Schlechtes Gewissen fliegt nicht mit - Urlauber starten nach Mallorca Von Linda Vogt und Ralf Petzold, dpa
Reisen nach Mallorca sind wieder möglich - seit Sonntag fliegt auch
Tui Touristen dorthin. Sie hoffen auf Ablenkung, während hierzulande
das Thema Insel-Urlaub für Streit sorgt.
Hannover/Palma (dpa) - Mit viel Vorfreude auf Sonne und Strand, aber
wenig schlechtem Gewissen sind am Sonntag die ersten Urlauber mit
Tui-Fliegern aus Deutschland nach Mallorca gestartet. Nach
monatelanger Corona-Zwangspause bietet der größte Reisekonzern wieder
Flüge auf die beliebte Ferieninsel an. «Wir wären auch gerne mit dem
Wohnwagen in Deutschland irgendwohin gefahren - auf den Campingplatz,
ein paar Tage raus, aber das geht ja nicht», erzählten Kevin Burgess
und seine Partnerin Gabi am Flughafen Hannover kurz vor Abflug. Leben
in der Pandemie gehe ihm nach mehr als einem Jahr auf die Seele, so
der in Hildesheim wohnende Burgess. «Ich hab Homeoffice, ich verlasse
das Haus kaum, und irgendwann reicht es mir auch. Ich glaube, es geht
vielen Deutschen auch so, dass sie keine Lust mehr haben.»
Der Urlaub auf der spanischen Mittelmeerinsel scheint für manche eher
eine Notlösung. «Wir hätten lieber Urlaub auf Norderney gemacht»,
sagte ein Ehepaar bei der Ankunft am Flughafen Son Sant Joan, wo die
Sonne kurz vor der Landung hinter den Wolken hervorkam. «Wir hoffen,
dass es ruhig wird. Es ist der erste Urlaub seit vergangenem März.
Wir arbeiten in der Pflege und wollen einfach mal den Kopf
freibekommen.»
Die Flucht aus dem belastenden Corona-Alltag auf die Insel wird aber
derzeit heftig diskutiert. Nach Auslaufen der Reisewarnung für die
Balearen vor einer Woche haben Airlines wie Eurowings oder nun Tuifly
wieder Verbindungen aufgenommen. In einer Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen
Presse-Agentur lehnten 65 Prozent die beschlossene Aufhebung der
Quarantäne und Testpflicht für Rückkehrer von der spanischen
Ferieninsel ab. Nur 22 Prozent halten diesen Schritt für richtig.
«Wenn die Inzidenzwerte hier in Deutschland höher sind, kann ich das
politisch verstehen», sagte Urlauberin Cornelia Wilke, die sich wie
viele ihrer Mitreisenden auf Ablenkung und einen Tapetenwechsel
freut. Man könne nicht dauerhaft im Lockdown bleiben und die Menschen
leiden lassen, «da macht man ja auch die Wirtschaft mit kaputt». Zu
Hause sei das Risiko, sich anzustecken, wahrscheinlich größer,
erklärte Natascha Schiller-Blindo mit Blick auf die
Sieben-Tage-Inzidenz von rund 20 auf Mallorca.
Die Bundesregierung hatte sich selbst dazu verpflichtet, die
Reisewarnung für ein Land oder eine Region aufzuheben, sobald die
Zahl der Neuinfektionen unter 50 pro 100 000 Einwohner innerhalb
einer Woche sinkt. Sie rät aber trotzdem weiterhin generell von
touristischen Reisen im In- oder ins Ausland ab. Bei der Einreise auf
Mallorca ist ein negativer PCR-Test nötig. Dieser wird sowohl beim
Check-in vor dem Abflug als auch bei der Ankunft kontrolliert.
Stephan Weil, Ministerpräsident im Tui-Stammland Niedersachsen,
forderte die Bundesregierung auf, dies rückgängig zu machen. Die
Aufhebung sei «ein schwerer Fehler», sagte der SPD-Politiker dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Sonntag). «Noch mag das
Infektionsgeschehen auf Mallorca unkritisch sein, aber wenn über
Ostern Menschen aus ganz Europa auf der Insel zusammenkommen, haben
wir sofort wieder einen neuen Hotspot.»
Urlauber Marcus aus Berlin hat weniger Bedenken: «Wir waren im
November auf Lanzarote und haben gesehen, dass es klappt. Wir gehen
auch davon aus, dass es genauso leer sein wird und sehen keine großen
Probleme.» Seinen Nachnamen will der 35-Jährige nicht öffentlich
machen. «Wir sind halt eine Neidgesellschaft. Da habe ich jetzt auch
kein Interesse, mich zu rechtfertigen, das ist meine Entscheidung.»
Die Nachfrage für Mallorca ist laut Tuifly sehr stark, aber nicht auf
dem Niveau vom Ostergeschäft 2019. Rund zehn Prozent der rund 1000
Hotels auf der Insel hätten geöffnet, sagte ein Sprecher in Hannover.
Tui-Balearen-Chef Ian Livesey erwartete am ersten Tag knapp 1100
Urlauber aus Deutschland, die mit sieben Flügen auch aus Düsseldorf,
Frankfurt und Stuttgart kommen. Der Brite steht mit sechs Reisebussen
vor dem Flughafenterminal. «Einige haben nur den Flug gebucht. Den
Rest bringen wir hauptsächlich an die Playa de Palma und in den
Robinson Club Cala Serena», sagte Livesey.
Marlen Wendt ist in Hannover noch mit gemischten Gefühlen ins
Flugzeug gestiegen: «Erst war die Freude da und nachdem wir dann
gebucht hatten natürlich auch Sorge und Angst: Wie denken Freunde und
Nachbarn darüber?» Aber es sei nun mal kein Risikogebiet mehr. «Wir
fahren da ja auch nicht hin, um Party zu machen, sondern
Familienurlaub in den Bergen», erklärte die 42-Jährige aus Hamburg.
«Da stellen wir glaube ich für Land und Leute auch nicht so eine
Gefahr dar.» Wenn sie im Flugzeug sitze, werde die Freude auch
zurückkommen, ist sich Wendt sicher. Ihre zweieinhalbjährige Tochter
freue sich ohnehin aufs große Meer und die Muscheln am Strand.
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