Neue Greifswalder Rektorin setzt auf Kommunikation und größeres Team Von Christopher Hirsch, dpa

Kommende Woche übernimmt Katharina Riedel als neue Rektorin der
Universität Greifswald ein Jahrhunderte altes Amt. Die Mikrobiologin
will für bessere Kommunikation sorgen und findet dafür im eigenen
Fachbereich Inspiration.

Greifswald (dpa/mv) - Für ihre Arbeit als neue Rektorin der
Universität Greifswald kann Katharina Riedel auch auf ihr Wissen als
Mikrobiologin zurückgreifen. «Bakterien können sich über kleine
Signalmoleküle austauschen und wir wissen, wenn diese Kommunikation
gut funktioniert, sind sie besonders schlagkräftig», sagte sie mit
einem Augenzwinkern der Deutschen Presse-Agentur in Greifswald.
Kommunikation und Transparenz hat sich Riedel auch als
Hochschulpolitikerin auf die Fahnen geschrieben.

Am 1. April tritt die 52-Jährige ihr Amt als neue Rektorin an. Sie
übernimmt den Posten von Johanna Weber, die das Amt seit 2013
innehatte. Ihre Nachfolgerin stammt aus dem Allgäu und hatte 2011 in
Greifswald den Lehrstuhl für Mikrobiologie übernommen. Seit 2013 ist
sie Geschäftsführende Direktorin des Instituts. Bereits seit 2017 ist
sie als Prorektorin für Forschung und Transfer sowie internationale
Angelegenheiten und Gleichstellung Mitglied des Rektorats.

«Wir wollen die Leute mitnehmen», sagte Riedel. Sie habe es häufig
erlebt, dass Beschlüsse etwa von Studierenden kritisiert wurden, «und
wenn man dann den Studierenden aber nahegelegt hat, wie das zustande
gekommen ist, was die Gründe dafür sind, dann ist durchaus
Verständnis da». Deshalb hat sich Riedel für eine studentische
Vertretung im Rektorat eingesetzt. Die Wahl dieses vierten Prorektors
ist allerdings im März im dritten Wahlgang gescheitert. «Was ich
extrem schade finde», wie Riedel sagte. Man könne es später noch
einmal versuchen.

Auch wenn es zunächst keinen studentischen Prorektor gibt, erhält das
Rektorat Zuwachs. Statt wie bisher ein Prorektor und eine Prorektorin
unterstützen die Rektorin künftig zwei Prorektorinnen und ein
Prorektor. Bisher war die Arbeit, die zu Krisenzeiten wie der
Corona-Pandemie mehr werde, auf wenige Schultern verteilt, sagte
Riedel. Insofern freue sie sich über den Zuwachs.

Der Bioinformatiker Lars Kaderali, der im Zuge der Corona-Pandemie
als Statistik-Experte öffentlich bekannt geworden ist, wird die
Bereiche Forschung, Digitalisierung und Transfer als Prorektor
verantworten. Er kenne Riedel seit mehreren Jahren aus der
gemeinsamen wissenschaftlichen Arbeit. Er habe sie «immer als
zielorientiert, aber sehr angenehm in der Zusammenarbeit im Team und
als sehr kollegial erlebt» und freue sich auf die Zusammenarbeit.

Positive Rückmeldung kommt auch von Studierendenseite: Kira studiert
Humanbiologie und hat Riedel als Professorin kennengelernt. «Sie
behandelt einen nicht von oben herab, sondern begegnet einem stets
auf Augenhöhe mit Freundlichkeit und mit Respekt», lobte die
Studentin. Sie glaube, das schätzten viele an Riedel. Gerade in den
frühen Vorlesungen mit 100 Studierenden habe sie keinen anderen
Professor gehabt, der so hilfsbereit gewesen sei.

Während der Corona-Pandemie die Steuerung einer Universität zu
übernehmen, sei «vielleicht ein bisschen verrückt», gab Riedel zu.

Sie verwies allerdings auf ihr «gutes Team» im Rektorat. Mit Blick
auf die Pandemie sei es umso wichtiger, aktiv zu werden. Dazu gehöre
etwa der Ausbau eines Technik-Pools mit Geräten etwa für Studierende
oder auch Schulungen für Lehrpersonal zum digitalen Arbeiten. Auch
der rechtliche Rahmen für digitale Prüfungen müsse verbessert werden.


Die Universität soll zudem mehr internationale Studierende anlocken.
Dazu etabliere man eine Reihe internationaler Studiengänge, sagte
Riedel. Hinzu kämen neue Studiengänge, die besonders zukunftsweisend
seien etwa im Bereich Datenanalyse. Zur Stärkung des
Forschungsstandortes soll zudem die Gründung des Helmholtz-Instituts
in Greifswald beitragen, dessen kommissarische Gründungsdirektorin
Riedel ist.

Unter dem Titel «One Health» (deutsch: eine Gesundheit) soll hier der
Zusammenhang zwischen einer gesunden Umwelt, gesunden Tieren und
menschlicher Gesundheit erforscht werden, wie Riedel erklärt. «Wir
haben jetzt gerade gesehen mit Corona, wie wichtig es ist, diese
Zusammenhänge zu erkennen.» Es gebe kaum Infektionskrankheiten, die
nicht tierischen Ursprungs seien. Beteiligt sind auch die
Universitätsmedizin Greifswald und das Friedrich-Loeffler-Institut.
Mit der Kooperation könne man mittel- bis langfristig möglicherweise
auch bei der Bundesexzellenzinitiative punkten, hofft Riedel.

Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) bezeichnete Riedel als
«hervorragende Nachfolgerin» für die scheidende Rektorin Weber und
zeigte sich erfreut darüber, dass erneut eine «starke Frau» an der
Spitze der Universität stehe. «Mit ihrem Profil wird es der neuen
Rektorin gut gelingen, einen noch stärkeren Fokus auf Frauenförderung
und Genderforschung zu legen.» Die Universität Greifswald bezeichnete
Martin als wichtigen Motor für Innovation und Entwicklung des Landes.

Mit einer Jahrhunderte alten Tradition muss in diesem Jahr
coronabedingt gebrochen werden. Katharina Riedel kann zur
Amtsübergabe nicht wie sonst üblich im Rahmen der sogenannten
Investitur vor großem Publikum in den Rektormantel eingekleidet
werden. Die feierliche Amtsübergabe soll stattdessen in kleinem
Rahmen stattfinden. Die Naturwissenschaftlerin sieht das pragmatisch:
«Wir versuchen, das Beste daraus zu machen.»