Datenschützerin Hansen ärgert sich über Vorurteile

Mehr Datenschutz-Beschwerden, mehr Datenpannen: Die Corona-Pandemie
hält auch Schleswig-Holsteins Datenschützer auf Trab. ULD-Chefin
Hansen wehrt sich in ihrer Bilanz gegen den Vorwurf, Datenschutz
gefährde die Pandemie-Bekämpfung.

Kiel (dpa/lno) - Mehr Datenschutz kann nach Ansicht von
Schleswig-Holsteins oberster Datenschützerin Marit Hansen auch in der
Bekämpfung der Corona-Pandemie zu besseren Lösungen führen. «Wer
darauf verzichtet, riskiert nicht nur Pannen oder Datenmissbrauch,
sondern setzt jegliches Vertrauen aufs Spiel», sagte die Leiterin des
Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) am Dienstag in
Kiel.

Datenschutz sei gerade in Krisenzeiten wichtig und dürfe keinesfalls
als «lästiges und verzichtbares Anhängsel» wahrgenommen werden.
Hansen wehrte sich in diesem Zusammenhang gegen Vorwürfe, Datenschutz
verhindere die Bekämpfung der Corona-Pandemie. «Mit Sorge sehe ich,
dass den Datenschutzbeauftragten vor Ort in einigen Fällen die Arbeit
schwergemacht wird und sie für ihre Stellungnahmen angegriffen
werden», sagte Hansen. «Das ist nicht in Ordnung.

Die Erfassung von Kontakten beim Einlass in Restaurants und
Geschäfte oder auch Fragebögen - Corona beschäftigte im vergangenen
Jahr Hansen und ihr Team in vielfältiger Weise. «Wieder mehr
Beschwerden, wieder mehr Datenpannen und vor allem mehr Angriffe auf
den Datenschutz», bilanzierte sie. Ihr Tätigkeitsbericht führt für

das vergangene Jahr 1219 Verfahren nach Beschwerden Betroffener auf.
Das entspricht einem Anstieg um gut ein Viertel (plus 27 Prozent)
gegenüber 2019. 278 weitere Verfahren gab das ULD mangels
Zuständigkeit an andere Aufsichtsbehörden weiter.

Außerdem wurden im Norden 406 Datenpannen gemeldet. Das entsprach
einem Anstieg um 16 Prozent im Vorjahresvergleich. Eine leichte
Zunahme gab es auch bei solchen Pannen im Homeoffice. In einem Fall
hatte ein Mitarbeiter ein Programm zur Fernnutzung auf
Dienstcomputern einer Filiale installiert, um von zu Hause aus darauf
zugreifen zu können. Der Mitarbeiter war jedoch ohne Wissen seines
Arbeitgebers ins Homeoffice gewechselt. Folge: Die E-Mails von Kunden
landeten in seinem privaten Mail-Account.

Hansen warnte vor Umgehungsstrategien. «An den Arbeitsplätzen, die
für das Homeoffice geeignet sind, muss ein datenschutzkonformes und
sicheres Verfahren etabliert sein.»

Fragen warf auch die in den Corona-Verordnungen des Landes
eingeführte Pflicht etwa für Gastronomen zur Erfassung der
Kontaktdaten ihrer Gäste auf. Typische Verstöße dagegen waren
ausgelegte Listen, in denen Gäste die Daten anderer Besucher sehen
konnten. Als Beispiel für die Folgen führte das ULD die Nutzung der
Daten für Marketing-Aktionen, die persönliche Kontaktaufnahme bei
Beschwerden oder auch Flirtversuche per Messenger auf.