Spahn: Zu Ostern idealerweise nur draußen mit anderen treffen

Die Corona-Zahlen steigen wieder - bundesweit. Gesundheitsminister
Jens Spahn mahnt mit Blick auf Ostern zur Vorsicht und erinnert an
die zwischen Bund und Ländern vereinbarte «Notbremse». Ein Land will

diese nun doch nicht ziehen - trotz rasant steigender Zahlen.

Berlin (dpa) - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die Bürger
vor den Osterfeiertagen gebeten, sich idealerweise nur draußen mit
anderen zu treffen. Das Eindämmen von Ansteckungen bleibe auch bei
anziehenden Impfungen wichtig. Momentan stiegen die Zahlen zu
schnell, und die ansteckenderen Virusvarianten machten die Lage
besonders gefährlich, sagte der CDU-Politiker am Freitag in Berlin.
«Wenn das so ungebremst weitergeht, laufen wir Gefahr, dass unser
Gesundheitssystem im Laufe des April an seine Belastungsgrenzen
kommt.»

Dieses Osterfest sei noch nicht wieder so zu gestalten wie gewohnt,
sagte Spahn. Dafür seien die Infektionszahlen zu hoch. Deutschland
sei wahrscheinlich «im letzten Teil dieses Pandemie-Marathons»
angekommen. Das Ziel sei in Sicht, aber eben noch ein ganzes Stück
weg.

Der Gesundheitsminister rief auch dazu auf, Testmöglichkeiten zu
nutzen. Inzwischen sei ein nahezu flächendeckendes Angebot von mehr
als 10 000 Teststellen in Ländern und Kommunen entstanden. Für alle
Bürger ist mindestens ein kostenloser Schnelltest pro Woche durch
geschultes Personal möglich. Ziel sei, in Schulen und Kitas sowie in
Berufswelt und Betrieben Tests mindestens zweimal pro Woche zu
ermöglichen.

Nordrhein-Westfalen wird trotz rasant steigender Corona-Zahlen ab
Montag doch keine landesweite Corona-Notbremse ziehen. Nur in
Kommunen mit einer Wocheninzidenz über 100 müssen unter anderem
Läden, Sportstätten und Kultureinrichtungen schließen. Das geht aus
der am Freitag veröffentlichten Corona-Schutzverordnung des Landes
hervor. Die betroffenen Kreise und kreisfreien Städte dürfen aber
Ausnahmen für Menschen mit tagesaktuellem negativem Schnell- oder
Selbsttest erlauben.

Bund und Länder hatten am Montag beschlossen, dass die vereinbarte
«Notbremse» bei gestiegenen Corona-Zahlen konsequent umgesetzt werden
müsse, um dem Infektionsgeschehen Einhalt zu gebieten. Das bedeutet,
dass Öffnungen des Einzelhandels, von Museen, Zoos oder Sportanlagen
wieder rückgängig gemacht werden müssen, wenn die
Sieben-Tage-Inzidenz in einem Bundesland oder einer Region an drei
aufeinanderfolgenden Tagen auf über 100 steigt. Dann sollen auch
wieder strengere Kontaktbeschränkungen in Kraft treten.

In NRW liegt die Wocheninzidenz schon seit mehreren Tagen über 100.
Bis Freitag stieg sie nach Zahlen des Landeszentrums Gesundheit (LZG)
auf 121,6. Die wichtige Kennziffer gibt die Zahl der Neuinfektionen
der vergangenen sieben Tage pro 100 000 Einwohner an. Spahn hatte
noch am Freitagvormittag an die Länder appelliert, die «Notbremse»
bei hohem Infektionsgeschehen konsequent anzuwenden.

Der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sagte auf
der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn, dass es vorstellbar sei,
dass es 100 000 Neuinfektionen pro Tag gebe, wenn die dritte Welle
nicht eingedämmt werde. Derzeit sind es rund 21 500 tägliche
Neuinfektionen. «Wir können die Welle nicht verhindern, aber
abflachen.» Harte Maßnahmen der Kontaktreduktion seien die einzige
Maßnahme, um die Welle zu brechen, sagte Wieler. «Apps verhindern
keine Infektionen.» Bundesweit stieg die Sieben-Tage-Inzidenz weiter
auf 119,1, wie das RKI am Freitag bekannt gab.

Mittlerweile sind etwas mehr als 10 Prozent der Menschen in
Deutschland mindestens einfach gegen Corona geimpft. Die zweite Dosis
haben bereits 4,4 Prozent der Menschen bekommen, wie aus RKI-Zahlen
von Freitagmorgen hervorgeht. Allerdings sagte Spahn: «Der Effekt des
Impfens wird durch steigende Infektionszahlen gemindert.» Im April
soll es dem Minister zufolge 15 Millionen Impfdosen für Deutschland
geben, so viele wie im gesamten ersten Quartal.

Spahn forderte mit Blick auf die Impfzentren der Länder dazu auf,
verfügbaren Impfstoff auch einzusetzen. Die derzeit für Impfungen
anstehende Bevölkerungsgruppe sei sehr groß, darin seien ausreichend
viele Impfbereite. «Impftermine sind zu wertvoll, um sie verfallen zu
lassen. Dafür brauche es auch «kreative Lösungen», beispielsweise m
it
Stand-by-Listen. Damit könne man am Ende der Woche übrig gebliebenen
Impfstoff an Wochenendterminen spritzen.

Die generelle Corona-Testpflicht für Einreisen per Flugzeug tritt
erst von Montag auf Dienstag in Kraft - zwei Tage später als zunächst
geplant. Der Starttermin werde noch einmal etwas verschoben, um mehr
Zeit für die Vorbereitung zu geben, sagte Spahn. Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten zuvor
beschlossen, dass der Bund eine generelle Testpflicht vor Abflug als
Einreisevoraussetzung bei Flügen nach Deutschland festschreiben soll.

Flugreisende sollen die Kosten der Tests grundsätzlich selbst tragen.
Eine Beförderung durch die Fluggesellschaft ist nur mit negativem
Testnachweis gestattet. Hintergrund der Regelung ist das Reizthema
Mallorca. Tausende deutsche Urlauber waren auf die spanische
Ferieninsel geflogen, für die Testpflichten wegen gesunkener
Infektionszahlen weggefallen waren.