Volle Parkplätze, Staus, Strafen - Wochenend-Ansturm in Bergregionen Von Annett Stein, dpa
An Vernunft und Vorsicht zu appellieren, hat bei etlichen Menschen
nichts genützt: Deutsche Bergregionen erlebten am Wochenende einen
Ansturm von Ausflüglern. Die Verkehrssituation war chaotisch, es
hagelte Anzeigen. Und so manche Notdurft landete in Privatgärten.
Torfhaus/Winterberg/Thalfang (dpa) - Dem Lockdown, zahlreichen
Warnungen und aller Ansteckungsgefahr zum Trotz haben sich am
Wochenende Massen von Ausflüglern in verschneite Bergregionen
aufgemacht. Vielerorts waren die Parkplätze schon morgens überfüllt,
es kam zu langen Staus, immer wieder blieben Autos liegen. «Wir haben
hier Chaos hoch drei, es bricht alles zusammen», sagte ein Sprecher
der Polizeiinspektion Goslar. Auf verschneiten Rodelbergen tummelten
sich in Wintersportorten bundesweit die Massen, auch auf Wanderwegen
liefen Ausflügler dicht an dicht.
Entgegen allen Mahnungen und Berichten vom Vortag machten sich auch
am Sonntag wieder etliche Menschen auf den Weg in den Harz, nach
Winterberg im Sauerland, zum Großen Feldberg in Hessen und in andere
Wintersportgebiete bundesweit. Vielerorts beschrieb die Polizei die
Situation mit dem immer gleichen Wort: «Chaos». Es hagelte Hunderte
Anzeigen vor allem wegen Verstößen gegen Corona-Maßnahmen wie
Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen. Auch Strafanzeigen wegen
Beleidigung von Polizisten gab es.
Im Harz bildeten sich kilometerlange Staus. Bei starkem Schneefall
blieben Autos auf glatter Fahrbahn liegen oder stellten sich quer.
Bereits am Morgen waren die Parkplätze wieder voll. Es sei nicht mehr
zu gewährleisten gewesen, die Rettungswege frei zu halten, hieß es
von der Stadt Wernigerode. Das Parken entlang mehrerer Straßen sei
daher verboten worden. «Schon bei der Anreise in den Oberharz bilden
sich kilometerlange Staus, gefolgt von einer nahezu aussichtslosen
Parkplatzsuche vor Ort», hieß es.
Im Sauerland riegelte die Polizei Zufahrtsstraßen nach Winterberg ab.
Es komme jetzt praktisch niemand mehr rein, sagte eine Sprecherin der
Stadt. «Wir haben gestern Abend noch ein Betretungsverbot
ausgesprochen, aber die Leute sind trotzdem wieder hierher gekommen.»
Die Ausflügler ließen Müll liegen und verrichteten ihre Notdurft in
der Natur oder gar auf Privatgrundstücken.
Öffentliche Toiletten sind wegen des Lockdowns nicht aufgestellt,
Restaurants und andere Einrichtungen nicht geöffnet. Winterberg
bittet seit Tagen darum, auf eine Anreise zu verzichten. «Trotzdem
setzen sich einige in die Autos und fahren hier runter», sagte ein
Polizeisprecher. «Was diese Menschen bewegt, kann ich nicht sagen.»
Auch in Hessens Mittelgebirgen reagierte die Polizei mit Sperrungen
von Zufahrtswegen auf überlastete Straßen und Parkplätze. «Im Gro
ßen
und Ganzen ist die Lage relativ unter Kontrolle», hieß es am Sonntag
von der Polizei in Königsstein. Tags zuvor hatte ein Sprecher der
Polizei die Situation am Großen Feldberg, dem höchsten Gipfel im
Taunus, als «chaotisch wie die letzten Tage» bezeichnet. Am Sonntag
waren Verbindungs- und Zufahrtsstraßen dann gesperrt.
In der Rhön zog es viele Menschen zur Wasserkuppe, Hessens höchstem
Berg. «Es ist voll», sagte ein Polizeisprecher in Fulda.
Verkehrsteilnehmer hätten Gefahrenbereiche zugeparkt oder sich auf
eisglatter Fahrbahn festgefahren, hieß es zur Lage am Hohen Meißner.
Bei einem Rettungseinsatz habe ein Notarzt deswegen per Hubschrauber
zum Einsatzort gebracht werden müssen.
Gesperrte Straßen hielten die Menschen in Rheinland-Pfalz kaum von
der Fahrt in Wintersportgebiete ab. «Wir müssen mehr Leute abweisen
als gestern», teilte ein Sprecher der Polizei in Morbach mit. Einen
Ansturm erlebten auch die Wintersportorte im Saarland, in der Eifel,
in Baden-Württemberg sowie im Thüringer Wald. «Es herrscht viel
Unvernunft», sagte ein Polizeisprecher. Autos seien an den
unmöglichsten Stellen und am Straßenrand abgestellt worden.
Auch in den bayerischen Alpen suchten Tausende Menschen Abwechslung.
«Der Ansturm ist enorm», sagte der Bürgermeister von Schliersee,
Franz Schnitzenbaumer, am Sonntag. Hunderte Schlittenfahrer tummelten
sich selbst auf kleinen Hügeln und die Skipisten bevölkerten
Tourengeher. Im Großraum München lebten drei Millionen Menschen, die
alle nicht in den Urlaub fahren dürften - das sei nun zu spüren. «Es
ist genauso voll, als wenn Skibetrieb wäre», sagte der
Geschäftsführer der Alpenbahnen Spitzingsee, Peter Lorenz. Die
Parkplätze seien voll. Viele nutzten den zugefrorenen See zum
Langlaufen oder Schlittschuhlaufen.
Bereits in den vergangenen Tagen hatte es trotz der Corona-Pandemie
einen Ansturm auf die Ausflugsziele in verschneiten Bergregionen
Deutschlands gegeben - obwohl Behörden und Polizei immer wieder
eindringlich davon abrieten und von chaotischen Zuständen
berichteten. Lifte und Pisten sowie Restaurants und Hütten sind bis
mindestens 10. Januar geschlossen - Zugang zu Toiletten und
Aufwärmmöglichkeiten gibt es daher nur eingeschränkt.
Die Betreiber der Wintersport-Arena und des Skiliftkarussells in
Winterberg weisen auf ihren Internetseiten zudem darauf hin, dass
keine Retter vor Ort sind. «Wir lieben unsere Berge», heißt es auch.
«Aber in diesen Zeiten müssen wir diese Liebe ruhen lassen, denn der
Ansturm führt zu Stau und Massenaufläufen. Verstopfte Straßen,
fehlende Parkplätze und viele potenzielle Kontakte. Wer will das
schon?»
Zum Wochenstart erwartet die Menschen in Deutschland Schnee und
Regen. Tief «Lisa» bringt am Montag noch etwas Winterwetter, wie der
Deutsche Wetterdienst (DWD) am Sonntag mitteilte. Der Himmel bleibt
bewölkt. In der Mitte Deutschlands kann es schneien, im Norden
regnen, im Süden bleibt es meist trocken. Die Höchstwerte liegen laut
DWD zwischen minus 1 und plus 4 Grad. In der Nacht zum Dienstag
sinken die Temperaturen auf 0 bis minus 5 Grad. Es bleibt nass und
wechselhaft.
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