Woidke will in Corona-Krise durchgreifen - Opposition: «Impfkabarett» Von Oliver von Riegen, dpa
Landkreise, die trotz steigender Corona-Neuinfektionen keine
Einschränkungen einführen, ein schlechter Platz bei den Impfungen -
Brandenburg hat einige Probleme. Regierungschef Woidke reagiert
darauf und macht die Krise zur Chefsache.
Potsdam (dpa/bb) - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke
(SPD) hat den Landkreisen, die bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von
über 100 keine Corona-Notbremse ziehen, mit einem Eingreifen gedroht.
«Ich erwarte, dass die Landräte ihre Verantwortung wahrnehmen», sagte
Woidke am Mittwoch im ARD-«Morgenmagazin». «Wenn es nicht passiert,
dann wird das Land handeln.» Dann werde das Gesundheitsministerium
die notwendigen Maßnahmen anordnen. «Brandenburg geht keinen
Sonderweg», betonte Woidke. Er verteidigte das Fehlen einer
automatischen Notbremse für Lockerungen bei einer landesweiten
Inzidenz über 100 gegen Kritik. Vier Kreise und die Stadt Cottbus
hatten am Mittwoch einen Wert der Neuinfektionen über dieser Marke.
Bund und Länder haben eine Notbremse beschlossen, wenn die Inzidenz
über 100 steigt - landesweit oder regional. Brandenburg hat die
landesweite Bremse nicht in die Verordnung geschrieben und dafür
rechtliche Gründe angeführt. Woidke sieht seine Regierung zu Unrecht
in der Kritik. «Das Land wird Maßnahmen ergreifen, sobald wir in die
Nähe landesweiter Durchschnittswert 100 kommen», sagte er, riet aber
zu Differenzierung, wenn es nur um lokale Hotspots gehe. Der
Regierungschef reagierte stellenweise verärgert. Als Moderator Till
Nassif ihn unterbrach, sagte er einmal: «Moment, Moment», redete
weiter und beendete seinen Satz. Die Notbremse könnte bald akut
werden: Der Inzidenzwert von Brandenburg lag am Mittwoch bei 89.
In der Verordnung des Landes ist eine regionale Notbremse verankert.
Kreise und kreisfreie Städte sollen - nicht müssen - bei einem Wert
über 100 zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen. Ab 200 müssen sie d
ie
jüngsten Lockerungen zurücknehmen. Der Landkreis Elbe-Elster
verzichtet bisher auf neue Maßnahmen. Dort lag die Inzidenz am
Mittwoch bei 198. Landrat Christian Heinrich-Jaschinski (CDU)
begründete seine Haltung in der ARD mit der Kontaktverfolgung. Die
Ergebnisse hätten gezeigt, dass die Treiber der Virusübertragungen in
privaten Feiern und im Arbeitsumfeld zu finden seien. Auch der Kreis
Oberspreewald-Lausitz liegt über 150, kündigte aber inzwischen wie
Cottbus mehr Kontrollen auf Einhaltung der Corona-Regeln an. Der
Kreis Oberhavel mit 132 plant keine eigenen Einschränkungen.
Das Impfen in Brandenburg sollte nach einem holprigen Start nun
eigentlich Fahrt aufnehmen. Woidke hatte die Impfstrategie von
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) mehrfach kritisiert.
Nun wird im Koordinierungszentrum Krisenmanagement im CDU-geführten
Innenministerium ein Impflogistik-Stab aufgebaut. Woidke verteidigte
den neuen Stab. «Wir lassen nicht Ursula Nonnemacher allein im Regen
stehen und schimpfen ständig, dass das Impfen nicht vorangeht,
sondern wir überlegen gemeinsam, wie wir besser vorankommen», sagte
Woidke in der RBB-Sendung «Brandenburg Aktuell» am Dienstagabend. Es
gehe darum, dass Entscheidungen schneller getroffen würden und das
Impfen mehr Geschwindigkeit aufnehme.
Der oppositionelle Linksfraktionschef Sebastian Walter sieht keine
Verbesserung. «Aus dem Brandenburger Impfkabinett wird jetzt
anscheinend das Brandenburger Impfkabarett», sagte Walter dem RBB.
«Es muss endlich Schluss sein mit dem Verantwortung-Pingpong unter
Dietmar Woidke. Es ist die erste Pflicht jetzt, das verloren
gegangene Vertrauen wiederherzustellen beim Thema Impfen.»
CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann stellte sich hinter die
Entscheidung. «Wir haben erkannt, wir müssen hier schneller agieren»,
sagte er am Mittwoch im RBB-Inforadio. «Dafür ist, glaube ich, so ein
Krisenstab genau das richtige Instrument.»
Brandenburg stoppte rund 22 500 Impftermine mit dem Präparat von
Astrazeneca. Zuvor hatte die Bundesregierung den Einsatz des
Impfstoffes nach Meldungen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in
Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen ausgesetzt.
Trotz des Einsatzes einer Beratungsfirma im Januar und Februar lag
Brandenburg beim Anteil der Erstimpfungen der Bevölkerung
zwischenzeitlich auf dem letzten Platz. Inzwischen ist das Land mit
einem Anteil von 7,7 Prozent auf dem vorletzten Rang, wie aus Zahlen
des Robert Koch-Instituts vom Mittwoch hervorgeht. Beim Anteil der
Zweitimpfungen liegt Brandenburg mit Sachsen-Anhalt aber hinten.
Seit Mittwoch können sich auch Mitarbeiter von Kinder-, Jugendheimen
und Internaten impfen lassen - neben über 70-Jährigen,
Pflegebewohnern, Medizin- und Pflegepersonal, Grundschullehrern,
Kita-Erziehern und Menschen mit schweren Erkrankungen. Es gibt immer
mehr Corona-Teststellen: In Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf
öffneten sieben Testzentren.
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