Opposition wirft Regierung mangelnde Sorgfalt bei Corona-Regeln vor

Ist die Landesregierung zu lax mit ihren Corona-Verordnungen? Ja,
meint die Opposition in NRW. Gesundheitsminister Laumann weist das
zurück. Aus dem Corona-Kommunikationsdebakel der vergangenen Wochen
zieht er aber auch eine persönliche Lehre.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Opposition im nordrhein-westfälischen
Landtag hat der Landesregierung Schludrigkeit bei ihren
Corona-Schutzverordnungen vorgeworfen. Auf Antrag der SPD debattierte
das Landesparlament am Donnerstag in Düsseldorf über «schwere Fehler

der Landesregierung».

Anlass waren Sonderbehandlungen für Schreibwarengeschäfte,
Buchhandlungen und Gartenmärkte, die das Oberverwaltungsgericht (OVG)
in Münster am Montag unter Verweis auf den verfassungsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz kassiert hatte. Die Landesregierung hatte
daraufhin die coronabedingten Einschränkungen unverzüglich
angeglichen.

Der SPD-Abgeordnete Hans-Willi Körfges hielt der Regierung vor, die
drei Bereiche hätten durchaus als Bereiche der Grundversorgung
eingestuft werden können, allerdings sei es in NRW - im Gegensatz zu
anderen Bundesländern - versäumt worden, dies in der Verordnung auch
ordentlich juristisch abzuwägen und zu begründen. Ähnliche Kritik
äußerten Grüne und AfD.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hielt dagegen, bei
einer solchen Vielzahl coronabedingter Verordnungen sei es nicht
möglich, «alle absolut rechtssicher» zu formulieren. Insofern sei es

für ihn «eine große Gewissenberuhigung», dass die unabhängige Jus
tiz
über Entscheidungen der Exekutive wache. Im Grundsatz habe das OVG
die Regelungen aber bestätigt - Terminverpflichtung und
Flächenbegrenzungen seien in Ordnung.

Seit der am Montag aktualisierten Coronaschutzverordnung gelten für
Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte die Pflicht
zur Terminvereinbarung und eine Personenbegrenzung von je einem
Kunden je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche - wie zuvor bereits für
Modehändler oder Elektronikmärkte.

Schon am Mittwoch hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die
ursprünglichen Überlegungen seiner Regierung in einer Corona-Debatte
des Landtags gerechtfertigt: «Wir waren der Überzeugung, dass ein
Buchhandel etwas anderes ist als der Mediamarkt.» Wenn ein Gericht
eine solche Entscheidung «mal korrigiert», sei das eine Normalität im

Rechtsstaat und «kein Grund, ständig zu skandalisieren».

So lässig wollte die Opposition das am Donnerstag nicht stehen
lassen. Die Regierung habe an einer Stelle, wo es sich gelohnt hätte,
auf Differenzierung verzichtet, kritisierte Körfges. «Das ist kein
juristisches Hochreck - das ist kleines Einmaleins.» Aus Sicht des
Grünen-Abgeordnete Mehrdad Mostofizadeh hat das OVG mit seiner
Entscheidung festgestellt: «Sie haben alles über einen Kamm
geschoren.» Der AfD-Abgeordnete Christian Loose listete weitere
gerichtlich kassierte Corona-Regelungen seit Beginn der Pandemie auf
und bilanzierte: «Ihre Entscheidungen bilden eine Kette des
Versagens.»

Der FDP-Abgeordnete Ralph Bombis nutzte die Debatte, um den Blick auf
die verzweifelte Situation der Einzelhändler zu lenken. Jeder zweite
fürchte inzwischen um seine wirtschaftliche Existenz, sagte er.
Weitere Öffnungen seien «dringend notwendig». Dabei sollten auch die

Sonntage in den Blick genommen werden.

Neben der Gesundheitsvorsorge für die Bürger müsse es auch darum
gehen, wieder eine größere Normalisierung des Lebens zu ermöglichen.

Mit guten Hygiene-Konzepten des Einzelhandels, flächendeckenden
Schnelltests und einer effizienten digitalen Kontaktverfolgung, so
wie in Tübingen, könne das gelingen, unterstrich Bombis. Auch der
CDU-Abgeordnete Oliver Kehrl sprach sie dafür aus, Öffnungsoptionen,
wo immer möglich, zu nutzen. In NRW sollen in Kürze entsprechende
Modellprojekte in ausgewählten Kommunen starten.

Inzwischen gebe es in NRW 4748 zugelassenen Test-Stellen im ganzen
Land, die täglich rund 100 000 Tests durchführten, sagte Laumann.
Jetzt müssten Anreize geschaffen werden, damit sich möglich viele
testen lassen, um die Dunkelquote an Infizierten erheblich
aufzuhellen.

Für alle weiteren Vorhaben habe er aus der breiten Kritik der
vergangenen Wochen am Corona-Krisenmanagement eine persönliche Lehre
gezogen: «Sage nur etwas zu, was du machen kannst, wenn du dafür auch
die Strukturen hast.»