Schuldspruch im Prozess um tödliche Schlankheits-Pillen in Frankreich

Paris (dpa) - Im spektakulären Strafprozess um gefährliche
Schlankmacher-Pillen in Frankreich ist der Pharmahersteller Servier
zu einer Geldstrafe in Millionenhöhe verurteilt worden. Der
Hersteller wurde am Montag in Paris der schweren Täuschung sowie
fahrlässiger Körperverletzung und Tötung für schuldig befunden und

soll 2,7 Millionen Euro zahlen, wie aus dem Urteil hervorgeht. Die
Staatsanwaltschaft hatte eine deutlich höhere Strafe gefordert. Ein
ehemaliger Topmanager des Herstellers wurde zu vier Jahren Gefängnis
auf Bewährung verurteilt. Fällig werden außerdem knapp 160 Millionen

Euro Entschädigung an die Opfer. Die sogenannte Mediator-Affäre gilt
als einer der größten französischen Gesundheitsskandale.

Der Prozess hatte bereits im Herbst 2019 begonnen. Die Pillen von
Servier könnten allein in Frankreich den Tod von mindestens 500
Patienten verursacht haben - zu diesem Schluss kam eine Studie der
Aufsichtsbehörde für Medikamenten-Sicherheit schon vor langer Zeit.
Das Mittel soll unter anderem Herz- und Kreislaufschäden
hervorgerufen haben. Das Medikament Mediator ist seit Jahren in
Frankreich nicht mehr auf dem Markt, in Deutschland wurde es nicht
verkauft. Servier hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Servier
hatte Mediator Mitte der 70er-Jahre als Diabetes-Medikament auf den
Markt gebracht. Es wurde aber auch häufig Übergewichtigen als
Hungerzügler verschrieben.

«Obwohl sie die Risiken seit vielen Jahren kannten, (...) haben sie
nie die notwendigen Maßnahmen ergriffen und damit die Verbraucher
getäuscht», sagte die Richterin bei der Urteilsverkündung der
französischen Nachrichtenagentur AFP zufolge über den
Pharmahersteller. Dieser wurde allerdings vom Vorwurf des Betrugs
freigesprochen. Auch die nationale Agentur für Arzneimittelsicherheit
ist zu einer Geldstrafe von 300 000 Euro verurteilt worden. Ihr wird
zur Last gelegt, die Aussetzung des Medikaments verzögert zu haben.

«Mein Leben wurde auf den Kopf gestellt (...). Ich finde, sie sind
noch gut davongekommen», reagierte eine Betroffene im Sender France
Bleu auf das Urteil. Mit Blick auf den Schadenersatz sagte
Opferanwalt Charles-Joseph Oudin: «Das ist angesichts der Schwere der
Tat und der lukrativen Natur der Straftaten sehr gering.» Die
Zivilparteien hatten eine deutlich höhere Entschädigung gefordert.
Der Pharmahersteller teilte auf Anfrage mit, in den kommenden Tagen
entscheiden zu wollen, wie man auf das Urteil reagieren werde.