Gericht erklärt mehrere alte Corona-Regelungen für verfassungswidrig

In hohem Takt hat Sachsen-Anhalts Landesregierung seit Beginn der
Pandemie Landesverordnungen zur Eindämmung des Coronavirus erlassen.
Jetzt hat das Verfassungsgericht mehrere Regelungen geprüft und zwei
Entscheidungen vorgelegt.

Dessau-Roßlau (dpa/sa) - Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt
hat mehrere Regelungen aus der achten Corona-Landesverordnung des
vergangenen Jahres als verfassungswidrig und nichtig eingestuft. Es
habe Eingriffe in Grundrechte gegeben, zu denen die Landesregierung
nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz nicht ermächtigt gewesen sei,
erklärte das Gericht am Freitag in Dessau-Roßlau. Zu den als
verfassungswidrig eingestuften Regelungen gehörten demnach
Beschränkungen privater Feiern, das Beherbergungsverbot, das
Busreiseverbot und die flächendeckende Schließung von Gaststätten.

Bei der Prüfung der neunten Corona-Landesverordnung aus dem Winter
kamen die Richterinnen und Richter zu dem Ergebnis, dass nahezu alle
angegriffenen Regelungen verfassungsrechtlich gerechtfertigt waren.
Eine Änderung des Bundesinfektionsschutzgesetzes habe den
Landesgesetzgeber zu den Grundrechtseingriffen ermächtigt. Allein das
Verbot des Alkoholausschanks und -konsums in der Öffentlichkeit wurde
beanstandet. Mit Blick auf die achte Verordnung bemängelten die
Richterinnen und Richter im mehreren Punkten eine fehlende Klarheit
und Verständlichkeit von Formulierungen. In der neunten Verordnung
sahen sie diese aber nicht mehr.

Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion sowie ein fraktionsloser
Abgeordneter hatten sich mit Normenkontrollklagen gegen verschiedene
Regelungen aus der achten und der neunten
Corona-Eindämmungsverordnung vom Herbst und Winter gewandt. Der
AfD-Fraktionsvorsitzende Oliver Kirchner sagte nach den Urteilen, für
ihn sei es ein Erfolg gewesen. «Wir sind unserem Oppositionsauftrag
nachgekommen, hier nachzubessern, und der Landesregierung die
handwerklichen Fehler vorzuhalten.»

Direkte Auswirkungen auf die aktuellen Regelungen gibt es einer
Gerichtssprecherin zufolge nicht, weil zwischenzeitlich sowohl das
Infektionsschutzgesetz wie auch die Landesverordnungen geändert
worden seien. Folgen könnte es aber für Ordnungswidrigkeitsverfahren
geben, die auf der Grundlage der damals geltenden Regeln beruhten.
Die Landesverordnungen, mit deren Regelungen die Verbreitung des
Virus eingedämmt werden soll, gelten stets nur für eine klar
begrenzte Zeit.

Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) erklärte,
Grundrechtseingriffe müssten einer Überprüfung standhalten. «Die
Urteile zeigen, dass es richtig und wichtig war, dass der Bund mit
der Schaffung des neuen Paragraphen 28 a im Infektionsschutzgesetz
eine tragfähige Rechtsgrundlage für die
Corona-Eindämmungsverordnungen der Länder geschaffen hat.» Die
Regelung führe jetzt konkret auf, welche Beschränkungen erlassen
werden dürften.

Auch gegen die aktuelle, aber nur noch bis Sonntag geltende
Landesverordnung klagt die AfD bereits. Für die mündliche Verhandlung
gibt es allerdings noch keinen Termin, wie die Sprecherin des
Verfassungsgerichts sagte.