Impfbeginn - 101-Jährige freut sich über Spritze gegen Corona Von Andreas Rabenstein und Jutta Schütz, dpa

Die Polizei hält Wache vor dem Pflegeheim. Das Impfteam erscheint zum
Teil in Soldatenuniform. Fotografen warten. Und die schon sehr alten
Bewohner sind kaum nervös. Aber sehr erfreut.

Berlin (dpa/bb) - Aufgeregt sei sie nur die vergangenen Tage gewesen,
sagte Gertrud Haase. Am Sonntagmorgen habe sie sich eher überlegt,
was sie anzieht, um ohne Probleme ihren Oberarm frei zu bekommen. Mit
der gewählten Bluse habe das aber gut geklappt. Die 101 Jahre alte
kleine Frau mit glatten weißen Haaren wurde als einer der ersten
Menschen in Berlin gegen das Corona-Virus geimpft. Am Sonntag um 8.44
Uhr stach der Impfarzt ihr in einem Pflegeheim im Stadtteil Steglitz
eine Nadel in den linken Oberarm. Dabei waren nicht nur das Impfteam,
die Heimleitung und mehrere Journalisten, sondern auch Berlins
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD).

«Ich habe den Piks gar nicht gemerkt. Ganz toll», sagte Haase gut
gelaunt, freundlich lächelnd und mit leiser Stimme eine halbe Stunde
danach. Beschwerden habe sie nicht. Von der Notwendigkeit der Impfung
sei sie überzeugt. Sie habe viel von Toten in anderen Heimen gelesen
und gehört. «Es ist sehr gut, dass man jetzt dagegen geimpft wird.
Das ist schon ein großer Vorteil für uns alte Leute hier.» Die zweite

Dosis des Impfstoffs soll sie im Januar bekommen.

Von den 97 Bewohnern des Pflegeheims Agaplesion Bethanien Sophienhaus
würden 90 an diesem Sonntag und Montag geimpft, berichtete die
Heimärztin Irmgard Landgraf. Sie habe mit sehr vielen Frauen und
Männern gesprochen und sie vorbereitet. «Sie sind ganz stolz, dass
sie die ersten sein dürfen und alle wissen auch zu schätzen, dass wir
mit dieser Impfung jetzt einen zusätzlichen Schutz haben, vor allen
Dingen vor schweren Krankheitsverläufen.»

Für den Beginn des Impfens erhielt Berlin nach Angaben der
Gesundheitsverwaltung zunächst 9750 Impfdosen. Der tiefgekühlte Stoff
war erst am Samstag eingetroffen. Am frühen Sonntagmorgen holten
zahlreiche mobile Impfteams aus Bundeswehrsoldaten und Ärzten Kisten
mit Impfstoff ab und fuhren zu den Alten- und Pflegeheimen, deren
insgesamt 29 000 Bewohner zuerst dran kommen. Sie gelten als
besonders gefährdete Gruppe.

Pro Team und Tag sind 50 Impfungen geplant. Die Gesundheitssenatorin
rechnete damit, dass die Impfungen für Bewohner in den Pflegeheimen
bis Anfang Februar dauern werden. Verabreicht werden müssen jeweils
zwei Dosen.

In Steglitz stand schon am frühen Morgen ein Mannschaftswagen der
Polizei vor dem Heim. Das Impfteam kam gegen 7.45 Uhr in einem
Transporter vorgefahren, ebenfalls von der Polizei begleitet.
Bundeswehrsoldaten ließen sich im 2. Stock des Heims in einem
vorbereiteten Saal in blaue Krankenhauskittel kleiden. Gestützt auf
Rollatoren oder im Rollstuhl sitzend kamen die ersten drei Frauen zur
Impfung, alle über 100 Jahre alt.

Eine Zugführerin einer Sanitätsstaffel der Bundeswehr, die zugleich
Krankenschwester ist, bereitete den Impfstoff vor. Der Herzchirurg
Fatmir Dalladaku, der sich als ehrenamtlicher Helfer freiwillig zur
Unterstützung gemeldet hatte, setzte die Spritzen. «Es freut mich
sehr, dass wir uns hier einbringen konnten an diesem historischen
Tag. Die Impfung finde ich toll und wir ziehen das durch.»

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) zeigte sich «sehr
erleichtert». Das mobile Impfteam, das zum ersten Mal im Einsatz war,
habe «super funktioniert». Und sie sei froh, dass es «den ersten drei

Impflingen gut geht». Kalayci appellierte an Ärzte, ihre Patienten in
den Pflegeheimen gut auf das Impfen vorzubereiten und sie zu
begleiten. «Meine Hoffnung ist, dass viele, viele Menschen sich
impfen lassen. Denn dieser Impfstoff ist ein großes Glück in dieser
schrecklichen Pandemie. Dass es überhaupt einen Impfstoff gibt in
zehn Monaten, ist keine Selbstverständlichkeit.»

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einem
«Licht am Ende des Tunnels nach diesem schweren Jahr der
Corona-Pandemie».

Am Nachmittag wurde das erste von sechs Berliner Impfzentren in der
Arena-Halle in Treptow eröffnet. Mitarbeiter aus Alten- und
Pflegeheimen sowie Personal aus Krankenhäusern sollen dort die
Spritze gegen das gefährliche Virus erhalten. Schon vor der Eröffnung
hatten sich Dutzende Menschen in einer Schlange aufgestellt, ab 14.00
Uhr wurden sie eingelassen.

Dort, wo vor der Pandemie Konzerte über die Bühne gingen, wurden 80
Kabinen für das Impfen eingerichtet. Der DRK-Landesvorsitzende Mario
Czaja sagte, in der Arena beginne man mit 800 bis 900 Impfungen pro
Tag. Man könne aber später bis zu 5000 Menschen am Tag behandeln.

Die weiteren fünf Impfzentren sollen in Betrieb genommen werden, wenn
es genug Nachschub an Impfstoff gibt. Am Montag sollten weitere knapp
20 000 Dosen ankommen, am Mittwoch dann erneut knapp 30 000
Einheiten. Mit Beginn des neuen Jahres werden dann wöchentliche
Lieferungen von knapp 30 000 Impfdosen erwartet. Pro Person werden
zwei Dosen gebraucht. Wer jetzt geimpft wird, bekommt im Januar die
zweite Spritze.

Als nächste Impfgruppe sind Menschen im Alter von mehr als 80 Jahren,
die nicht in Heimen leben, dran. Das sind etwa 200 000. Danach die
Über-70-Jährigen.

In Halberstadt in Sachsen-Anhalt hatte eine ebenfalls 101-jährige
Frau bereits am Samstag die Impfung bekommen und damit die
Terminpläne der Politik durchkreuzt. Der Landkreis Harz und das Heim
wollten nicht warten und legten vor dem angekündigten bundesweiten
Impfstart am Sonntag los.

In Berlin sind laut Gesundheitsverwaltung bis Sonntag bereits 1149
Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Die Zahl der
Infizierten wurde mit 93 807 angegeben. 72 869 Menschen gelten
demnach als genesen.

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