Corona-Teststrategie nimmt Fahrt auf - Öffnung oder Einschränkungen?

Eine umfassende Testkampagne soll Corona ausbremsen und vorsichtige
Öffnungen ermöglichen. Die Zahl kostenloser Teststellen wächst, eine

Datenplattform zur Analyse ist noch im Aufbau. Ob die Strategie
greift, dürfte aber noch von vielen weiteren Faktoren abhängen.

Hannover (dpa/lni) - Die Corona-Teststrategie in Niedersachsen mit
der Möglichkeit umfangreicher und kostenloser Schnelltestangebote für
die Bevölkerung nimmt Fahrt auf. Über 1850 Arztpraxen, rund 500
Apotheken sowie kommunale und private Testzentren böten inzwischen
Tests an, teilte das Gesundheitsministerium mit. Auch karitative
Einrichtungen und Wohlfahrtsverbände seien mit dem Aufbau
beschäftigt. Dazu kämen Tests in Schulen, Betrieben sowie die schon
länger verpflichtenden Tests in Altenheimen und der Fleischindustrie.

Die Hoffnung ist, mit einem besseren Bild über die tatsächliche
Infektionslage lokale, vorsichtige Öffnungen in der Übergangszeit bis
zu einer höheren Impfabdeckung möglich zu machen. Noch liegen keine
repräsentativen Daten zur Nutzung der Tests und zum Umfang positiver
Fälle vor. Unklar ist auch, ob die zuletzt gestiegenen Corona-Zahlen
Lockerungen schon über die Osterferien erlauben. Mancherorts zeichnen
sich stattdessen wieder Ausgangsbeschränkungen ab.

Gerade wird eine Meldeplattform geschaffen, mit der Ministerium und
Landesgesundheitsamt die Nutzung des Testangebots tagesaktuell
erfassen und das Infektionsgeschehen analysieren können. Automatisch
erfasst werden aber nur die Daten der Testzentren - bei Arztpraxen
bestehe keine Meldepflicht, aber die Bereitschaft der freiwilligen
Meldung, erklärte das Ministerium. Positive Testergebnisse müssen auf
jeden Fall immer den Gesundheitsämtern gemeldet werden.

An den Schulen läuft eine Testwoche, bei der allen Schülerinnen und
Schülern, die zum Unterricht in die Klassen kommen, die Möglichkeit
eines Selbsttests geboten wird. Die Schulen melden dem
Kultusministerium die Ergebnisse zurück. Zudem werden die Erfahrungen
ausgewertet, um Rückschlüsse für das Verfahren nach den Osterferien
zu ziehen. Dann werden regelmäßig zwei Tests pro Woche durchgeführt.


Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) rief die Wirtschaft auf,
die geforderten Testmöglichkeiten für Beschäftigte zu schaffen. «Wi
r
werden die Betriebe mit Nachdruck auffordern, dieser Verpflichtung
nachzukommen und Testmöglichkeiten zeitnah einzurichten», sagte sie
der Deutschen Presse-Agentur. «Wir setzen hier auf die Unternehmen,
die auf den Betrieb angepasst und angemessene Testungen vornehmen,
und werden beobachten, ob diese Selbstverpflichtung greift.»

Ziel der Strategie «Mehr Sicherheit durch gezieltes und umfassendes
Testen» sei es einerseits, die Ausbreitung weiterer Infektionen
zurückzudrängen. Andererseits gehe es um eine schrittweise Öffnung in

allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen. Auch der
Hausärzteverband forderte laut NDR, dass Unternehmen in den
Belegschaften nun stärker und regelmäßig Corona-Tests anbieten.

Die vielerorts bisher stockende Impfkampagne will Niedersachsen auch
an den Osterfeiertagen vorantreiben. «Wir haben die kommunalen
Impfzentren angewiesen und darum gebeten, auch über die Feiertage
weiter zu impfen», sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.
Dabei gebe es zwar Rückmeldungen, dass die Zentren schauen müssten,
wie sie das personell hinbekommen. Personelle Engpässe seien aber
bisher nicht gemeldet worden. Wie viele Impfungen es tatsächlich
geben kann, hänge weiter von der Menge der verfügbaren Impfstoffe ab.

Fraglich ist bisher auch, ob und welche Freizeiteinrichtungen
geöffnet bleiben dürfen. Viele Zoos und Tierparks sowie einige Museen
sind mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder auf - Regelungen über
die Osterferien werden aber noch von der neuen niedersächsischen
Corona-Verordnung erwartet, die laut Landesregierung «zeitnah»
angepasst werden soll. Die jetzige Fassung gilt bis Sonntag (28.03.).

Manche Kommunen richten sich demgegenüber wieder auf Einschränkungen
wegen steigender Neuinfektionen ein. So bereitet Bremerhaven laut
«Nordsee-Zeitung» nächtliche Ausgangsbeschränkungen für den Fall
vor,
dass die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen die
Schwelle von 200 überschreitet. Zuletzt lag der Wert knapp darunter.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte nach der
Rücknahme der heftig umstrittenen Osterruhe durch Kanzlerin Angela
Merkel deutlich härtere Corona-Maßnahmen über die Feiertage
angedeutet. «Wir werden die Dinge nicht einfach laufen lassen
können», sagte er. Zu den Möglichkeiten könnten neben dem Beschrä
nken
von Tagesausflügen auch Ausgangsbeschränkungen gehören.

Die Einzelhändler im Land betonten, flächendeckende Öffnungen seien
nur möglich, wenn es Impffortschritte gebe. Lokale
Schnelltest-Konzepte wie im baden-württembergischen Tübingen seien
bestenfalls «für einzelne Regionen eine Option», sagte der
Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Niedersachsen-Bremen, Mark
Alexander Krack, der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Wir kommen beim

Impfen nicht richtig vorwärts, da müssen wir schneller und besser
werden. Dann braucht es auch keine Schnelltests, um in der Innenstadt
einkaufen zu gehen.»