«Wir Verbrecher von heute» - Merkel-Kritikerin Eisenmann in Defensive Von Henning Otte, dpa

Die Zeit wird langsam knapp für Susanne Eisenmann - die Frau, die
sich in Corona-Krise und Wahlkampf von der Kanzlerin distanziert.
Die Aufholjagd der Südwest-CDU auf die Grünen kommt nicht in Gang.
Spott über die gerade gestartete Wahlkampagne passt da gar nicht.

Stuttgart (dpa) - Im Fußball gibt es den Spruch: «Zuerst hatten wir
kein Glück und dann kam auch noch Pech hinzu.» Es ist die Übersetzung

dafür, dass es auf dem Platz nicht läuft und ein Tiefschlag dem
nächsten folgt. Susanne Eisenmann ist in Baden-Württemberg nicht nur
Ministerin für Kultus, sondern auch für Sport. Die 56-jährige
CDU-Frau kämpft derzeit um mehr Profil. Schließlich ist in sechs
Wochen Landtagswahl. Und dabei tritt sie als Spitzenkandidatin gegen
niemand Geringeres als Bayern München an - so zumindest hat Markus
Söder neulich seinen geschätzten Kollegen Winfried Kretschmann von
den Grünen genannt. Die «Eisenmannschaft», wie sie und ihre
Unterstützer sich nennen, müsste also unbedingt an ihrer Sieg-Taktik
feilen, wie von CSU-Chef Söder empfohlen - doch derzeit wird sie arg
in die Defensive gedrängt.

Der neueste Rückschlag für die bundesweit bekannte Kämpferin für
offene Schulen in Corona-Zeiten («unabhängig von den Inzidenzien»)
kam am Wochenende über die sozialen Medien - kaum dass die Schlappe
mit der Absage der Öffnung von Kitas und Schulen verdaut war. Zwar
ist es üblich, die Wahlkampagne des politischen Gegners zu
verballhornen. Doch soviel Spott ist ungewöhnlich. So wurden auf die
neuen Großplakate, die Eisenmann am Freitag vorstellte, selbst
Berliner Kommentatoren aufmerksam. In weißen Großbuchstaben auf
orangem Hintergrund stand da: «CDU wählen, weil wir Verbrecher von
heute mit der Ausrüstung von morgen jagen». Daraus wurde bei
Twitter: «Wir Verbrecher von heute», weil Autofahrer ja oft beim
Vorbeifahren nur die erste Zeile lesen können.

Aber auch das zweite Motiv mit der Frage «Wollen wir nicht alle
beschützt werden?» garniert mit einem Foto von Eisenmann wurde
bespöttelt. Ein User ersetzte Eisenmann durch Vito Corleone, dem von
Marlon Brando gespielten Mafia-Paten, der Geschäftsleuten Schutzgeld
abpresst. Der grüne Polit-Rentner Fritz Kuhn fragte per Tweet: «Liebe

Frau Eisenmann, hat Eure Werbekampagne etwas gekostet?» Für die
Kampagne hat die Landes-CDU die Berliner Werbeagentur Römer und
Wildberger engagiert. Die Motive hat Eisenmann dem Vernehmen nach mit
ihren engsten Beratern ausgesucht. Aus der CDU-Zentrale hieß es nun,
solche Häme in den sozialen Medien sei mittlerweile normal.

Der Kommunikationsexperte Frank Brettschneider von der Uni Hohenheim
wundert sich, dass die CDU auch auf reine Textplakate setzt. «Diese
Plakate sollte man sowieso nicht kleben.» Die seien für Autofahrer
kaum verständlich. Dass die Motive und Slogans leicht verballhornt
werden können, nennt Brettschneider «handwerkliche Fehler». Sagt aber

auch: «Die Plakate sind für die Wahlentscheidung nicht relevant.»
Gleichwohl sei es ein weiterer Mosaikstein für das Bild, das sich die
Wählerinnen und Wähler von Eisenmanns Professionalität machten.

Viel wichtiger sei aber ihr Kurs in der Corona-Krise. «Frau Eisenmann
hat keinen Lauf.» Das liege an ihrer Amtsführung als Kultusministerin
und ihrem Verhalten gegenüber Kretschmann und Kanzlerin Angela Merkel
(CDU). «Sich von Merkel zu distanzieren, ist schon eine steile
Aussage im Landtagswahlkampf», meint Brettschneider. Jüngst hatte
Eisenmann in einem Interview gesagt, sie habe eine andere Meinung als
Merkel in der Frage, «ob man alle Schulen pauschal schließen sollte».


Das erinnere an den Kurs des früheren CDU-Spitzenkandidaten Guido
Wolf, der sich Anfang 2016 vor der Wahl in der Flüchtlingspolitik von
Merkel distanziert hatte. In der CDU ruft Eisenmanns Linie ebenfalls
ein Déjà-vu hervor. Ein Vorstandsmitglied sagt: «Es fehlt nur noch,
dass Kretschmann wieder erklärt, dass er für Merkel betet.» Damals
war das Resultat: Die Grünen kamen auf 30,3 Prozent, die CDU auf 27.

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