Irritationen um Astrazeneca - Vorgehen bei Zweitimpfung noch unklar

Menschen unter 60 sollen den Corona-Impfstoff des Herstellers
Astrazeneca nicht mehr erhalten. Das hat Auswirkungen auf ihre
Zweitimpfung. Welche - das ist noch unklar.

Erfurt (dpa/th) - Nach der vorsorglichen Altersbeschränkung für den
Corona-Impfstoff von Astrazeneca ist in Thüringen noch unklar, wie es
mit den Zweitimpfungen für bereits einmal damit gespritzte Menschen
unter 60 Jahre weitergeht. «Wir müssen jetzt abwarten, was die
Ständige Impfkommission sagt», sagte Jörg Mertz, Impfmanager der
Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen, am Mittwoch der Deutschen
Presse-Agentur. Betroffen sind rund 40 000 Frauen und Männer dieser
Altersgruppe. Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) geht bislang
nicht von gravierenden Auswirkungen auf die Kampagne aus, wie sie am
Mittwoch erklärte.

Nach einem Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern
soll das Astrazeneca-Vakzin ab sofort nur noch für Personen ab 60
Jahre eingesetzt werden. Grund sind Hirnvenenthrombosen -
Verstopfungen der Hirnvene durch Blutgerinnsel - , die zuletzt im
zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen aufgetreten waren, vorwiegend
bei Frauen unter 55. In Thüringen gab es laut KV keine derartigen
Fälle. Unter 60-Jährige sollen sich nach dem Bund-Länder-Beschluss
auch «nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse
nach sorgfältiger Aufklärung» weiterhin damit impfen lassen können.


In Thüringen erhielten bisher rund 78 000 Menschen ihre Erstimpfung
mit dem Astrazeneca-Mittel. 38 000 Menschen davon sind 60 Jahre und
älter. «Bei denen bleibt alles, wie es ist», sagte Werner. Der Termin

für die Zweitimpfung behalte seine Gültigkeit und könne problemlos
wahrgenommen werden.

Geimpfte der jüngeren Altersgruppe werde man informieren, sobald man
wisse, wie man mit der Zweitimpfung verfahre. Die KV hatte bereits
Termine für Folgeimpfungen vergeben. Über Ostern werden laut KV
45 000 weitere Astrazeneca-Impfdosen erwartet, die für Folgeimpfungen
gedacht sind. Diese sollen eigentlich Mitte April beginnen, so Mertz.
«Wir müssen jetzt schauen, wie wir das machen.» Für Panik bestehe
allerdings kein Grund. Es sei «etwas Luft» für Entscheidungen, sagte

auch Ministerin Werner.

Astrazeneca wird in Thüringen bislang in großen Impfzentren wie auf
der Messe Erfurt und an Wochenenden auch in regionalen Impfstellen
eingesetzt. Die geplanten Impfungen entsprechend dem verfügbaren
Impfstoff waren Mertz zufolge ohnehin abgearbeitet, bevor am
Dienstagabend die Entscheidung der Minister gefallen sei. Die KV
managt die Impfkampagne in den Impfstellen und -zentren.

Bereits Mitte März, nachdem der Einsatz des Mittels wegen
Einzelfällen von Hirnvenenthrombosen bereits einmal unterbrochen war,
mussten zahlreiche vereinbarte Erstimpftermine in Thüringen
ausfallen. Bei den daraufhin für das Osterwochenende vereinbarten
Nachholterminen im Impfzentrum Erfurt bleibt es aber - dort wird laut
KV mit dem Mittel von Biontech/Pfizer immunisiert.

Ebenfalls unbeeinträchtigt von den Änderungen bei Astrazeneca sind
die Corona-Impfungen in den besonderen Corona-Hotspots in Thüringen,
darunter der Kreis Greiz und die Stadt Gera, für die am Montag 35 000
zusätzliche Impfdosen geliefert wurden. Auch hier wird mit Biontech
immunisiert.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte am Dienstag die
Altersbeschränkung für Astrazeneca empfohlen. In Deutschland sind
bisher 31 Fälle von Blutgerinnseln in Hirnvenen nach Impfungen mit
Astrazeneca bekannt - bei rund 2,7 Milionen Erstimpfungen mit dem
Wirkstoff. In Thüringen haben bislang fast 13 Prozent der Bevölkerung
(fast 275 00 Menschen) eine Corona-Erstimpfung erhalten. 5,6 Prozent
(knapp 120 000) wurden bereits zweimal gespritzt.