Ex-Wirtschaftsminister sorgt mit Äußerung über Lehrer für Wirbel

Mit einem Impf-Ultimatum hat der Lehrerverband BLLV zum Wochenanfang
für Aufregung und Kritik gesorgt. Jetzt ätzt Bayerns
Ex-Wirtschaftsminister Pschierer gegen Lehrer - und löst weiteren
Wirbel aus.

Mindelheim (dpa/lby) - Nach dem Impf-Ultimatum des Bayerischen
Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) hat der frühere bayerische
Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer die Lehrer im Freistaat
scharf angegriffen. «Auch wenn ich mir jetzt wieder Vorwürfe
einhandele: Wir haben zwar mit die teuersten, aber nicht immer die
besten und fleißigsten Lehrer», schrieb der CSU-Landtagsabgeordnete
aus dem schwäbischen Mindelheim am Donnerstag auf seiner
Facebook-Seite. Kultusminister Michael Piazolo (Freie
Wähler) bezeichnete die Angriffe Pschierers auf die Lehrerschaft als
eine «unberechtigte Pauschalkritik».

Pschierer bezog sich auf die Forderung des BLLV vom Wochenanfang, die
auch bereits von mehreren Mitgliedern der Staatsregierung kritisiert
wurde. «Für mich ist dieses Ultimatum ebenfalls schlichtweg
unverschämt», schrieb Pschierer, der auch Vorsitzender der
Mittelstandsunion der CSU ist.

Der BLLV hatte in einem «Brandbrief» verlangt, dass am ersten
Schultag nach den bevorstehenden Osterferien alle Lehrkräfte Bayerns
ein Impfangebot erhalten haben müssen. «Wer kein
Impfangebot erhalten hat, kann nur den Distanzunterricht anbieten»,
heißt es in dem Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) hatte die Forderung des
Verbands am Dienstag zurückgewiesen: «Es hat für Kopfschütteln be
i
der ganzen Staatsregierung gesorgt, dass der Versuch gestartet wurde
vom BLLV, über ein Ultimatum die Impfreihenfolge zu ändern. Denn das
ist es: Es ist der Versuch, in der Impfreihenfolge nach vorne zu
kommen», sagte der Minister nach einer Kabinettssitzung.

Von dem verbalen Angriff Pschierers distanzierte sich Piazolo
allerdings ebenfalls. «Die Lehrkräfte in Bayern haben in der Pandemie

viele neue Aufgaben angenommen und hervorragende Arbeit geleistet»,
betonte der Minister.

Pschierer hatte in seinem Facebook-Eintrag erklärt, Lehrer hätten
besondere Privilegien: «Beamtenstatus, Unkündbarkeit, beste
Gesundheitsversorgung mit Chefarztbehandlung, üppige Pensionen und 70
Ferientage. Da müsste man doch eigentlich zufrieden sein können.
Nein! Ist man nicht.»

Er sei «fast geneigt», das Zitat des früheren SPD-Bundeskanzlers
Gerhard Schröder über Lehrer zu wiederholen, meinte Pschierer in
Anspielung an eine bekannte Aussage Schröders noch vor dessen
Kanzlerschaft. Im Jahr 1995 hatte Schröder als niedersächsischer
Ministerpräsident in einem Schülerzeitungs-Interview über Lehrer
gesagt: «Ihr wisst doch ganz genau, was das für faule Säcke sind.
» Im
vergangenen Jahr hatte Schröder den Vorwurf über Lehrer
zurückgenommen und als «überzogen» bezeichnet.

Pschierers SPD-Landtagskollegin Margit Wild kommentierte dessen
Ausführungen auf Facebook als «beschämend und unwürdig». Auch and
ere
Nutzer des Netzwerks griffen den 64 Jahre alten Christsozialen an.
«Schade! Ich würde mir mehr Differenzierung von Ihnen wünschen»,
schrieb eine Nutzerin, die nach eigener Aussage selbst eine Pädagogin
ist.

Jürgen Böhm, der Vorsitzende des Bayerischen Realschullehrerverbands,
nannte es einen «Skandal», wie Lehrer derzeit «öffentlich an den
Pranger» gestellt würden. «Alle Lehrkräfte und deren Vertretungen
hier in einen Topf zu werfen, ist nicht korrekt und zudem höchst
unseriös», sagte er. Allerdings nannte auch Böhm die BLLV-Forderung
«ein fragwürdiges Ultimatum eines einzelnen Lehrerverbands».