Slowakischer Regierungschef tritt zurück - Wechsel mit Finanzminister

Mit seinem Rücktritt ebnet der slowakische Regierungschef Matovic den
Weg aus einer monatelangen Regierungskrise. Damit dürfte die
bisherige Vier-Parteien-Koalition trotz mehrerer Ministerwechsel im
Amt bleiben.

Bratislava (dpa) - Der slowakische Ministerpräsident Igor Matovic hat
am Sonntag überraschend angekündigt, zugunsten von Finanzminister
Eduard Heger zurückzutreten. Er selbst werde dafür dessen Funktion
übernehmen. Der Wechsel an der Regierungsspitze wurde nach Beratungen
der Parteichefs von drei der vier Koalitionsparteien gemeinsam in
Bratislava bekannt gegeben. Eine seit Wochen anhaltende
Regierungskrise könnte damit vorerst gelöst sein.

Der 44 Jahre alte Heger, der zur Matovic-Bewegung Gewöhnliche Leute
und unabhängige Persönlichkeiten OLaNO gehört, kündigte Gespräche
mit
allen bisherigen Koalitionsparteien an. Danach wolle er bereits am
Montag Staatspräsidentin Zuzana Caputova treffen, der gemäß
Verfassung die Ernennung eines neuen Regierungschefs zusteht. Der
ausgebildete Marketingexperte Heger wird dem christlich-konservativen
Flügel der OLaNO zugerechnet.

Zunächst als einzige Koalitionspartei nicht an der Vereinbarung
beteiligt war die liberale Partei Freiheit und Solidarität SaS. Am
Sonntagabend kündigte aber auch sie in einer Stellungnahme gegenüber
der staatlichen Nachrichtenagentur TASR an, Heger als Regierungschef
zu unterstützen. Eine knappe Parlamentsmehrheit hätten die drei
anderen Regierungsparteien auch ohne SaS.

Die Vierparteien-Koalition war im Streit um die Corona-Politik in
eine schwere Krise geraten. Im Zuge des Streits hatten zuletzt sechs
der 16 Regierungsmitglieder innerhalb weniger Tage ihre Ämter
niedergelegt. Die beiden kleineren Koalitionsparteien SaS und Für die
Menschen (Za ludi) warfen dem ehemaligen Medienunternehmer Matovic
Selbstherrlichkeit vor und gaben ihm die Hauptschuld daran, dass die
Slowakei zuletzt im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr Corona-Tote
verzeichnete als fast jedes andere Land der Welt.

Ein Streitpunkt war auch, dass Matovic gegen einen Beschluss der
eigenen Regierung den Impfstoff Sputnik V aus Russland bestellte und
die erste Lieferung persönlich am Flughafen abholte. Das Hauptproblem
sei aber nicht Sputnik V, sondern der «unerträgliche Regierungsstil»

von Matovic, betonten seine koalitionsinternen Kritiker wiederholt.
Matovic hatte bereits vor einer Woche seinen Rücktritt angeboten,
dafür aber mehrere Bedingungen gestellt. Unter anderem sollten alle
seine koalitionsinternen Kritiker vorher die Regierung verlassen.