Demonstrationen von Corona-Kritikern in Sachsen trotz Verboten

Die Proteste von Corona-Kritikern reißen trotz steigender Infektionen
nicht ab. Am Freitag und Samstag gab es erneut in mehreren Städten
Ansammlungen. In Chemnitz, aber auch in Dresden mussten sich
Polizisten mit hunderten unerlaubt Protestierenden beschäftigen.

Chemnitz/Dresden/Scharzenberg (dpa/sn) - Mehrere hundert Menschen
haben in Sachsen am Samstag erneut gegen Corona-Schutzmaßnahmen
demonstriert. Nicht alle der Kundgebungen waren erlaubt. Trotz eines
Verbots kam es in der Chemnitzer Innenstadt zu Ansammlungen, wobei in
einem Fall mutmaßliche Rechtsextremisten auch Polizisten
attackierten. Nach Angaben der Polizei wurden eine Flasche und ein
Beutel gegen Beamte geschleudert. Den Flaschenwerfer habe man auch
identifizieren können, sagte eine Polizeisprecherin.

Insgesamt zählte die Polizei laut einer Mitteilung am Abend fünf
Straf- und 40 Ordnungswidrigkeitsanzeigen in Chemnitz. Gegen den
29-Jährigen, der die Flasche geworfen haben soll, wird wegen Angriffs
auf Vollstreckungsbeamte ermittelt, außerdem wegen Bedrohung und
Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen,
nachdem er einen Hitlergruß zeigte. Ein 22-Jähriger soll zudem einen
Polizisten gestoßen haben.

Bis zu 200 Menschen versammelten sich in der Spitze trotz eines
Verbots auf dem Neumarkt, von denen eine Gruppe von 25 Menschen
«lenkend agiert» habe. Laut Augenzeugen hielt die Polizei eine Gruppe
von etwa 20 bis 30 Leuten in Schach und nahm die Personalien auf.
Bei der Aufnahme ihrer Personalien kam es zu den Angriffen auf die
Beamten. 20 Menschen seien in Unterbindungsgewahrsam genommen worden.

Eine Kundgebung von Kritikern der Corona-Maßnahmen war am Samstag
ebenso wie eine Gegendemonstration von der Stadt Chemnitz wegen der
hohen Infektionszahlen verboten worden. Das Robert Koch-Institut in
Berlin wies für Chemnitz am Samstag eine Sieben-Tage-Inzidenz von
238,3 aus. Damit gehört die Stadt zu den fünf Regionen in Sachsen,
bei denen die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen
einer Woche derzeit bei über 200 liegt. Spitzenreiter ist schon seit
Tagen das Vogtland - am Samstag mit einer Inzidenz von 406,2.

Die Anmelder des Bündnisses «Chemnitz steht auf», die gegen die aus
ihrer Sicht überzogenen Maßnahmen und gegen die Einschränkung von
Freiheitsrechten demonstrieren wollten, waren nach dem Verbot durch
die Stadt später mit Eilanträgen sowohl am Verwaltungsgericht
Chemnitz als auch am Oberverwaltungsgericht Bautzen gescheitert. Die
sächsische Polizei hatte sich unabhängig vom Ausgang der juristischen
Auseinandersetzung auf einen Einsatz vorbereitet. Sie wurde dabei
auch von Kollegen aus Thüringen, Baden-Württemberg und der
Bundespolizei unterstützt.

In Schwarzenberg (Erzgebirge) hatten die Behörden gleichfalls eine
Kundgebung in Regie der rechtsgerichteten Partei Freie Sachsen
untersagt. In sozialen Medien wurden potenzielle Teilnehmer
aufgerufen, die am Samstag in Zwickau angemeldeten Demonstrationen zu
besuchen. Nach Angaben eines Polizeisprechers fanden dort drei
Aktionen statt. Am Nachmittag versammelten sich alle Teilnehmer auf
dem Platz der Völkerfreundschaft. Die Polizei bezifferte die Menge
auf etwa 250 Personen und sprach von einem friedlichen Verlauf. In
Schneeberg (Erzgebirgskreis) sprach die Polizei am Samstagabend auf
Twitter von etwa 100 Menschen «in polizeilichen Maßnahmen», nachdem
sie sich zuvor angesammelt hätten.

In Dresden kamen am Samstagnachmittag laut Polizei bis zu 650
Menschen auf dem Neumarkt zusammen und liefen dann durch die
Innenstadt. Die Aktion war nicht angemeldet, es habe zuvor aber
«diffuse Aufrufe» in den sozialen Medien gegeben, die nicht
verifizierbar gewesen seien, teilte die Polizei am Samstagabend mit.
Aufgrund der Teilnehmerzahl seien mehr als 400 Beamte der
Bereitschaftspolizei und der Bundespolizei, die in Chemnitz im
Einsatz waren, zur Unterstützung angefordert worden.

«Als die Einsatzbeamten am Georgplatz gegen 16.20 Uhr auf die
Personengruppe trafen, flüchteten die Protestierenden umgehend in
verschiedenste Richtungen», teilte die Polizei weiter mit. Gegen zwei
Männer im Alter von 30 und 37, die als Wortführer festgestellt worden
seien, wird demnach gegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz
ermittelt. Drei weiteren Menschen müssen sich wegen des Verstoßes
gegen die Corona-Schutz-Verordnung verantworten.

Bereits am Freitagabend hatten sich in Mittweida nach Polizeiangaben
etwa 200 Menschen zum Protest versammelt. Erst nach Aufforderung
durch Ordner hätten sie Abstands- und Hygieneregeln befolgt. Weitere
Kundgebungen zu den Lockdown-Maßnahmen gab es auch in Hohndorf mit 90
Beteiligten und in Lugau mit 120 Teilnehmer (Erzgebirgskreis). In
beiden Orten hätten sie sich an Hygienebestimmungen gehalten, hieß
es.