Lockdown in Deutschland: mehr Andrang bei Friseuren in Luxemburg Von Birgit Reichert und Harald Tittel , dpa

In der Corona-Pandemie gibt es in EU-Ländern immer wieder
unterschiedliche Regeln. Besonders in Grenzregionen ist das spürbar

und führt zu Bewegungen: wie jetzt zum Friseur nach Luxemburg.
Deutsche Friseure sehen das kritisch.

Wasserbillig/Schengen (dpa/lrs) - Bei Friseurin Christina Helmling
klingelt das Telefon derzeit ständig. Sie hat ihren Salon im
luxemburgischen Wasserbillig ein paar hundert Meter von der Grenze zu
Deutschland entfernt. Wegen des Lockdowns in Deutschland, der auch
den Friseuren eine Zwangspause verordnet hat, gehen derzeit viele
Deutsche zum Haareschneiden nach Luxemburg. «Es ist total verrückt
momentan. Wir waren letzte Woche eigentlich schon für diese Woche
ausgebucht», sagt die gebürtige Saarländerin (St. Ingbert), die im
gut zehn Kilometer entfernten Trier wohnt.

In Luxemburg dürfen Friseure seit dem 11. Januar unter strengen
Auflagen wieder Kunden bedienen. Helmling (34) hat auch viele Kunden
aus Luxemburg. Aber die Terminanfragen aus Deutschland seien derzeit
extrem - auch über ihr Online-Buchungssystem. «Wir hatten auch schon
jemand aus Frankfurt hier», sagt sie. Für sie ist der Andrang gut:
Sie hat den Salon Haar Concept erst kürzlich übernommen.

«Ich bin immer glücklich, wenn ich bei ihr war, und meine Haare
wieder schön sind», sagt Kundin Svenja Elsen aus der Nähe von
Bitburg. Sie zählt zu den Stammkunden von Helmling und ist ihr aus
dem Laden in Trier nach Wasserbillig gefolgt.

Die Friseurin erzählt, viele Kunden würden den Friseurbesuch in
Luxemburg mit Tanken oder Einkäufen verbinden. In dem Land mit rund
630 000 Einwohnern ist auch der Einzelhandel unter Einschränkungen
wieder offen. Große Kundenströme nach Luxemburg zum Shoppen werden
aber nicht festgestellt, wie es aus dem Außenministerium hieß. In
Deutschland sind Läden mit Ausnahme von Geschäften des täglichen
Bedarfs wegen Corona seit Mitte Dezember dicht.

Ein paar hundert Meter weiter betreibt Anja Meyer ihren Coiffeur
Anja. Auch sie hat derzeit mehr deutsche Kunden als sonst: «Es sind
aber jetzt keine Massen, die von Deutschland hierher strömen», sagt
sie. Auch sie wohnt in Trier. Sie schätzt das Plus auf 20 bis 30
Prozent. Bei ihr werde zuerst die Stammkundschaft bedient: Dazu
gehörten seit Jahren auch schon viele deutsche Kunden aus Trier,
Wittlich und Idar-Oberstein.

Dass es dies- und jenseits der Grenze unterschiedliche Regelungen
gebe: «Das sind politische Entscheidungen, daran können die kleinen
Leute nichts ändern», sagt Meyer. Seit Beginn der Pandemie habe es in

der Grenzregion zwischen Deutschland und Luxemburg immer wieder
jeweils unterschiedliche Regeln gegeben - von denen mal der eine oder
andere Sektor betroffen war. «Wir sind von Luxemburger und von
deutscher Seite froh, wenn die Grenzen offen bleiben, damit das
aufgebaute Miteinander in der Grenzregion erhalten bleibt.»

Auch im Salon Intercoiffure La Coiffe in Wasserbillig lassen sich
derzeit viel mehr Deutsche als sonst die Haare schneiden. «Man kann
nicht alles annehmen», sagt die Salonleiterin. Und Friseurin Dorothée
Thiel erzählt, sie habe jüngst Kunden aus Köln und aus Düsseldorf
gehabt. «Vor allem Männer können sich nicht mit langen Haaren sehen.
»

Dass die Friseure in Luxemburg offen und in Deutschland geschlossen
sind, findet der Vorsitzende Landesinnungsmeister beim Landesverband
Friseure und Kosmetik Rheinland, Guido Wirtz «suboptimal». Er habe
Verständnis für Kunden, die sich bei dortigen Friseuren die Haare
schneiden ließen: «Aber ich bitte alle, daran zu denken, dass sie uns
als Kunden dann fehlen, wenn wir wieder aufmachen.»

Kritisch sieht er auch einen «Haarschneidetourismus», der zurzeit
seiner Kenntnis nach nach Luxemburg stattfinde. Es gebe Friseure, die
ihre Kunden nach Luxemburg führen, um sie dort zu bedienen. «Das geht
ja komplett gegen den Sinn der Corona-Verordnungen.»

Der Friseurbranche in Deutschland gehe es derzeit «beschissen», sagt
Wirtz in Körperich (Eifelkreis Bitburg-Prüm). Viele hätten ihre
Reserven aufgebraucht - er gehe davon aus, dass rund 30 Prozent
aufgeben würden. Zudem merke er, dass «die Schwarzarbeit von
Mitarbeitern und Unternehmern zunimmt», sagt er. Heißt: Man gehe zu
den Kunden privat in die Häuser. «Wir werden Hotspots kriegen, wenn
wir nicht schnellstmöglich wieder öffnen.» In den Läden könnten
Hygienemaßnahmen besser eingehalten werden.

Im Salon Beim Figaro im luxemburgischen Schengen an der Grenze zum
Saarland hat man auch mehr Kundschaft aus Deutschland, vor allem aus
dem Saarland. «Für uns ist das gut. Wir haben mehr Arbeit», sagt eine

Friseurin dort. «Wir organisieren uns, dass alles gut klappt.» Ihr
Chef Sanna Michel sagt, er wünsche sich grenzüberschreitend mehr
Abstimmung bei Regeln und bei der Teststrategie. «Es gibt da ja jetzt
ein Wirrwarr, da weiß keiner mehr Bescheid.» In Nicht-Corona-Zeiten
pendeln täglich mehrere zehntausend Pendler aus dem Saarland und aus
Rheinland-Pfalz nach Luxemburg zur Arbeit.

Auch aus dem rund 60 Kilometer entfernten Merzig im Saarland fahren
Kunden zum Friseur nach Luxemburg - zum Beispiel Student Alexander.
«Ich habe mir die Haare in Luxemburg-Stadt auf dem Kirchberg
schneiden lassen», erzählt der 20-Jährige. Zurzeit würden das viele

Deutsche tun. «Ich musste aber nicht warten und bin gleich an die
Reihe gekommen.» Sowohl der Kunde als auch das Personal trage
Mund-Nasen-Maske. Preislich sei ein Friseur in Luxemburg oft teurer
als in Deutschland. «Im Saarland zahle ich 23 Euro, auf dem Kirchberg
kostet es etwa 39 Euro», sagt Alexander.

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