Bundeswehr rechnet noch mit langem Corona-Einsatz

Pflegebett statt Kampfpanzer Leopard II: In der Corona-Krise sind
Soldatinnen und Soldaten gefragte Helfer. Die Bundeswehr steckt viel
Kraft in den Zivileinsatz. Das hat aber auch einen Preis.

Oldenburg (dpa) - Die Bundeswehr rechnet noch mit einem monatelangen
Einsatz Tausender ihrer Soldaten gegen die Corona-Pandemie. Die
Amtshilfe für zivile Stellen werde mindestens bis Ende des Jahres die
«wesentliche Operationslinie» bleiben, sagte der Kommandeur der 1.
Panzerdivision, Generalmajor Jürgen-Joachim von Sandrart, am
Donnerstag in Oldenburg. Seine Division organisiert als regionaler
Führungsstab West die Hilfe in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen,
Hessen, Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt.

Gut 4000 Soldatinnen und Soldaten seien aktuell im Einsatz in diesem
Raum. Mit Ablösung und Vorbereitung binde die Corona-Amtshilfe etwa
8000 Bundeswehrangehörige im Bereich des Führungsstabes West. Die 1.
Panzerdivision zählt nach Angaben des Zwei-Sterne-Generals zwischen
18 000 und 19 500 Personen. Allerdings kann der Stab beim
Corona-Einsatz auch auf das Personal anderer Waffengattungen in
diesen Bundesländern zugreifen, vor allem von Marine und Luftwaffe.

Meist helfen die Bundeswehrangehörigen in der Kontaktnachverfolgung,
bei Tests und in Senioren- und Pflegeheimen. «Unsere Soldaten und
Soldatinnen werden gern genommen», sagte der General. Allerdings habe
dieser größte Inlandseinsatz der Bundeswehr seit Bestehen auch einen
Preis. Die militärische Ausbildung leide; es werde lange dauern,
diese «Ausbildungs- und Fähigkeitsdelle» auszugleichen. «Das ist da
s
Preisschild», sagte von Sandrart. Seine Panzerdivision leiste
gleichzeitig noch Auslandseinsätze in Litauen, Afghanistan und Mali.

Der Führungsstab West organisiere derzeit 339 Einsätze, sagte
Oberstleutnant Georg Hilgendorf, Leiter des Lagezentrums. Weitere 111
Einsätze seien in Planung. Die Truppe reagiere schnell: Einmal sei
abends um sieben die Meldung eingegangen, dass in einem Altenheim in
Jever in Friesland das Personal krank sei; morgens um halb sieben
seien die Soldaten aus Kaserne im nahen Ort Schortens angerückt.

Als Hilfspfleger im Altenheim sei er mit «freundlicher Neugier»
empfangen worden, berichtete Oberfeldwebel Tammo Schmidtke. Er nannte
die Erfahrung «durchweg positiv». Wie die anderen Mitarbeiter in den
Pflegeheimen wurden auch Hilfen in Uniform dort geimpft. Nach
Divisionsangaben hatten mit Stand Donnerstag 360 Soldaten die erste
Impfung, 35 Soldaten auch die zweite Impfung erhalten.

In den meisten Fällen meldeten sich die Soldatinnen und Soldaten
freiwillig zu dem Einsatz und erfüllten die Aufgaben gern, sagte
Hauptmann Jana Eschebach, Vizechefin der Stabs- und Fernmeldekompanie
in Oldenburg. «Es ist schwieriger, sie wieder zurückzubekommen.»

Im Gebiet des Führungsstabes West ist die Panzerbrigade 21 in
Augustdorf für die Einsätze in Nordrhein-Westfalen und Hessen
zuständig. Die Panzerlehrbrigade 9 in Munster organisiert die Hilfe
in Niedersachsen und Bremen, die Panzergrenadierbrigade 41 in
Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) die Hilfe in Sachen-Anhalt.