Senat will schärferen Lockdown - Beratung über Ausgangsbeschränkung

Doch eine Art von verordneter Osterruhe? Nach der jüngsten Rücknahme
des Bund-Länder-Beschlusses verzichtete der Hamburger Senat zunächst
auf eine wesentliche Verschärfung des Lockdowns. Das soll nun aber
nachgeholt werden, möglicherweise mit Ausgangsbeschränkungen.

Hamburg (dpa/lno) - Nur einen Tag nach dem Inkrafttreten einer neuen
Corona-Verordnung hat der Hamburger Senat weitere Verschärfungen über
Ostern angekündigt. «Wir sind mitten in einer dritten Welle», sagte
die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am Dienstag.
Wenn es jetzt nicht zu einer Abbremsung komme, könne es in zwei bis
vier Wochen zu einer nochmals verschärften Lage mit dramatischen
Auswirkungen auf das Gesundheitswesen und die Intensivstationen
kommen.

Der Senat werde am Mittwoch erneut über die geplanten Maßnahmen
beraten, kündigte Fegebank an. «Dass das Thema Ausgangsbeschränkungen

da eine Rolle spielen kann, da verrate ich, glaube ich, nicht zu
viel.» Es gehe aber um ein ganzes Paket an Maßnahmen. So könnten
weitere Einschränkungen auf Unternehmen zukommen. Auch die bislang
noch geöffneten Dienstleistungen oder der Bildungsbereich könnten
betroffen sein.

Die Verschärfungen werden vor Karfreitag in Kraft treten, wie
Senatssprecher Marcel Schweitzer sagte. Einzelheiten wollte er nicht
nennen, weil diese zu Verunsicherung führen könnten. Nach den Worten
von Fegebank hat der ursprünglich von Bund und Ländern gefasste
Beschluss zur Osterruhe, der danach zurückgenommen wurde, bereits das
Vertrauen der Bürger ramponiert.

Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen - stieg nach Angaben der
Gesundheitsbehörde vom Dienstag innerhalb eines Tages von 152,1 auf
153,7. Am Dienstag vor einer Woche hatte der Wert 119,8 betragen. Die
Zahl der in Hamburg an oder mit Corona gestorbenen Menschen gab das
Robert Koch-Institut (RKI) mit 1372 an - sie ist seit Samstag
unverändert. 285 Covid-19-Erkrankte wurden mit Stand Montag in
Hamburger Krankenhäusern behandelt, das waren 11 mehr als am Freitag.
Auf den Intensivstationen lagen 92 Patienten, 6 mehr als am Freitag.

Der Direktor der Klinik für Intensivmedizin des Universitätsklinikums
Hamburg-Eppendorf (UKE), Stefan Kluge, sprach sich mit Blick auf die
Infektionszahlen für einen harten Lockdown aus. «Selbst mit diesen
Beschränkungen, die jetzt ja noch gelten, kriegen wir das nicht in
den Griff. Dieser Anstieg jeden Tag - der wird immer schlimmer»,
sagte der Mediziner am Montagabend dem «Hamburg Journal» im
NDR-Fernsehen. Sogar mit einem harten Lockdown werde der «Bremsweg
mehrere Wochen lang» sein.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte den Senat vor zu hohen
Erwartungen. «Ausgangssperren können ein sinnvolles Mittel zur
Kontaktvermeidung sein, die Durchsetzung ist aber sehr
personalintensiv», erklärte der Hamburger GdP-Chef Horst Niens. Es
werde zu zahlreichen Konflikten kommen. Schon jetzt sinke die
Bereitschaft vieler Menschen, sich an die sogenannten AHA-Regeln zu
halten. «Wir werden diese Sperren durchsetzen, aber das wird
möglicherweise auch nicht immer friedvoll ablaufen. Vielleicht kommt
es auch zu zahlreichen Ingewahrsamnahmen», sagte Niens.

Fegebank räumte ein, dass sie Ausgangsbeschränkungen eine Woche zuvor
noch kritisch gesehen habe. Sie habe damals vor allem den
psychologischen Effekt im Blick gehabt. Bei der jetzigen Diskussion
spielten aktuelle Studien etwa von der Universität Oxford eine Rolle,
die eine gewisse Wirkung von Ausgangssperren darlegten.

Vor einer Woche, nach dem Beschluss zur verlängerten Osterruhe, hatte
Fegebank erklärt, der Senat habe sich gegen Ausgangsbeschränkungen
entschieden, «weil das doch ein unverhältnismäßiger Eingriff in die

Freiheit darstellt, vor allem wenn man sich anguckt, dass der eine
oder andere dann doch nach Mallorca oder auf andere Urlaubsinseln
fliegt».

Der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate (71) warnte vor den
Folgen des Lockdowns für die mittelständische Wirtschaft und
kritisierte die staatlichen Maßnahmen als verfassungswidrig. «Die
Maßnahmen schlagen dem in Art. 14 des Grundgesetzes garantierten
Schutz des Eigentums ins Gesicht», schrieb der renommierte Anwalt in
einem Beitrag für das «Hamburger Abendblatt» (Dienstag). Die
Inzidenzzahlen seien wenig aussagekräftig. «Man muss kein
Mathematiker sein, um derartige statistische Spielchen als Grundlage
der allgemeinen Panikmache abzulehnen», erklärte Strate.

In der vergangenen Woche hatte der Senat den Lockdown bis zum
18. April verlängert. Aufgrund eines Gerichtsurteils wurde das Mitte
Dezember eingeführte Verbot von Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit
weitgehend aufgehoben. Es gilt jetzt nicht mehr in der gesamten
Stadt, sondern nur dort, wo Menschenansammlungen drohen.

Die seit dem 20. März geltende «Notbremse» blieb unverändert.
Weiterhin dürfen sich in Hamburg die Angehörigen eines Haushalts mit
nur einer weiteren Person treffen. Kinder werden dabei nicht
mitgezählt. Geschäfte dürfen nur öffnen, wenn sie Güter des täg
lichen
Bedarfs, Bücher oder Blumen verkaufen. Schulen und Kitas halten ihr
eingeschränktes Angebot aufrecht.