Aufklärer unter Beschuss - Wie sich Lauterbach mit dem Fußball anlegt Von Basil Wegener, dpa

Hansi Flick gegen Karl Lauterbach - der Streit um den Corona-Kurs
geht in die Verlängerung. Die Positionen dürften sich auch bei einem
klärenden Gespräch zwischen Bayern-Trainer und SPD-Mann nicht
komplett annähern.

Berlin/München (dpa) - Hier könnten Gegensätze aufeinanderprallen:
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach und Bayern-Trainer Hansi
Flick wollen ein Gespräch über Corona führen. «Sehr gerne spreche i
ch
mit Hansi Flick», teilte Lauterbach am Dienstag auf Twitter mit.
Vorangegangen war ein Streit, der über Interviews und im Internet
ausgetragen wurde. Es geht um Corona, wie man darüber redet - und ein
bisschen über Fußball.

Zuerst kritisierte Lauterbach die Katar-Reise des Rekordmeisters zur
Club-WM. «Die Bürger wollen nicht, dass mit zweierlei Maß gemessen
wird, nur weil es um Millioneneinnahmen durch Fernsehübertragungen
geht», sagte der Bundestagsabgeordnete dem Sender Sport1. Eine Reise
wie die von Thomas Müller, der positiv auf Corona getestet wurde und
mit einem Privatjet zurückflog, sei «normalerweise natürlich
undenkbar». Ebenso kritisierte Lauterbach den Vorstoß von Bayern-Chef
Karl-Heinz Rummenigge für vorzeitige Impfungen von Profis.

Flick konterte am Sonntag: «So langsam kann man die sogenannten
Experten gar nicht mehr hören, auch Herrn Lauterbach.» Die Politik
solle eine Strategie entwickeln, «dass man auch mal irgendwann wieder
Licht im Tunnel sieht». Das sei aktuell zu wenig - «gerade für die
Bevölkerung, für die Bürger, die nicht in der Situation sind wie wir

Fußballer», so der Bayern-Trainer. «Und wirklich auch mal gucken,
dass man auch mal was Positives verkünden kann.»

Daraufhin brach im Internet eine Debatte los. Tags darauf bot Flick
Lauterbach ein Gespräch an. Es sei vielleicht gut, wenn man mal
«unter vier Augen» rede, «nicht in einer Talkshow», sagte Flick nac
h
dem 3:3 des FC Bayern gegen Arminia Bielefeld. Flick warb um
Verständnis für seine Äußerungen und nahm sie ein kleines bisschen

zurück. «Ich habe geantwortet als Familienvater, ich habe zwei
Enkelkinder, ich war 23 Jahre Unternehmer, habe ein Sportgeschäft
gehabt.» Er kenne die Zukunftsängste der Selbstständigen, hätte sei
ne
Kritik aber «ein bisschen anders» formulieren können.

Lauterbach ließ sich nicht lange bitten. «Ich freue mich darüber. Da

Hansi Flick mir das Angebot über die Öffentlichkeit gemacht hat,
antworte ich auch öffentlich», sagte er dem «Spiegel». Lauterbach
versicherte: «Seine Kritik nehme ich sportlich. Verständlicherweise
liegen bei vielen derzeit Nerven blank. Aber nur zusammen können wir
vor uns liegende Wochen meistern.» Mit dem Chef von Borussia
Dortmund, Hans-Joachim Watzke, habe er bereits ein gutes,
konstruktives Gespräch geführt.

Positives gab es für Lauterbach in jüngster Zeit wirklich kaum zu
verkünden. Vielmehr wurde der studierte Gesundheitsökonom und
Epidemiologe gescholten, Panikmacher und Besserwisser zu sein. Er ist
zwar nicht in der Regierung, aber doch nah dran an deren Beschlüssen
- und, so viel kann man annehmen, steht derzeit eher auf der Bremse,
wenn es um Lockerungen geht.

Problem: Lauterbach ist auch Zielscheibe von Corona-Leugnern und
sogenannten Verschwörungstheoretikern. «Drohungen kriege ich auf
allen denkbaren Kanälen, Post, Mail, soziale Medien», sagte er der
«Süddeutschen Zeitung». «Fast jeden Tag.» Er beschreibt sich zwar
als
«einigermaßen resilient». Doch Sorgen mache er sich schon.

Längst sind Corona-Leugner als Verbreiter von Hass und Hetze
unterwegs. Der baden-württembergische Verfassungsschutz beobachtet
Anführer der «Querdenken»-Bewegung wegen Nähe zu sogenannten
Reichsbürgern und Extremisten.

Lauterbach übrigens hat schon wieder zahlreiche andere Tweets
abgesetzt - etwa über die wahrscheinliche Ausbreitung gefährlicher
Virusvarianten in Deutschland trotz allmählich fortschreitender
Impfungen. Und auch Flick hat andere Baustellen - bestätigte doch
David Alaba seinen Abschied vom FC Bayern zum Saisonende.