Schlimmstes Geschäftsjahr der Nachkriegsgeschichte am Airport Hamburg Von Markus Klemm, dpa

Bislang galt der Flughafen Hamburg fast als eine Lizenz zum
Gelddrucken. Doch dann kam die Corona-Pandemie - und aus den seit
mindestens 25 Jahren regelmäßig erwirtschafteten Gewinnen wurde
plötzlich ein dickes Minus.

Hamburg (dpa/lno) - Nach dem coronabedingt schlimmsten Geschäftsjahr
der Nachkriegsgeschichte rechnet der Hamburger Flughafen auch in
diesem Jahr mit massiven Verlusten. Unabhängig von möglichen
Bundeshilfen geht er für 2021 von einem Defizit von rund 90 Millionen
Euro aus, wie Flughafenchef Michael Eggenschwiler am Montag sagte.
«Wir bleiben aber auf Kurs, dass wir 2023 wieder an die schwarze Null
herankommen wollen.»

Im vergangenen Jahr hatten die Pandemie und die damit verbundenen
Reise-Einschränkungen Deutschlands ältesten Flughafen erstmals seit
mindestens 25 Jahren ins Minus gestürzt. Nach einem Gewinn von 32,2
Millionen Euro im Jahr 2019 verbuchte der Airport ein Minus von 113
Millionen Euro.

Die Zahl der Passagiere brach um fast drei Viertel von 17,3 Millionen
auf 4,56 Millionen ein. «Das sind Passagierzahlen wie wir sie 1984
zuletzt hatten», sagte Eggenschwiler. Der schlimmste Monat sei der
April gewesen. Am Karsamstag (11. April) «hatten wir den Tag der
absolut tiefsten Passagierzahlen». Gerade einmal 177 Menschen hätten
an dem Tag ein Flugzeug genutzt. Üblicherweise wird der
Helmut-Schmidt-Flughafen über Ostern von täglich 50 000 Passagieren
bevölkert.

Bei den Starts und Landungen gab es einen Einbruch von 155 200 auf
66 300. Am stärksten betroffen war den Angaben zufolge der Linien-
und Touristikverkehr, der einen Rückgang um 63 Prozent auf rund
52 100 Flüge verkraften musste. Einzig bei der Luftfracht habe es
geringere Einbrüche gegeben. «Das waren natürlich auch medizinische
Versorgungsflüge», sagte Eggenschwiler.

Alle Hoffnungen des Flughafens lägen nun auf dem Sommergeschäft -
wobei die erwartete Passagierzahl für 2021 wegen des miserablen
ersten Quartals sowie des erneut bescheidenen Ostergeschäfts bereits
um eine Million auf 7,5 Millionen gesenkt worden sei. Bis Ende März
seien gerade einmal 275 000 Passagiere gezählt worden. «Das sind rund

8,5 Prozent dessen, was wir 2019 vergleichbar hatten.»

«Ich hoffe, dass wir im Sommer wieder werden reisen können», sagte
der Flughafenchef. Corona-Tests für die Passagiere statt Quarantäne
seien dazu das richtige Mittel. Noch in dieser Woche werde der
Flughafen die Test-Kapazitäten ausweiten. Er hoffe auch, dass der auf
europäischer Ebene diskutierte digitale Impfpass kommen werde. «Das
ist genau die richtige Richtung.»

Das Corona-Desaster wirkte sich auch auf die Zahl der Beschäftigten
aus. Der Flughafen wolle zwar auf betriebsbedingte Kündigungen
verzichten, müsse aber bis 2023 rund 200 Stellen abbauen, sagte
Eggenschwiler. 2020 sei die Zahl der Beschäftigten bereits um 120 auf
1992 gesunken. Von ihnen seien 85 Prozent in Kurzarbeit. Im Schnitt
absolvierten sie noch 31 Prozent ihrer vertraglich vereinbarten
Arbeitszeit. «Einzelne sind seit einem Jahr zu fast 100 Prozent in
Kurzarbeit.»

Wegen der Verluste hat der Flughafen Investitionen heruntergefahren.
Statt geplanter knapp 116 Millionen seien nur 52,7 Millionen Euro in
die Hand genommen worden, unter anderem für die Fertigstellung des
Vorfelds 1 sowie für die Gepäckbeförderungsanlage und die
Sicherheitskontrolle. Gestoppt worden sei unter anderem der Bau von
neuen Parkpositionen und Passagierzugängen.

Wenigstens eine erfreuliche Sache gibt es aus Sicht des Flughafens
aber: Trotz aller Widernisse wolle der Airport sein 2009 gestartetes
Umweltprogramm vollständig erfüllen und spätestens ab Ende des Jahres

CO2-neutral wirtschaften. Eggenschwiler sagte, er sei stolz, «dass
wir fast 100 Prozent unserer Fahrzeugflotte schon auf alternative
Kraftstoffe umgestellt haben».