Stegner: Impfen, was Beine hat

Kiel (dpa) - Beim Impfen gegen das Coronavirus sollte aus Sicht des
SPD-Politikers Ralf Stegner die Priorisierung nach bestimmten Gruppen
entfallen. «Im Kern sollten wir jetzt sagen: Impft, was Beine hat!»,
sagte der Kieler SPD-Fraktionschef der Deutschen Presse-Agentur.
«Gebt den Impfstoff in die Arztpraxen und zu den Betriebsärzten - da
geht das viel schneller.» Zu ermitteln, ob jemand zum falschen
Zeitpunkt geimpft wurde, koste unvertretbar viele Ressourcen. «Wir
müssen Dampf machen, um mehr Impfstoff zu bekommen und zugleich
bürokratische Hemmnisse abbauen.»

Das Impfen besonders schützenswerter Menschen in Heimen sei ja
weitgehend abgeschlossen, sagte Stegner. Wer darüber hinaus noch
schnell geimpft werden sollte, könnte dazu eingeladen werden, sagte
Stegner. «Und die Hausärzte wissen doch genau, wer von ihren
Patienten besonders schnell rankommen muss.»

«Wären wir beim Impfen schneller, müssten wir nicht über komplizier
te
Regeln für das Einkaufen oder die Gastronomie reden», sagte Stegner,
der im Herbst für den Bundestag kandidiert. Wenn Anreize für
Unternehmen dazu führen könnten, die Impfstoffproduktion anzukurbeln,
sollte man diese Anreize auch schaffen. Zudem könnten Notzulassungen
für Impfstoff wie von Curevac und Johnson & Johnson helfen. Dies
würde ja nicht bedeuten, fragwürdige Medikamente zuzulassen. «Wir
haben bisher grob versagt beim Impfen», urteilte Stegner.

Der politischen Führung in Deutschland fehle nach einem Jahr Pandemie
eine Strategie, sagte Stegner. Statt erst eine Teststrategie
aufzustellen und dann Maßnahmen zu lockern, habe man es umgekehrt
gemacht. Das Hin und Her bei Maßnahmen und das klägliche Bild der
jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz trügen nicht dazu bei, die
Akzeptanz der Bevölkerung für einschränkende Maßnahmen zu erhalten.

Es bestehe die Gefahr, dass Demokratiefeinde davon profitieren, wenn
die Handlungsfähigkeit des Staates in Zweifel gerät.