Noch eins drauf im Kampf gegen Corona: Was nun passieren soll Von Michael Kirner, Anne-Béatrice Clasmann und Martina Herzog, dpa
Die Tage sind kurz, das Wetter ist grau - und die Pandemie hält das
Land weiter im Griff. Auf die Menschen im Land kommen weitere
Einschränkungen zu. Doch die Beschlüsse dazu werfen Fragen auf.
Berlin (dpa) - Deutschland hat die Corona-Pandemie nicht im Griff.
Die Zahl der Neuinfektionen ist hoch, die Dunkelziffer nach dem
Jahreswechsel wohl auch. Mit neuen Auflagen wollen Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten
nachsteuern. So soll sich ein Haushalt nur noch mit einer weiteren
Person treffen dürfen - bislang waren es laut Bund-Länder-Beschlüssen
maximal fünf Menschen aus zwei Haushalten sowie Kinder unter 14
Jahren. Doch wie so oft nach solchen Runden muss das Kleingedruckte
erst noch ausbuchstabiert werden. Die wichtigsten Fragen und
Antworten:
Was besagt die 15-Kilometer-Regel, wann und wo greift sie?
Diese Regel soll für Kreise gelten, in denen sich binnen sieben Tagen
mehr als 200 Menschen pro 100 000 Einwohner neu infiziert haben.
Vorgesehen ist, dass der Bewegungsradius der Bürger in diesen
Hotspots vorübergehend auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzt wird,
um eine starke Ausbreitung des Virus anderswo zu vermeiden. Wer sich
weiter von seinem Zuhause entfernen will, müsste dafür dann einen
triftigen Grund vorbringen. Als Wohnort sei die Stadt zu verstehen,
erläuterte Merkel nach der Bund-Länder-Runde.
Nicht alle Länder wollen diese Regelung jedoch ohne weiteres
umsetzen. Nordrhein-Westfalens Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp
(FDP) nannte die 15-Kilometer-Regelung lediglich eine «Möglichkeit»,
Niedersachsen kündigte eine Prüfung an, Baden-Württemberg plant
zunächst keine Umsetzung. Hessen und Schleswig-Holstein fassen
Ausnahmen ins Auge.
Wie sind die Erfahrungen in Sachsen?
Seit Mitte Dezember dürfen sich die Bürger dort nur «im Umkreis von
15 Kilometern des Wohnbereichs, der Unterkunft oder des
Arbeitsplatzes» aufhalten. Nach Angaben des sächsischen
Innenministeriums hat die Polizei die Zahl der Kontrollen seitdem
erhöht und schon Hunderte Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung
festgestellt. Zum Beispiel überprüft die Polizei, ob Autokennzeichen
in die Region gehören und kontrolliert im Zweifelsfall den Ausweis
des Fahrers.
Wie sind die Verschärfungen kontrollierbar?
Wie die meisten Auflagen in der Corona-Krise sind auch die neuen
Auflagen nicht flächendeckend und umfassend kontrollierbar - es kommt
also entscheidend darauf an, ob die Menschen mitmachen oder nicht.
Die Vorgaben zum Bewegungsradius könnten mit Verkehrskontrollen
überwacht werden, sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende der
Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek. Der Bundesvorsitzende der
Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, betont aber
zugleich: «Mit der Zunahme von Regelungen nimmt die Kontrolldichte
ab, weil die Polizei nicht beliebig vermehrbar ist». Neben Kontrollen
seien abschreckende Bußgelder bei Verstößen ein wichtiger Faktor.
Aber das Grundgesetz garantiert doch die Bewegungsfreiheit...
Im Grunde ja, doch es gibt Ausnahmen - etwa bei Naturkatastrophen
oder zur «Bekämpfung von Seuchengefahr». Zwar heißt es in Artikel 1
1
des Grundgesetzes: «Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im gesamten
Bundesgebiet». Das im November reformierte Infektionsschutzgesetz
liefert jedoch die rechtliche Basis, um die Bewegungsfreiheit im
Notfall einzuschränken. Zu den hier erstmals formulierten
Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie zählen neben der Maskenpflicht und
einem Abstandsgebot auch «Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen».
Besonders schwere Einschränkungen von Grundrechten sind laut
Bundesregierung aber nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Zum Beispiel dann, wenn andere Maßnahmen nicht geholfen haben.
Was ändert sich bei der Einreise nach Deutschland?
Bisher gilt grundsätzlich eine zehntägige Quarantänepflicht für
Einreisende aus Risikogebieten. Die Quarantäne kann beendet werden,
wenn das negative Ergebnis eines frühestens am fünften Tag nach der
Einreise durchgeführten Corona-Tests vorliegt. Zusätzlich sollen die
Einreisenden jetzt noch zu einem Test in den 48 Stunden vor der
Einreise oder direkt bei der Einreise verpflichtet werden. Das ist -
wegen der dort verbreiteten, womöglich besonders ansteckenden
Virus-Mutationen - derzeit schon bei der Einreise aus Großbritannien
und Südafrika der Fall.
An einer entsprechenden neuen Einreiseverordnung wird aber noch
gefeilt. «Einzelheiten zur konkreten Umsetzung werden zeitnah
innerhalb der Bundesregierung und mit den Ländern abgestimmt», sagte
ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Auf die Frage, ob die
Testpflicht auch für Geimpfte gelten werde, antwortete er: «Eine
Differenzierung je nach Impfstatus ist nicht vorgesehen.»
Was ist noch unklar?
Viele Details - denn Bund und Länder haben sich wie stets nur auf
einen Rahmen verständigt, den die Länder ausbuchstabieren müssen und
von dem einige wohl auch abweichen werden. Unklar ist etwa, was für
Menschen gilt, die vorübergehend in anderen Haushalten als dem
eigenen leben oder zwei Haushalte haben. Auch die Höhe der Sanktionen
ist offen und dürfte von Land zu Land variieren. Und welche Ausnahmen
wird es geben - etwa für Besuche bei pflegebedürftigen Eltern? Welche
Nachweise werden akzeptiert zum Beispiel für die aktuelle Adresse
oder den Weg zur Arbeit?
Wie lange soll das so weitergehen?
Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass langfristige Prognosen
riskant sind. Deshalb sind die Verantwortlichen damit vorsichtiger
geworden - auch weil unklar ist, wann genügend Impfstoff zur
Verfügung stehen wird, um damit eine Mehrheit der Bevölkerung vor
Covid-19 zu schützen. Was am Dienstag von Kanzlerin Merkel und den
Regierungschefs der Länder beschlossen wurde, wird in den nächsten
Tagen von den Ländern jeweils in eigene Verordnungen gegossen, die in
den Details voneinander abweichen können. Diese Verordnungen gelten
dann grundsätzlich bis zum 31. Januar. Am 25. Januar soll eine
weitere Bund-Länder-Runde festlegen, was im Februar gilt.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
will allerdings schon am 17. Januar für sein Bundesland Bilanz ziehen
und dann - sollte sich die Corona-Lage bis dahin deutlich entspannt
haben - Grundschulen und Kitas im Land vom 18. Januar an wieder
öffnen. Das Datum ist nicht zufällig gewählt. Aufgrund von geringeren
Testzahlen und Meldeverzögerungen an den zurückliegenden Feiertagen
lässt sich wohl erst Mitte des Monats ablesen, wie sich
Familientreffen in den Weihnachtsferien auf das Infektionsgeschehen
ausgewirkt haben. Laut Merkel wird es nach Angaben von Experten erst
ab dem 17. Januar eine klare Datenlage zur Ausbreitung geben.
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