Eckart von Hirschhausen: «Viele Menschen mögen keine Spritzen» Interview: Jonas-Erik Schmidt, dpa

Eckart von Hirschhausen ist Moderator, Kabarettist - und Mediziner.
Für eine Fernseh-Doku hat er sich mit dem Thema Impfen beschäftigt.
Offiziell ist von Hirschhausen nun «Proband 20». Ein Interview.

Köln (dpa) - Eckart von Hirschhausen (53) hat für eine
TV-Dokumentation an einer Impfstudie in Köln teilgenommen. Der
WDR-Film «Hirschhausen als Impfproband» wird am Montag (1. Februar,
20.15 Uhr) im Ersten ausgestrahlt. Ob er nun wirklich vor Covid-19
geschützt ist, weiß der Arzt und Kabarettist noch nicht - wohl aber,
warum er den Piks in den Arm für das weitaus kleinere Übel hält. Ein

Interview über hartnäckige Impf-Mythen, Erlebnisse als «Proband 20»

und Schmerzen in der Schulter.

Frage: Herr von Hirschhausen, Sie haben an einer Impfstudie
teilgenommen. Was waren Ihre Beweggründe dafür?

Antwort: Als Arzt in der Kinderheilkunde habe ich schon vor 25 Jahren
erlebt, was für ein Segen wirksame Impfungen sind, und ich habe auch
selber Kinder geimpft. Seitdem verfolge ich die Diskussionen, bin in
Fachgremien, begleite Kongresse - und bin erschüttert, wie hartnäckig
sich viele Mythen halten. Deshalb habe ich überlegt, was mein Beitrag
sein könnte, damit wir den Impfstart in Deutschland nicht durch
Wissenslücken und Misstrauen in den Sand setzen.

Frage: Als Ihnen die Spritze verabreicht wurde, was waren da Ihre
Gedanken?

Antwort: Tatsächlich habe ich vorher für einen Moment gezögert, denn

logischerweise ist ein Impfstoff, den es schon 20 Jahre gibt, besser
verstanden als ein neuer. Deshalb habe ich mit vielen Fachleuten
gesprochen, einige kommen auch im Film vor wie Frau Professorin
Marylyn Addo, eine der weltbesten Infektologinnen und selber
Studienärztin, Volker Stollorz vom Science Media Center, oder Karl
Lauterbach, der sich wirklich exzellent mit den aktuellen Studien
auskennt, und auch Cornelia Betsch, die Expertin ist für
Impfkommunikation. Auch die Aufklärung an der Uniklinik Köln für alle

Studienteilnehmer*innen durch die Professorin Clara Lehmann war sehr
gut. Alle haben mir den Prozess erklärt und mit bestem Wissen und
Gewissen zugeraten. Ich konnte zu jedem Zeitpunkt Nein sagen. Habe
ich aber nicht. Es ist eine Sensation, dass wir bereits so schnell
Impfstoffe haben, mit voller Zulassung nach allen Regeln, keine
Notzulassung wie in anderen Ländern. Aber wie alle wissen, reichen
die Kapazitäten vorne und hinten nicht. Deshalb brauchen wir ja noch
sehr viele neue Impfstoffe, gerade auch welche, die für Länder ohne
viel Geld und Kühlketten funktionieren. Wenn ich dazu einen kleinen
Beitrag leisten kann, mache ich das gern und halte zwei Mal meinen
Arm hin.

Frage: Wissen Sie mittlerweile, ob Ihnen der echte Impfstoff oder ein
Placebo verabreicht wurde? Sprich: Gehen Sie davon aus, gegen Corona
geschützt zu sein?

