Saarlands Ministerpräsident verteidigt Öffnungspläne nach Ostern

Das Saarland will trotz steigender Zahlen von Neuinfizierten nach
Ostern vorsichtig öffnen. Das angrenzende Frankreich könnte am
Freitag zum Hochinzidenzgebiet erklärt werden - mit noch offenen
Folgen für den Grenzverkehr.

Berlin (dpa) - Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat die
vielfach kritisierten Öffnungspläne für sein Bundesland nach Ostern

verteidigt. In den ARD-«Tagesthemen» betonte er, dass die Lockerungen
Anreize für Corona-Tests sein sollen, mit denen Infizierte schnell
entdeckt werden könnten. Das an das Bundesland angrenzende Frankreich
könnte am Freitag als Corona-Hochinzidenzgebiet eingestuft werden,
wie Kanzlerin Angela Merkel in Aussicht stellte.
Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sprach sich derweil für eine
härtere Gangart in der Pandemiebekämpfung aus. Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) und der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI),
Lothar Wieler, wollen am Freitag (10.00 Uhr) über die Corona-Lage
informieren.

Hans sagte zu den Öffnungsplänen im Saarland, Ziel sei es, einen
Anreiz für einen Corona-Test zu bieten, «nämlich vielleicht einmal
ein Eis essen zu gehen auf einem Marktplatz oder Sport zu machen im
Verein mit wenigen Personen». Mit besonders vielen Tests sollten dann
infizierte Menschen entdeckt, in Quarantäne gebracht und so neue
Ansteckungen vermieden werden.

Vom 6. April an - dem Dienstag nach den Feiertagen - sollen im
Saarland Kinos, Fitnessstudios und die Außengastronomie wieder
öffnen. Voraussetzung sei ein tagesaktueller negativer Schnelltest.
«Versuche in Modellregionen können in dieser Situation keine
Alternative zum Lockdown sein», kritisierte die Vorsitzende des
Ärzteverbands Marburger Bund, Susanne Johna, in der «Rheinischen
Post» (Freitag). «Die dritte Welle ist bereits im vollen Gange. Ich
sehe es kritisch, wenn mit dem Saarland ein zwar kleines, aber doch
ganzes Bundesland einen Modellversuch durchführen will.»

Merkel war am Donnerstagabend bei ihrer Pressekonferenz nach dem
digitalen EU-Gipfel nach einer Neubewertung des Nachbarlands
Frankreich gefragt worden. Merkel erklärte daraufhin, bei solchen
Entscheidungen komme es auf die Coronavirus-Inzidenzzahlen an. «Und
wenn die Inzidenzen eben in diesem Falle über 200 nachhaltig sind,
dann erfolgt die Einstufung als Risikogebiet.» Es sei ein «fast
automatisierter Prozess».

Merkel benutzte in ihrer Antwort zwar den Begriff «Risikogebiet»,
meinte aber offenbar «Hochinzidenzgebiet», weil sie sich auf den Wert
200 bezog. Der europäische Teil Frankreichs als Ganzes ist bereits
als Risikogebiet eingestuft. Die grenznahe Region Moselle gilt als
Virusvariantengebiet mit schärferen Regeln, weil dort vermehrt
Mutanten des Virus kursieren. Hochinzidenzgebiete sind Regionen mit
besonders hohen Coronavirus-Fallzahlen. Voraussetzung für die
Einstufung ist unter anderem, dass es dort in den vergangenen sieben
Tagen mehr als 200 Neuinfizierte pro 100 000 Einwohner gab. Eine
Einstufung bedeute nicht, dass es auch um Grenzkontrollen gehe,
betonte Merkel.

Die Beschränkung touristischer Auslandsreisen insgesamt gestaltet
sich nach Worten der Kanzlerin rechtlich schwierig. «Es gibt schon
erhebliche juristische Bedenken. Die muss man erst nehmen», sagte die
CDU-Politikerin. Angesichts der hitzigen Diskussion über Urlaub auf
Mallorca erwägt die Bundesregierung, Reisen in beliebte
Urlaubsgebiete im Ausland vorübergehend zu unterbinden. Merkel bat
die zuständigen Ministerien, Möglichkeiten dafür zu prüfen. Sie k
önne
dem Ergebnis nicht vorgreifen, sagte die Kanzlerin.

Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen machte sich ganz allgemein
für striktere Regeln zur Pandemiebekämpfung stark. «Um die dritte
Welle zu brechen, brauchen wir mehr statt weniger Schutzmaßnahmen»,
sagte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen der Deutschen
Presse-Agentur. Als Strategie gebe es aber faktisch nur eine halb
gezogene Notbremse. Bei der rasend ansteigenden Inzidenz könne man
nicht einfach die Osterruhe ersatzlos streichen. «Das
Krisenmanagement der Bundesregierung weist noch immer eklatante
Lücken auf.» Es fehle systematisch an Selbsttests, an Impfstoff und
effektiver, digitaler Kontaktnachverfolgung. Kanzlerin Angela Merkel
(CDU) dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen. «Ich erwarte
Kümmern, statt nur Appelle von der Bundesregierung», sagte Dahmen.