Corona-Brennpunkt Vogtland - Kretschmer warnt vor «dunklen Monaten» Von Andreas Hummel und Jörg Schurig, dpa
Die Infektionszahlen im sächsischen Vogtland haben ungeahnte Ausmaße
angenommen. Zeitweise lag die 7-Tage-Inzidenz dort zuletzt über 800.
So bleibt Sachsen negativer Spitzenreiter in Deutschland. Dem
Regierungschef schwant auch für die Zukunft nichts Gutes.
Plauen (dpa) - Das Vogtland sorgt erneut als negativer Spitzenreiter
in der Corona-Pandemie für Aufsehen. War es im Frühjahr der Kreis
Greiz in Thüringen, der als einer der ersten kritische Obergrenzen
riss, hat sich nun der Vogtlandkreis auf sächsischer Seite an die
Spitze der Negativliste deutscher Landkreise und kreisfreier Städte
katapultiert: Die 7-Tage-Inzidenz lag dort in den vergangenen Tagen
zeitweise über der 800er-Marke. Dabei hatte die Region im Südwesten
des Corona-Brennpunkt-Landes Sachsen zuvor lange vergleichsweise
moderate Infektionszahlen ausgewiesen. Wie konnte es trotz des
Lockdowns mit strengen Corona-Beschränkungen in Sachsen dazu kommen?
Spielten im Frühjahr nach Behördenangaben größere Familienfeiern f
ür
die rasche Ausbreitung des Virus im Kreis Greiz eine wesentliche
Rolle, gehen die aktuell schwindelerregenden Werte nun offensichtlich
auf Versäumnisse im Plauener Gesundheitsamt zurück. Laut Landrat Rolf
Keil (CDU) hatte sich in der Behörde ein enormer Rückstau bei der
Bearbeitung der Infektionsfälle gebildet. Abzüglich der Rückstände
liege das Infektionsgeschehen nicht höher als in den
Nachbarlandkreisen, beteuert Keil.
Das Virus breitet sich seinen Angaben nach vor allem in Pflegeheimen
aus. Aber auch Bürger, die sich nicht an die Corona-Vorschriften
hielten, hätten Anteil an der aktuellen Situation. Erst am Wochenende
etwa hatten Unbekannte das neue Impfzentrum des Landkreises und
Wegweiser dorthin mit Farbe besprüht und so das Wort «Gift»
hinterlassen.
Zumindest der Rückstau im Gesundheitsamt wird seit Mitte Dezember mit
zusätzlichem Personal abgearbeitet - und treibt seither die Statistik
nach oben. Viele der jüngst ans Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten
Neuinfektionen lägen deswegen schon einige Zeit zurück und spiegelten
nicht das aktuelle Infektionsgeschehen wieder, hieß es am Montag aus
dem Landratsamt.
Tatsächlich zeigt die Kurve für den Landkreis nach unten. Wurden dem
RKI am 29. Dezember noch mehr als 400 Corona-Fälle gemeldet, waren es
in den vergangenen Tagen jeweils weit unter 100. Bis Montag ging die
7-Tage-Inzidenz im Vogtlandkreis laut RKI auf knapp 632 zurück. Damit
rangierte die Region aber immer noch vor dem Landkreis Meißen (530)
und dem Altenburger Land in Thüringen (knapp 468) an der bundesweiten
Spitze.
Für Deutschland insgesamt lag der Wert im Schnitt bei etwa 139
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, in
Sachsen mit der höchsten Inzidenz aller Bundesländer bei 323. Doch
bleibt eine Interpretation der Daten schwierig, weil um Weihnachten
und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt,
erfasst und übermittelt wurden.
Angesichts solch hoher Zahlen nicht nur im Vogtland rücken
Lockerungen der Corona-Beschränkungen offensichtlich in weite Ferne.
So sprach sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am
Montag für eine Verlängerung des Lockdowns über den 10. Januar hinaus
aus und wollte sich nicht auf einen Zeitpunkt für eine Öffnung von
Schulen und Kindergärten festlegen.
Kretschmer bezog sich auf Erfahrungen mit dem «Lockdown-Light».
Damals habe man gemerkt, dass geöffnete Schulen und Geschäfte keine
Wirkung erzielen. «Wenn wir nicht in diesen Jo-Jo-Effekt verfallen
wollen - lockern, schließen, wieder öffnen und dann wieder harte
Maßnahmen -, sollten wir jetzt etwas Nerven behalten.» Man habe als
Instrument nur die Kontaktvermeidung.
Es sei ratsam, noch eine gewisse Zeit in Ruhe zu verharren,
unterstrich der Regierungschef. «Wir werden in Sachsen die Schulen
nicht gleich öffnen, sondern erst einmal bis Ende Januar geschlossen
halten.» Kretschmer düster: «Vor uns liegen jetzt dunkle Monate. Das
ist der Unterschied zum vergangenen Jahr - da kam nach der ersten
Welle direkt der Sommer und hat viele Probleme beseitigt. Darauf
können wir jetzt nicht hoffen.»
Am Dienstag wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die
Ministerpräsidenten der Länder über die seit Mitte Dezember geltenden
Beschränkungen des öffentlichen Lebens entscheiden. Die Mehrheit der
Ministerpräsidenten ist für eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen
bis Ende Januar.
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