Auswärtige Gäste erhalten ab Donnerstag kein Tagesticket in Tübingen

Modellversuche mit Schnelltests wie in Tübingen können Menschen laut
dem Virologen Drosten motivieren. Wichtig sind aber auch
Abbruchkriterien, wenn die Corona-Zahlen steigen.

Stuttgart/Tübingen (dpa/lsw) - Tübingens Oberbürgermeister Boris
Palmer (Grüne) zieht wegen des großen Zustroms von auswärtigen Gäst
en
in seine Stadt und steigender Corona-Zahlen erneut die Reißleine:
Menschen, die nicht im Landkreis Tübingen wohnen oder in der Stadt
Tübingen arbeiten, erhalten bereits ab Donnerstag (1. April) keine
Tagestickets mehr an den Teststationen. Die Regelung gilt aber nur
bis Ostermontag. Ursprünglich sollte die Osterregelung des
Modellprojekts «Öffnen mit Sicherheit» ab Karfreitag gelten. «Es
kommen momentan einfach zu viele Personen von auswärts in die Stadt»,
sagte Palmer am Mittwoch. Dadurch verliere der Modellversuch an
Aussagekraft.

Die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Tübingen lag zuletzt bei 110,2.
Die Inzidenz misst die Zahl der registrierten Neuinfektionen pro 100
000 Einwohner binnen einer Woche. «Aber auch wenn Tübingen im
Gesamtvergleich noch unterdurchschnittliche Werte hat, ist die
aktuelle Entwicklung kritisch zu sehen», hieß es dazu aus dem
Gesundheitsministerium in Stuttgart. Zuerst hatte das ARD-Magazin
«Report Mainz» berichtet. Landesweit lag die Inzidenz bei 125,7.

Modellprojekte wie in Tübingen sollten nach Auskunft des Berliner
Virologe Christian Drosten eine gute wissenschaftliche Begleitung
haben. Das Ziel, Menschen zu motivieren sich testen zu lassen und
etwa einkaufen zu gehen, sei vorerst gut. Das sollte man punktuell
durchaus mal ausprobieren. Wichtig sei, vorher Erfolgskriterien zu
definieren, wie etwa eine Zahl der Krankenhausaufnamen, der
Todesfälle nach drei Wochen oder der Wirtschaftsleistung. «Also ich
denke, man sollte sich eine ganze Zahl von solchen Erfolgskriterien
hinlegen, bevor man diesen Modellversuch macht, um dann irgendwann in
der Nachbewertung zu sagen: Das war erfolgreich.» Wichtig seien auch
Abbruchkriterien und eine Vergleichsstadt ohne Modellprojekt.

Der Tübinger Modellversuch richtet sich laut Palmer in erster Linie
an die Bewohner der Stadt und des Landkreises Tübingen. «Wir möchten

mit dem Modellversuch zeigen, wie sich häufiges Testen auswirkt. Zu
viele auswärtige Gäste zerstören das Tübinger Infektionsgeschehen u
nd
damit den Versuch», sagte Palmer. Er warb um Verständnis. «Alle, die

aus anderen Landkreisen kommen, weite Anfahrten in Kauf nehmen und
vielleicht vorher noch nie in Tübingen waren, bitte ich, den Besuch
auf den Sommer zu verschieben.»

Die Regelung bezeichnete Palmer als «ganz einfach». «Wer sich ohnehin

regelmäßig in der Stadt bewegt, kann auch über die Osterfeiertage ein

Tagesticket bekommen. Das sind Menschen, die hier wohnen oder
arbeiten. Wer nur zu Besuch ist, gehört nicht dazu und bekommt kein
Ticket. Das gilt auch für Verwandte, Bekannte und Freunde.» Jede
Ausnahme würde Tür und Tor öffnen, deshalb werde damit erst gleich
gar nicht angefangen.

Am 26. März hatte das Land dem Antrag zugestimmt, den Modellversuch
bis zum 18. April zu verlängern und die Ticketausgabe an Auswärtige
zu begrenzen und über Ostern auszusetzen. Seit dem 16. März können
sich Menschen in Tübingen an mehreren Stationen kostenlos testen
lassen, mit der Bescheinigung des Ergebnisses können sie dann in
Läden, zum Friseur oder auch in Theater und Museen. Die Stadt sieht
den Erfolg des Versuchs allerdings seit einiger Zeit durch eine
wachsende Zahl an Tagesgästen gefährdet.