Antwort: Nein, das weiß ich nicht, das weiß auch die Ärztin nicht,
die mich geimpft hat. Ich weiß nur meine Nummer: Ich bin Proband 20!
Das Prinzip der sogenannten doppelten Verblindung ist wichtig, weil
viele «Nebenwirkungen» allein deshalb erlebt werden, weil man
vermehrt auf seinen Körper achtet. Ich habe die letzten Wochen
Schmerzen an der Schulter und am Oberarm, recht lästig und häufig,
nennt sich «frozen shoulder». Die hatte ich auch schon vor der
Impfung. Wären die Schmerzen aber zeitlich nach der Impfung aus dem
Nichts aufgetaucht, hätte ich sofort die Impfung verdächtigt, dafür
ausschlaggebend zu sein. Um solche falschen Zuweisungen zu vermeiden
gibt es drei wichtige Prinzipien bei Studien: möglichst viele Leute,
Zufallsverteilung in die Gruppen und Verblindung. Dafür mache ich ja
zusammen mit dem WDR und der Produktionsfirma Bilderfest die Sendung,
damit viele verstehen, wie viel Aufwand, Detailarbeit und
Professionalität hinter einer Studie steht. Natürlich hätte ich
lieber den echten Impfstoff. Aber das weiß ich erst in vielen Monaten
am Ende der Auswertung. Das ist der Preis, den ich für den
wissenschaftlichen Fortschritt gerne auf mich nehme.

Frage: Können Sie verstehen, dass Leute Vorbehalte gegen Impfungen
haben? Sprich: Was halten Sie von Impfgegnern?

Antwort: Ich kann verstehen, dass Impfen ein sehr sensibles Thema
ist. Viele Menschen mögen keine Spritzen. Da hatte es die
Schluckimpfung auf einem Zuckerwürfel einfacher. Viele haben Angst,
dass die Spritze ihre körperliche Integrität verletzt. Es geht uns
buchstäblich etwas unter die Haut. Wir vergessen dabei aber, dass
jeder Atemzug unsere körperliche Integrität verletzt. Wir atmen
ständig Feinstaub, Krankheitserreger und jede Menge fremder
Erbinformationen ein. Jedes Stück Fleisch und jedes Stück Gemüse
enthält jede Menge DNA. Für unserem Immunsystem ist es relativ egal,
auf welchem Weg ein Erreger oder der Bauplan für einen Teil des
Erregers - und genau das ist ja die Impfung - in Kontakt mit uns
kommt. Für den Lymphknoten, in dem das Abwehrsystem Ihre Zellen
trainiert, ist es unerheblich, ob etwas im Blut über die Lunge oder
über den Oberarmmuskel angeliefert wurde. Deshalb macht die Impfung
im Kern lediglich aus einem zufälligen Vorgang, dass jemand mir seine
Aerosole zuhustet, einen gezielten, planbaren und sicheren Vorgang.
Ich weiß, was mir lieber ist! Aber ich verstehe auch, dass Menschen
Angst haben, wenn ihnen das so noch niemand erklärt hat.

Frage: Halten Sie die Impfung für den entscheidenden Schlüssel im
Kampf gegen die Pandemie?

Antwort: Ja - deshalb sollten wir auch nicht ständig über
Nebenwirkungen reden, sondern viel mehr über die vielen Auswirkungen
und massiv größeren Schäden durch die echte Infektion. Jeden Tag
sterben Menschen, oft über 1000, das kann einen doch nicht kalt
lassen. Viele haben nach einer durchgemachten Infektion Spätschäden
mit Verlust des Geschmacksinns, neurologischen Schäden bis zu
anhaltender Mattigkeit - das will keiner. Um eine gute Entscheidung
für sich zu treffen, müssen wir uns drei Fragen stellen: Was ist der
Nutzen, was ist der Schaden, und was passiert, wenn ich abwarte und
erstmal nichts tue? Der Nutzen der Impfung ist glasklar belegt, ein
extrem hoher Schutz vor schweren Verläufen von Covid-19, sogar höher
als bei anderen Impfungen. Der «Schaden» der Impfung ist auch
ziemlich klar: zwei Tage Unwohlsein mit Kopfschmerzen,
Krankheitsgefühl, Unwohlsein, so wie bei jedem anderen Infekt auch.
Und wenn ich nichts tue, riskiere ich die Erkrankung plus die
Tatsache, dass ich, bevor ich selber um meine Virenlast weiß, schon
längst andere angesteckt habe, womöglich sogar meine Allerliebsten in
meinem Umfeld.

ZUR PERSON: Eckart von Hirschhausen ist TV-Moderator, Kabarettist und
Arzt. Immer wieder beschäftigt er sich mit medizinischen Themen, etwa
in seinem WDR-Format «Hirschhausens Sprechstunde» oder auch in seiner
Show «Hirschhausens Quiz des Menschen». 2008 gründete er die Stiftung

«Humor hilft heilen».

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