß - und Dosen gehen auch noch an die Impfzentren.

Berlin (dpa) - Die Corona-Impfungen sollen in der Woche nach Ostern
auch in bundesweit 35 000 Hausarztpraxen starten und dort allmählich
hochgefahren werden. «Das wird noch kein großer Schritt sein, aber
ein wichtiger», sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am
Donnerstag in Berlin. Für die erste Woche haben die Praxen demnach
1,4 Millionen Dosen bestellt. Geliefert werden sollen entsprechend
der Planungen von Bund und Ländern 940 000 Dosen. Daneben bekommen
die Impfzentren der Länder 2,25 Millionen Dosen pro Woche. Später
sollen auch Fachärzte, Privatärzte und Betriebsärzte mitimpfen.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas
Gassen, sagte: «Zu den 430 Impfzentren, die wir bisher haben, kommen
nach Ostern 35 000 weitere dazu, und das ist kein Aprilscherz.» Die
Bereitschaft sei extrem groß. Er sei zuversichtlich, dass es trotz
zunächst geringer Impfstoffmengen einen guten professionellen Start
in den Praxen geben werde. «Die Kolleginnen und Kollegen können das.»

Angesichts von zuletzt insgesamt 87 000 impfenden Praxen zeige sich
das Riesenpotenzial, eine Größenordnung von mehreren Millionen Dosen
zu erreichen und damit im Kampf gegen die Pandemie Tritt zu fassen.

Spahn sagte, mit dem Start in den Praxen würden Abläufe etabliert, um
die Zahlen in wenigen Wochen deutlich steigern zu können. Ende April
seien mehr als drei Millionen Dosen pro Woche für die Praxen
vorgesehen. Der Impfstoff gehe vom Bund an den Großhandel und dann
über die Apotheken an die Praxen. Mancherorts haben Praxen schon mit
Impfungen begonnen, zum Beispiel bei Krebspatienten.

In den ersten beiden Wochen solle in den Praxen ausschließlich der
Impfstoff von Biontech/Pfizer eingesetzt werden. Grund sei, dass er
in ausreichender Menge verfügbar sei, sagte Spahn. Ab der Woche vom
19. April seien Biontech und Astrazeneca vorgesehen, danach Biontech,
Astrazeneca und Johnson & Johnson. Spahn rief Bürger, die schon
Termine in Impfzentren haben, dazu auf, diese auch wahrzunehmen.

Insgesamt sind inzwischen 13,8 Millionen Dosen gespritzt worden, wie
der Minister sagte. Eine erste Impfung haben 9,6 Millionen Menschen
bekommen und damit 11,6 Prozent der Bevölkerung. Schon die nötige
zweite Dosis erhielten demnach fünf Prozent der Bevölkerung.

Spahn rief mit Blick auf die Impfzentren der Länder dazu auf,
erwartete Lieferungen einzusetzen. «Wenn jetzt 1,7 Millionen Dosen
Astrazeneca am Wochenende geliefert werden mitten in der dritten
Welle, macht es sehr viel Sinn für den Schutz des Einzelnen und für
uns alle, wenn diese 1,7 Millionen Dosen auch schnellstmöglich
verimpft werden.» Wenn Impfstoff da sei, sollte er auch an Feiertagen
und länger als bis 18.00 Uhr geimpft werden. «Das Virus kennt keine
Feiertage.»

Gassen sagte, er halte den Astrazeneca-Impfstoff «nach wie vor für
sicher». Die Nebenwirkungen seien selten. Nach einer Empfehlung der
Ständigen Impfkommission (Stiko) wird Astrazeneca in Deutschland in
der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahre eingesetzt. Bei 2,7
Millionen verabreichten Astrazeneca-Dosen waren 31 Verdachtsfälle
einer Hirnvenenthrombose gemeldet worden, in neun Fällen tödlich.

Gassen sagte, auf Beipackzetteln etwa bestimmter Rheumamedikamente
oder von Anti-Baby-Pillen würden «in deutlich höheren Größenordnu
ngen
gleich schwere Risiken» genannt. «Da macht keiner großes Bohei», so

der KBV-Chef. «Nehmen Sie mal Viagra, da stehen noch ganz andere
Nebenwirkungen drin.» Für die Hausärzte, die nun in der Fläche mit

den Corona-Impfungen beginnen, sei es kein Problem, über Astrazeneca
aufzuklären. «Die Hausärzte sind ja gewohnt, dass die Patienten sie
fragen.» Die Ärzte würden sich an die Stiko-Empfehlung halten.

Spahn sagte: «Wir haben 24, 25 Millionen Menschen in Deutschland über
60.» Für das zweite Quartal würden etwa 15 Millionen Dosen
Astrazeneca erwartet. Ausreichend Menschen würden den Impfschutz
gerne annehmen. «Denn der Schutz ist gut.» Er selbst würde sich
grundsätzlich auch mit Astrazeneca impfen lassen, sagte Spahn. «Ja,
wenn ich dran wäre.» Er würde wie bei anderen Gesundheitsfragen die
Sache vorher mit seinem Arzt abklären.

Die Millionen Menschen mit Astrazeneca-Erstimpfung würden ebenso wie
alle anderen komplett geimpft, versprach Spahn. Hintergrund ist, dass
die Stiko erst entscheiden will, wie es mit der Zweitimpfung bei
Unter-60-Jährigen sein soll. «Wir werden sicherstellen, dass jeder
Bundesbürger, der will, einen vollen Impfschutz bekommt und ein
Impfschema, das diesen vollen Impfschutz garantiert, und sei es,
indem wir ein neues Impfschema beginnen.»