Aufschub für Grenzgänger - Forscher warnen vor Grenzschließung

Die Grenzen zu Tschechien und Tirol sind fast dicht. Nur in
Ausnahmefällen dürfen Pendler noch einreisen. Die strengen Regeln
könnten die Wirtschaft in der Grenzregion nachhaltig verändern.

München/Bamberg (dpa/lby) - Grenzgänger aus Tschechien und Tirol
bekommen Aufschub bei den Grenzkontrollen: Eine Bescheinigung der
Behörden für die Einreise nach Bayern ist erst ab Freitag notwendig,
hieß es am Mittwoch auf Nachfrage aus dem Bayerischen
Innenministerium. Bis dahin reicht der Arbeitsvertrag als Nachweis
für systemrelevante Arbeit.

Die Frist hätte ursprünglich in der Nacht zum Mittwoch auslaufen
sollen. Auf Bitte der sächsischen Landesregierung sei sie um zwei
Tage verlängert worden, teilte das Bundesinnenministerium mit. Die
Arbeitgeber bräuchten dort mehr Zeit, um sich auf die neuen
Regelungen vorzubereiten. Um Verwirrung und eine Ungleichbehandlung
an den Grenzübergängen in Sachsen und Bayern zu verhindern, wurde die
Frist kurzfristig auch für den bayerischen Grenzabschnitt verlängert.

Ab Freitag müssen berufliche Pendler dann eine Bestätigung vorlegen,
aus der hervorgeht, dass sie bei einem systemrelevanten Arbeitgeber
beschäftigt sind und von diesem zwingend für die Aufrechterhaltung
des Betriebs benötigt werden. Die Bescheinigungen der Landratsämter
und kreisfreien Städte sollen die Kontrollen an den bayerischen
Grenzen erleichtern.

Forscher warnen vor langfristigen Folgen der Grenzschließungen. «Es
zeichnet sich eine Transformation der Wirtschaft in der Grenzregion
ab, und zentrale Errungenschaften der vergangenen 30 Jahre sind durch
die Grenzschließungen in Gefahr», sagte Patrick Reitinger von der
Universität Bamberg. Er leitet ein Forschungsprojekt, das die
Auswirkungen der Grenzschließung auf die Wirtschaft in der
bayerisch-tschechischen Grenzregion am Beispiel des Landkreises
Wunsiedel im Fichtelgebirge untersucht.

Bei einigen Unternehmen könnten die Pendler aus Tschechien weiter im
Homeoffice arbeiten. «Andere Unternehmen, die auf die Anwesenheit
ihrer Mitarbeitenden angewiesen sind, überlegen, den Anteil
tschechischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf lange Sicht zu
reduzieren und sich somit von Pendlerinnen und Pendlern aus
Tschechien unabhängiger zu machen», erklärte Reitinger.

Normalerweise arbeiten im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge rund
1500 Grenzgänger. Das Landratsamt stufte nach eigenen Angaben nun 73
Unternehmen mit 475 Grenzgängern als systemrelevant ein.

Tschechien und weite Teile Tirols gelten als sogenannte
Virusmutationsgebiete. Seit Sonntag dürfen von dort nur noch Deutsche
sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland
einreisen.

Ausnahmen gibt es unter anderem für Gesundheitspersonal,
Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal im Güterverkehr. Sie
müssen sich digital anmelden und an der Grenze einen negativen
Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.
Grenzgänger mit systemrelevanten Berufen brauchen ab Freitag außerdem
eine Bescheinigung der deutschen Behörden, bis dahin reicht dafür der
Arbeitsvertrag.