WHO bittet um Impfdosen für arme Länder

Genf (dpa) - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat reiche Länder
aufgerufen, so schnell wie möglich Impfstoffdosen für ärmere Staaten

zu spenden. Innerhalb der nächsten Tage seien zehn Millionen Dosen
erforderlich, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am
Freitagabend in Genf. Dann könnten auch 20 Länder, die ansonsten bis
Anfang April nicht beliefert würden, mit Impfungen starten. «Es gibt
jede Menge Länder, die es sich ohne großen Einfluss auf ihre eigenen
Impfkampagnen leisten könnten, Impfdosen zu spenden.»

Das Projekt Covax, das vor allem ärmere Länder mit Impfstoffen
versorgen soll, hat große Schwierigkeiten mit dem Nachschub. Ein
Problem sind Exportkontrollen in Indien, wo ein erheblicher Anteil
produziert wird. Wegen steigender Infektionszahlen will Indien mehr
Impfstoff für die eigene Bevölkerung nutzen.

Covax wollte bis Mai eigentlich 237 Millionen Impfdosen an mehr als
100 Länder liefern. Fast die Hälfte davon sollte vom Serum-Institut
in Indien kommen, das Astrazeneca-Impfstoff produziert. 90 Millionen
Dosen, die zur Auslieferung im März und April vorgesehen waren,
verzögern sich wegen der Kontrollen.

Tedros zeigte aber Verständnis. Indien brauche den Impfstoff selbst,
sagte der WHO-Chef. Man hoffe auf eine Lösung, damit sowohl die
dortige Bevölkerung als auch Menschen in anderen Ländern versorgt
werden könnten. Tedros kritisierte Länder und Staatengemeinschaften,
die Impfstoff direkt bei Herstellern bestellt haben.
«Impfnationalismus» habe den Markt verzerrt.

Die WHO zeigte sich zudem besorgt, dass kriminelle Banden die hohe
Nachfrage ausnutzen könnten. Gesundheitsministerien mehrerer Länder
hätten verdächtige Angebote erhalten, sagte Tedros. Andernorts würden

gelieferte Impfdosen abgezweigt und separat verkauft. Dabei sei
unklar, ob Kühlketten eingehalten werden. Außerdem würden leere
Ampullen mit gefälschten Produkten wieder gefüllt. Tedros mahnte, nur
Impfdosen von staatlichen Programmen zu beziehen.