Vom Mandela- zum Mutanten-Land: Südafrikas drastischer Imagewandel Von Ralf E. Krüger, dpa

Safari, Strände, Sonnenschein: Südafrika stand im internationalen
Tourismus lange für Genuss und Abenteuer. Das ist seit Corona vorbei.
Die Tourismusindustrie steht vor dem Aus - auch wegen Restriktionen
in Deutschland.

Johannesburg (dpa) - Mcebo Dlamini ist empört. «Wir müssen Berichte
einer neu entdeckten südafrikanischen Covid-19-Variante kritisch
hinterfragen», mahnt der einstige Johannesburger Studentenführer zum
Jahreswechsel. Afrika habe lange unter einer Falschdarstellung des
Westens gelitten und müsse nun weiterhin als Inbegriff allen Übels
herhalten.

Dlamini drückt ein Unbehagen aus, das sich am Kap zunehmend
artikuliert. Die «südafrikanische Variante» gilt in der öffentliche
n
Wahrnehmung als Mutter allen Corona-Übels: schnelle Verbreitung,
wenig erforscht, unheimlich.

Verdrängt wird das positive Image des sympathischen «Mandela-Landes»,

in dem der erste schwarze Präsident Nelson Mandela für einen
friedlichen Übergang von der düsteren Apartheid-Zeit zur Demokratie
sorgte. Nun stigmatisiert am Kap plötzlich der Begriff des
«Mutanten-Landes», zusätzlich zu den eh schon großen Sorgen der unt
er
strikten Corona-Beschränkungen ächzenden Tourismus-Branche. «Die
Konsequenzen sind nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern
beeinträchtigen auch unser Sozialwesen und die Art und Weise, wie die
Welt sich mit uns auseinandersetzt», so Dlamini.

Kann man denn in Corona-Zeiten noch Urlaub in Südafrika machen?
Zurückkehrende Europäer berichten zunehmend über Zurückhaltung und

Ablehnung auch im eigenen Umfeld, sobald sie ihren südafrikanischen
Aufenthaltsort nennen. Dabei herrscht dort angesichts akut gefallener
Infektionszahlen seit Anfang März die niedrigste Corona-Alarmstufe -
mit einer weitgehenden Rückkehr zur Normalität. Doch das hat sich bei
vielen noch nicht herumgesprochen.

«Die gesamte Tourismusbranche steht kurz vor dem Aus, da die Gäste
einfach ausbleiben oder sehr zurückhaltend sind und die bevorstehende
mehrtägige Zwangsquarantäne bei der Rückkehr nach Deutschland
scheuen», stöhnt Johannes Feiertag. In Südafrikas Limpopo-Provinz
gehört er der Owathola-Gruppe an, zu der neben einer Lodge auch
lokale Tourguides gehören. Die Infektionsgefahr in Deutschland sei
weit höher, meint er: «Kaum ein Land ist derzeit so sicher wie
Südafrika bei einer 7-Tages-Inzidenz von 14 pro 100 000 Einwohner.»

Die Bundesregierung hatte wie andere Staaten auch mit Restriktionen
gegen Reisende aus Südafrika und seinen Nachbarländern reagiert. Für

Südafrikas Tourismus-Branche, die vor Corona für fast zehn Prozent
des Brutto-Inlandsprodukts und Hunderttausende Jobs stand, ist das
verheerend. Feiertag plant daher gemeinsam mit Gleichgesinnten aus
dem Tourismus eine öffentliche Kampagne zugunsten einer Abschaffung
der deutschen Quarantänepflicht für Südafrika-Rückkehrer.

Er wendet sich auch gegen die Bezeichnung «Südafrikanische
Virusmutation», die das Land seiner Meinung nach an den Pranger
stellt. Auch der südafrikanische Virologe Salim Abdool Karim, der
eine wichtige Rolle im Corona-Beirat der Kap-Regierung innehat,
versucht das Bild bei öffentlichen Auftritten geradezurücken. Zwar
wurde die Variante zuerst in Südafrika entdeckt, aber deswegen muss
sie nicht unbedingt aus dem Kap-Staat stammen: «Man sollte es besser
bei seinem Namen benennen: 501Y.V2», meinte er in einem TV-Interview.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt ebenfalls vor
diskrimierenden geografischen Bezeichnungen wie dem vom früheren
US-Präsidenten Donald Trump geprägten Corona-Namen «Chinesisches
Virus». Eigentlich ist die der WHO angeschlossene ICD-Abteilung
(International Classification of Diseases) zuständig für die
Namensfestlegung neuer Viren. Ausdrücklich warnt sie in ihren
Richtlinien davor, neue Infektionen nach geografischen Bezeichnungen
zu benennen. Denn die stimmten schon bei der Spanischen Grippe nicht
- sie hielten sich aber lange Zeit und wirkten stigmatisierend.

Die Frankfurter Unternehmerin Hanna Kleber hat die Initiative «Voice
4 Africa» gegründet, die die Werbetrommel für Afrika rührt. Denn, s
o
meint sie: «Wenn wir etwas gegen die Migration Richtung Europa tun
wollen, müssen wir auch für Arbeitsplätze in den dortigen Ländern
sorgen - und acht Touristen sichern einen Arbeitsplatz am Kap.» Sie
habe ihre Initiative gestartet, um Afrika eine Stimme zu geben: «Wir
müssen hier ein differenziertes Bild schaffen, dass mehr Menschen
nach Afrika reisen», sagte sie mit Hinweis auf den Wirtschaftsfaktor.

Kleber sieht sich dabei einig mit Entwicklungsminister Gerd Müller
(CSU). Der forderte bereits eine Überprüfung der verhängten
Reisebeschränkungen für afrikanische Staaten - und wies darauf hin,
dass allein in Afrika 25 Millionen Menschen vom Tourismus leben.

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