Berlin setzt Impfungen mit Astrazeneca bei Menschen unter 60 aus

Impfungen mit Astrazeneca für Menschen unter 60 Jahren sind in Berlin
vorerst gestoppt. Auch die landeseigenen Kliniken reagieren auf Fälle
von Hirnvenenthrombosen in Deutschland.

Berlin (dpa) - Das Land Berlin setzt die Corona-Impfungen mit dem
Wirkstoff des Herstellers Astrazeneca für Menschen unter 60 Jahren
vorsorglich aus. Das gab Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci
(SPD) am Dienstag bekannt und verwies auf neue Daten über
Nebenwirkungen. Sie bezeichnete dies als «Vorsichtsmaßnahme».
Entsprechende Termine in Impfzentren werden Kalayci zufolge erst
einmal abgesagt. Das Land wolle nun die Beratungen auf Bundesebene
und Stellungnahmen der Fachleute wie des Paul-Ehrlich-Instituts
abwarten.

Auch die Kliniken Charité und Vivantes in der Hauptstadt stoppten bis
auf Weiteres die Impfungen mit Verweis auf Fälle von
Hirnvenenthrombosen in Deutschland. Die Aussetzung der Impfungen gilt
bei den Kliniken für Frauen unter 55 Jahren. Das betrifft vor allem
die eigene Belegschaft. Die Sprecherin der Charité, Manuela Zingl,
sagte am Dienstag: «Dieser Schritt ist aus Sicht der Charité
notwendig, da in der Zwischenzeit weitere Hirnvenenthrombosen bei
Frauen in Deutschland bekannt geworden sind.»

In Nordrhein-Westfalen sprachen sich auch die Leiter von fünf der
sechs Uni-Kliniken für einen vorläufigen Stopp von Impfungen jüngerer

Frauen mit Astrazeneca aus. Das Risiko von weiteren Todesfällen sei
zu hoch, heißt es in einem gemeinsamen Brief an den Bundes- und
Landesgesundheitsminister, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Berliner Charité-Sprecherin Zingl betonte, dass in der Charité
keine Komplikationen nach Impfungen mit Astrazeneca aufgetreten
seien. Diese wolle jedoch vorsorglich agieren und abschließende
Bewertungen abwarten. Die Charité habe in der Pandemie bisher rund
16 000 Erst- und Zweitimpfungen an ihr Personal verabreicht. «Davon
entfiel der größte Teil auf Astrazeneca», sagte Zingl.

Deutschland - und zahlreiche andere Staaten - hatten die Impfung mit
dem Astrazeneca-Stoff im März vorübergehend ausgesetzt, weil mehrere

Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem
Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. Mittlerweile wird der
Impfstoff wieder verabreicht. Die Europäische Arzneimittel-Agentur
Ema hatte die Sicherheit des Vakzins bekräftigt, auch die Ständige
Impfkommission in Deutschland hatte sich für eine weiteren Einsatz
den Mittels ausgesprochen.

Der Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen hatte bereits am Montag
die Corona-Schutzimpfung von Frauen unter 55 mit dem Wirkstoff von
Astrazeneca vorläufig gestoppt. Nachdem eine geimpfte Frau (47)
vergangene Woche gestorben war, sei dem Kreis nun der Verdacht auf
«eine schwerwiegende Erkrankung» einer 28-Jährigen nach der Impfung
mit Astrazeneca gemeldet worden, hieß es. Beide hatten laut Kreis
eine Sinusvenenthrombose erlitten.

In Deutschland sind bislang 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach
Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca bekannt, wie das
Paul-Ehrlich-Institut am Dienstag berichtete. Bis Montagmittag (29.
März) waren dem Institut 31 Fälle gemeldet worden, in 19 Fällen wurde

zusätzlich eine Thrombozytopenie gemeldet. In neun Fällen war der
Ausgang tödlich, wie das für die Sicherheit von Impfstoffen
zuständige Institut in Langen berichtete.

Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen laut PEI alle Meldungen Frauen
im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die beiden Männer waren 36 und 57
Jahre alt. Laut Impfquotenmonitoring des Robert-Koch-Instituts wurden
bis einschließlich Montag 2,7 Millionen Erstdosen und 767 Zweitdosen
von Astrazeneca verimpft.