Empörung über Corona-Leugner vor Kretschmers Privatgrundstück
Tabubruch und respektlos: Der Protest von Corona-Leugnern am Haus von
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wird von Politik,
Wirtschaft und auch vielen Menschen in den sozialen Netzwerken
verurteilt. Der Staatsschutz ermittelt mittlerweile.
Großschönau (dpa/sn) - Der Protest von etwa 30 Corona-Leugnern vor
dem Privatgrundstück des sächsischen Ministerpräsidenten Michael
Kretschmer (CDU) am Sonntagmorgen hat vielerorts für Empörung
gesorgt. «Dass sich eine Menschenmenge vor dem Privathaus des
Ministerpräsidenten versammelt, ist ein absoluter Tabubruch und
übergriffig», teilte Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne)
per Twitter mit. Dem schloss sich ihr Parteikollege und
stellvertretender Ministerpräsident Sachsens, Wolfram Günther an.
Eine Gruppe von etwa 30 Menschen war vor dem Privatgrundstück des
Regierungs-Chefs in Großschönau (Landkreis Görlitz) erschienen, um
gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Kretschmer diskutierte
mit ihnen an seiner Hauseinfahrt. Nach etwa 15 Minuten brach der
Ministerpräsident die Debatte, die auch gefilmt wurde, ab und ging
ins Haus. Die Protestierenden verließen den Ort. Inzwischen ermittelt
der Staatsschutz wegen möglicherweise verfassungsfeindlicher Vergehen
bei dem Protest.
«Den Ministerpräsidenten am Sonntagmorgen vor seinem Privathaus in
Anwesenheit seiner kleinen Kinder beim Schneeschippen zu überraschen,
ist übergriffig und ein echtes No-Go», betonte Rico Gebhardt,
Vorsitzender der Links-Fraktion im Sächsischen Landtag. Den
protestierenden Menschen sei es nicht um den Austausch von Argumenten
gegangen, «sondern um mediale Aufmerksamkeit für den Transport ihrer
scheinbaren Wahrheit», betonte Gebhardt.
Sachsens Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner warb um einen
respektvollen Umgang miteinander. «Wir sind auch aktuell nicht mit
allem einverstanden, was da aus der Regierung oder dem Parlament
kommt. Aber stets achten wir darauf, die Persönlichkeit und die
Privatsphäre des Anderen zu respektieren», sagte Brückner am Montag.
In der Sache sei Meinungsstreit und Widerrede, auch Protest, völlig
in Ordnung. Man könne auch den Ministerpräsidenten kritisieren, dafür
brauche es aber keinen spontanen Besuch in seiner Privatsphäre. «Ich
appelliere an alle Bürger, die Auseinandersetzungen klar und
deutlich, aber stets anständig zu führen», so Brückner-
Auch der Präsident des sächsischen Landtags, Matthias Rößler,
verurteilte den Vorfall. Es sei falsch, Politiker zuhause
aufzusuchen, sagte er am Montag bei «MDR Aktuell». Es handele sich
hierbei um eine Grenzüberschreitung, für die mit Konsequenzen
gerechnet werden müsse. Der CDU-Politiker mahnte an, die Privatsphäre
von Politikern zu achten und ihre Familien in Ruhe zu lassen.
Kretschmer selbst hatte die Situation nicht als bedrohlich empfunden.
Betroffen habe ihn bei dem Gespräch gemacht, dass die protestierenden
Menschen vor seinem Haus einen «derartigen Unwillen zeigen,
Realitäten zur Kenntnis zu nehmen», hatte der 45-Jährige der
Deutschen Presse-Agentur gesagt. Er wolle trotzdem mit den Menschen
reden, «in der Hoffnung, sie zu überzeugen». Als jedoch eine Frau
demonstrativ ein Halstuch in den Farben der Reichskriegsflagge über
ihren Mund zog, sei für ihn eine Grenze erreicht gewesen. «Dann habe
ich das Gespräch abgebrochen. Das ging zu weit», hatte Kretschmer
erläutert.
In den sozialen Netzwerken erntete Kretschmer für seine
Dialogbereitschaft in erster Linie viel Lob. Einige sind aber auch
schockiert über das Eindringen in die Privatsphäre des
Ministerpräsidenten. In einem Tweet heißt es: «Demnächst kommen s
ie
mit Fackeln und Mistgabeln wieder. Es ist genau diese Missachtung
demokratischer Regeln, die Leute das Parlament stürmen lässt, weil
ihnen das Wahlergebnis nicht passt.»
Nach Polizeiangaben war es bei dem Protest am Sonntagmorgen zu keinen
strafbaren oder ordnungswidrigen Handlungen gegenüber dem
Ministerpräsidenten gekommen. Nachbarn hatten demnach am Morgen die
Einsatzkräfte alarmiert.
Viele der versammelten Menschen trugen laut Polizei keinen
Mund-Nasen-Schutz und hielt nur teilweise die erforderlichen Abstände
ein. Die Beamten stellten die Identitäten der noch Anwesenden fest.
Zudem wurde eine Anzeige wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das
Versammlungsgesetz gestellt.
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