Nach Corona-Krise: Lehrer fordern von neuer Regierung mehr Geld

Von «Generation Corona» ist schon die Rede: Gemeint sind Kinder und
Jugendliche, die monatelang nicht oder kaum in die Schule gehen. Mit
allen Folgen für Schulerfolg und Psyche. Wie kann man das heilen?

Stuttgart (dpa/lsw) - Um die Folgen der Corona-Krise für Kinder und
Jugendliche abzumildern, muss die künftige Landesregierung aus Sicht
der Lehrerverbände deutlich mehr Geld in die Schulen investieren.

Der Philologenverband verlangte am Donnerstag vier zusätzliche
Wochenstunden in allen weiterführenden Schulen über drei Jahre
hinweg, um die Lernlücken aufzufüllen. «Die geplanten Lernbrücken i
n
den Ferien reichen nicht, um die Defizite auszugleichen», sagte Ralf
Scholl, Landeschef des Verbands der Gymnasiallehrer, am Donnerstag
der dpa in Stuttgart. Für eine solche Umstellung wären nach Scholls
Berechnung allein etwa 100 zusätzliche volle Stellen für Lehrerinnen
und Lehrer in den Gymnasien notwendig.

Die Bildungsgewerkschaft GEW erklärte, eine der ersten Maßnahmen der
neuen Regierung müsse ein Nachtragshaushalt sein, der allen Schulen
mehr Personal für das neue Schuljahr garantiere. «Die neue
Landesregierung darf nicht zulassen, dass eine Corona-Generation
entsteht», teilte GEW-Landeschefin Monika Stein mit. «Das geht nur,
wenn die Schuldenbremse weiter aufgehoben und in zusätzliche Stellen
für Lehrkräfte, mehr Personal für pädagogische Profis in allen
Bildungseinrichtungen, neue Studienplätze und eine Entlastung der
Leitungs-Teams in Kitas und Schulen investiert wird.»

Der Landeschef des Philologenverbands erklärte, um die Lerndefizite
der Schülerinnen und Schüler am Gymnasium aufzuholen, wäre der
«eleganteste Weg» vom kommenden Schuljahr von G8 wieder auf G9
umzustellen. So würde man ein «Corona-Aufholjahr» gewinnen. «In G8

sind zusätzliche Stunden zum Ausgleich der Lerndefizite zeitlich
nicht unterzubringen.» Er verwies auf eine Online-Petition vom
«Bündnis G9 jetzt», die innerhalb von zwei Wochen über 12 500
Menschen unterstützt hätten. Für Schülerinnen und Schüler in Haup
t-
und Realschulen würden vier Stunden mehr in der Woche wohl einen
Nachmittag mehr bedeuten.

Der Verbandschef forderte die Grünen um Ministerpräsident Winfried
Kretschmann sowie die anderen Parteien auf, diese Forderung bei den
anstehenden Koalitionsverhandlungen zu berücksichtigen. «Die Politik
muss diesen berechtigten Wunsch vieler Schüler, Eltern und Lehrkräfte
am Gymnasium endlich ernst nehmen und umsetzen. Schon vor Corona
seien die Schwächen des achtjährigen Gymnasiums offensichtlich
gewesen. «Stichworte sind hier die enorme Belastung vieler Schüler
sowie die teilweise mangelhafte Studienreife von Abiturienten.» Die
große Mehrheit der über 370 Gymnasien im Land führe ihre Schülerinn
en
und Schüler in acht Jahren zum Abitur. Es gibt aber 43 Modellschulen
im Land, die auch das G9 anbieten.

GEW-Landeschefin Stein sagte allerdings: «Es geht nicht nur um
Lerndefizite. Kinder und Jugendlichen leiden besonders unter der
Pandemie. Deshalb sind auch neue Stellen in der Schulsozialarbeit und
Schulpsychologie eine wichtige Unterstützung für die Schulen.»